Unheil ueber Oxford
Name klang überzeugend genug, um Viola zu täuschen. Genau wie jeden anderen, der die Rechnungen und Briefe zu Gesicht bekam, die ich fabrizierte, wenn es notwendig wurde. Es war relativ problemlos, Geld aus dem Kapital des Colleges in meine fiktive Gesellschaft umzuleiten. Die Schecks, die ich für gleichermaßen fiktive Ausgaben ausstellte, wurden von Viola als Sekretärin gegengezeichnet. Ich stellte sicher, dass solche Schecks immer mit anderen, und zwar echten, zusammen auf den Tisch kamen und auf die erfundene Gesellschaft ausgestellt waren. Die Schecks löste ich grundsätzlich in bar ein, indem ich mir den Namen eines Schatzmeisters ausdachte. Natürlich landete das Geld in meiner eigenen Tasche und wurde von Viola gewaschen, wenn sie mir den Vorschuss für ihr Auto, die Miete oder ein neues Kleid für den College-Ball zurückzahlte. Leider war es Violas Name, nicht meiner, auf den das Konto der vorgeblichen Gesellschaft lief. Ich konnte ihre Unterschrift recht gut imitieren, und es war ihre nachgemachte Unterschrift, zusammen mit einem erfundenen Namen und der zugehörigen Unterschrift, mit der ich das Konto eröffnete. Als die Geschichte schließlich aufflog, war es unglücklicherweise Viola, auf die die Universitätsbehörden aufmerksam wurden.
Sie nahm es mir sehr übel. Natürlich wurde sie der Hochschule verwiesen. (Wir waren nicht in Oxford, wo Studenten »relegiert« werden; unser College bevorzugte den deutlicheren Ausdruck.) Mir wurde ein gewisses Maß an Sympathie zuteil, weil ich auf diese kleine Trickbetrügerin hereingefallen war. Ich fürchte, Viola hinterließ bei ihrer Befragung nicht den besten Eindruck. Sie errötete, stammelte herum, widersprach sich. Zunächst versuchte sie, mich zu entlasten, dann beschuldigte sie mich. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde ihr klar, was geschehen sein musste und dass ich sie zum Narren gehalten hatte. Ihre Widersprüche und die Art und Weise, wie sie die Geschichte im Lauf der Zeit veränderte, sprachen unglücklicherweise gegen sie.
» Was wurde aus ihr? «
» Sie verließ die Uni ohne Abschluss . Wahrscheinlich kehrte sie zu ihren Eltern zurück , aber ich hatte später keinen Kontakt mehr zu ihr . Ich machte meinen Abschluss wenige Monate später und bekam ganz gute Noten . Ich bewarb mich bei einer bekannten Wohlfahrtseinrichtung als Kapitalbeschaffer . Ich glaube , ihnen gefiel die Geschichte leichtgläubiger Einfalt , die ich ihnen lieferte , zusammen mit dem Versprechen , nie wieder auf ein ehrliches , hübsches Gesicht hereinzufallen .«
» Und das war alles? Bist du tatsächlich völlig umsonst davongekommen? «
» Nein , nicht ganz .«
» Ich könnte mir vorstellen , dass Viola sehr verärgert war , als sie bemerkte , was du getan und wie du sie benutzt hast . Hat sie dir eine Szene gemacht? «
» Ja , in der Mensa . Sie wurde tätlich . Es war eine ziemlich schmutzige Angelegenheit , weil sie mich mit Spinat , Ricotta-Cannelloni und einer Schüssel Pudding mit Fruchtsoße bewarf , was mir allerdings weitere Sympathien bei meinen Freunden verschaffte . Viola wurde fortgeschafft , natürlich sehr sanft , und ich dachte , ich würde sie nie mehr wiedersehen .«
» An deiner Stimme erkenne ich , dass du mir den letzten Teil der Geschichte in unserer nächsten Sitzung erzählen wirst .«
» Ganz richtig .«
»Haben Sie das hier gesehen?«, fragte John Clay, als Kate auf dem Weg zur Pförtnerloge durch sein Büro kam. Er hielt ihr eine Zeitung hin.
Widerstrebend trat Kate zu ihm, um zu erfahren, was er meinte.
»Hier«, sagte er und warf ihr die Ausgabe zu. Mit boshaften, hellen Augen verfolgte er, wie sie las. Es war ein Bericht über die Untersuchung des Todes von Christopher Mark Townsend. Hastig überflog Kate die Zeilen, während sie sich die ganze Zeit Johns Blick bewusst war.
Todesursache waren ein Schädelbruch sowie verschiedene andere Verletzungen. Depressionen lagen nicht vor. Auch seine Gesundheit ließ nichts zu wünschen übrig. Er hatte keinerlei Geldsorgen. Seine Ehe war glücklich und gut. Er hatte ein leichtes Mittagessen zu sich genommen: Quiche, Ratatouille, Kaffee, und dabei höchstens einen Viertelliter Bier getrunken. Außer ihm hatte sich niemand auf dem Dach aufgehalten. Ein Unfall.
»Danke«, sagte Kate und gab die Zeitung zurück.
»Ich war da«, meldete sich Annette. »Bei den Verhören durch den Coroner, meine ich. Man hatte mich als Zeugin geladen. Ich sollte berichten, ob es unmittelbar vor dem Unfall
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