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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Eichholz, aber
Conny unterbrach ihn mit einem Kopfschütteln.
    Â»Dass es jemand anders gewesen sein soll«, sagte sie. »Ich weiß , dass es Aisler war. Unmöglich oder nicht. Ich habe
mich nicht geirrt.«
    Eichholz seufzte, und Trausch sah plötzlich irgendwie … traurig aus.
    Â»Ich kann ja verstehen, dass Sie …«, begann Eichholz von Neuem, und
Conny unterbrach ihn wieder, diesmal leiser, aber in scharfem Ton:
    Â»Das glaube ich nicht«, sagte sie und stand auf. »Ich will ihn
sehen.«
    Â»Wen?«, fragte Eichholz überrascht.
    Â»Aisler«, antwortete sie. »Jetzt. Sofort.«
    Â»Wenn Sie Wert darauf legen«, sagte Eichholz. »Ich wüsste zwar
nicht, was das noch bringen sollte, aber bitte.«
    Sie verließen das große, kahle Büro. Levèvres Sekretärin setzte dazu
an, etwas zu Eichholz sagen, und schrumpfte dann regelrecht hinter ihrem
Schreibtisch zusammen, als er sie mit einer ruppigen Geste anfuhr, den
Professor anzupiepsen und in den Obduktionsraum zu bestellen. Conny fiel
absichtlich ein paar Schritte zurück, als sie den langen, babyblau gestrichenen
Flur hinuntergingen, und Trausch verstand und trat unauffällig an ihre Seite.
    Â»Das war nicht besonders clever, oder?«, fragte sie halblaut.
    Â»Nein«, antwortete er offen. »Aber ich bin nicht sicher, ob ich mich
besser geschlagen hätte.« Conny blickte ihn überrascht an, und er fügte mit
unbewegtem Gesicht hinzu: »Zu diesem Zeitpunkt.«
    Was musste sie auch fragen.
    Sie gingen eine weitere schmale Treppe hinunter und befanden sich
nunmehr unter dem Kellergeschoss und in einer Etage, die vermutlich keinerlei
Verbindung mehr zur Außenwelt hatte, sah man von einem Belüftungssystem ab, das
mindestens ein Dutzend Mal gefiltert wurde. Conny war schon unzählige Male hier
unten gewesen, aber dieser Teil des Gebäudes hatte nie etwas von seiner
unheimlichen Wirkung auf sie verloren. Sie fühlte sich hier … einfach nicht wohl.
Und sie wusste, dass sie mit dem Gefühl längst nicht allein war. Ganz egal, was
ihr Verstand auch dazu sagte, für sie gehörten diese Räume schon ein Stück weit
zum Reich der Toten, und kein Lebender sollte sich hier länger als unbedingt
notwendig aufhalten.
    Levèvre stieß auf halbem Wege wieder zu ihnen. Er sah ein
wenig ungeduldig aus, sagte jedoch kein einziges Wort, sondern bedeutete ihnen
nur mit einer knappen Geste, ihm zu folgen. Sie gingen einen weiteren, leicht
abschüssigen Flur entlang und traten durch eine überbreite Schiebetür in einen
großen, komplett gefliesten Raum, der von drei verchromten Obduktionstischen
unter betagten Operationslampen beherrscht wurde. Eine komplette Seitenwand
ähnelte einem zu groß geratenem Aktenschrank, nur dass in den bis unter die
Decke reichenden, riesigen Schubladen keine Akten aufbewahrt wurden, sondern
etwas weitaus Morbideres, und auf der anderen Seite erhob sich ein weiß
lackiertes Stahlregal mit zahllosen medizinischen Instrumenten und Computern.
Der Anblick erinnerte sie an den Überwachungswagen in der Tiefgarage, und sie
sah rasch weg.
    Zu ihrer Erleichterung lagen auf den blitzblank polierten
Chromtischen keine zerschnittenen Leichen, und es roch auch nicht nach Blut und
anderen, womöglich noch unangenehmeren Dingen, sondern nur nach Desinfektions-
und Reinigungsmitteln. Von irgendwoher war leise Musik zu hören, die nicht
ihrem Geschmack entsprach.
    Levèvre winkte einen jungen Mann in einem weißen Kittel herbei.
»Seien Sie doch so freundlich und zeigen Sie unseren Besuchern unseren
Ehrengast«, sagte er. »Fach zwölf … glaube ich.« Er wandte sich mit einem
fragenden Blick an Conny. »Wenn Sie sich sicher sind, dass Sie ihn sehen
wollen, heißt das. Er hat schon keinen besonders schönen Anblick geboten, als
sie ihn hergebracht haben, und ich fürchte, wir haben ihn nicht gerade verschönert.«
    Conny nickte nur.
    Â»Wie Sie wollen.« Levèvre gab seinem Assistenten einen Wink, und er
öffnete die bezeichnete Schublade, die sich als etwas wie eine zu dick geratene
Kühlschranktür erwies, hinter der ein Schwall eiskalter grauer Luft
hervorzischte; und eine auf Rollen gelagerte, verchromte, leere Bahre.
    Â»Sind Sie sicher, dass es Nummer zwölf war?«, fragte er.
    Levèvre blinzelte. »Eigentlich schon …« Er sah ein bisschen
erschrocken aus, fand

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