Unheil
mit einem leisen, spöttischen
Lachen. »Ach ja, das hatte ich vergessen. Vampire vertragen kein Sonnenlicht,
nicht wahr?«
»Meine Augen sind zurzeit etwas lichtempfindlich«, erwiderte er
ernst. »Nur eine harmlose Entzündung, keine Sorge. Aber lästig, undâ wie ich
gestehen muss â ziemlich schmerzhaft.«
Es machte ihr tatsächlich etwas aus. Es war dunkel in der Wohnung
und kälter, als es bei den herrschenden AuÃentemperaturen eigentlich hätte sein
dürfen; beides auf eine ihr fremde, unangenehme Art. Sie hatte das verrückte
Gefühl, nicht hierher zu gehören. Zugleich (und das war vielleicht das bizarrste
überhaupt) empfand sie jedoch Erleichterung. Je unwirklicher und grotesker
diese Situation wurde, desto überzeugter war sie davon, tatsächlich zu träumen.
Und wenn es so war, nun, konnte sie ebenso gut auch mitspielen. »Solange Sie
nicht von mir verlangen, einen Sarg in meinem Schlafzimmer aufzustellen.«
»Diese Gerüchte sind hoffnungslos übertrieben«, antwortete er
ernsthaft. »Nichts als üble Propaganda.«
»Von Leuten wie van Helsing und anderen Schurken in die Welt
gesetzt, nehme ich an.« Sie brachte es sogar fertig, bei diesen Worten
spöttisch zu lächeln, aber hinter ihrer Stirn sah es plötzlich ganz anders aus.
Bei aller Verwirrung (und Furcht), mit der Vlads plötzliches Auftauchen sie
auch erfüllt haben mochte, war ihr doch zugleich auch klar, dass es nur zwei
Möglichkeiten gab, und keine davon gefiel ihr wirklich: Vlad existierte nur in
ihrer Phantasie, und das bedeutete, dass gerade eine wirklich üble Halluzination erlebte und vermutlich allen Grund hatte, sich Sorgen
zumachen, oder es gab ihn wirklich, was bedeutete, dass er nicht nur wirklich hier, sondern auch gefährlich war ⦠und
ein weiterer Grund, sich Sorgen zu machen.
Vlad seufzte. Sein Blick wurde leicht vorwurfsvoll. »Ich wünschte,
du würdest die Situation etwas ernster nehmen. Nicht, dass es mir etwa an Humor
mangelt ⦠aber du hast ein Problem.«
»Weil ich mich nicht an unsere Abmachung halte?«
»Oh, das kommt schon noch.« Er schüttelte den Kopf. »Deine Kollegen
vertrauen dir nicht mehr.«
»Wann hätten Sie das je getan?«, erwiderte Conny gleichmütig. Sie
war nicht überrascht, dass das Gespenst davon wusste. SchlieÃlich war es ein
Teil von ihr und wusste somit alles, was auch sie wusste. Sie versuchte auch
nicht mehr, sich gegen diesen bizarren Traum zu wehren oder gar daraus zu
erwachen. Ganz im Gegenteil war sie plötzlich neugierig, mit welchen
Ãberraschungen er noch aufwarten würde.
»Davon rede ich nicht«, sagte Vlad. Seine linke Hand löste sich mit
einer sonderbar flatternden Bewegung vom Knauf des altmodischen Gehstocks und
glitt unter seine Jacke. Conny folgte der Bewegung mit einer Mischung aus
Schrecken und morbider Faszination. Seine Fingernägel waren jetzt nicht mehr
schwarz lackiert, wie bei ihrem ersten Treffen im Trash ,
aber sie kamen ihr mit einem Male viel länger vor und so sorgsam zugefeilt,
dass sie eher wie Krallen wirkten. Der Anblick erinnerte sie an Aislers
stählerne Vampirklauen, die ihr um ein Haar die Kehle aufgeschlitzt hätten.
»Ich habe dir etwas mitgebracht.«
Es vergingen noch einmal Sekunden, bis sie überhaupt begriff, dass
er etwas unter seiner Jacke hervorgezogen hatte und ihr hinhielt. Und sie
wusste auch sofort, was es war; beinahe schon bevor sie wirklich hingesehen
hatte.
Zögernd ging sie hin. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, ihre
Finger zitterten, als sie nach dem postkartengroÃen Videoprint griff. Es war zu
dunkel im Zimmer, um das Bild zu erkennen, doch das musste sie auch nicht. Ihr
Herz schlug jetzt so hart, dass es wehtat. Es wurde Zeit, dass sie aus diesem
bizarren Traum erwachte.
»Das waren ⦠Sie , dort unten im Wagen?«,
fragte sie ungläubig.
»Natürlich nicht«, antwortete Vlad. Er klang ein bisschen verletzt.
»Ich war lediglich der Meinung, es wäre vielleicht besser, wenn das nicht in ⦠sagen
wir: falsche Hände geriete.«
Conny drehte den glänzenden Computerausdruck hilflos in den Fingern;
dann wusste sie plötzlich nicht mehr, was sie damit anfangen sollte, und legte
ihn fast überhastet neben das noch immer ausgeschaltete Telefon auf die
Kommode. »Das wird mir jetzt allmählich zu dumm. Sagen Sie, was
Weitere Kostenlose Bücher