Unheil ueber Oxford
glaube , das nächste Mal dürfte unser letztes sein .«
»Um wie viel Uhr willst du ihn zu Darren und Dossa zurückbringen?«, fragte Kate.
»Wie lange können Sie ihn behalten?«, lautete Harleys Gegenfrage.
»Ich denke, bis heute Abend. Ich erwarte jemanden zum Abendessen.«
»Einen von Ihren Männern?«
»Aber nein! In meinem Leben gibt es übrigens nur einen – den – Mann. Wusstest du das nicht?«
»Wenn Sie es sagen.«
»Ich würde vorschlagen, dass Dave heute Abend noch hier bleibt und dass du, Faith und ich ihn nach dem Essen zurückbringen. Glaubst du, halb elf wäre zu spät?«
»Nee«, sagte Harley. »Das Schuljahr hat gerade erst angefangen. Das ist fast noch wie Ferien. Mum ist es egal, wann ich ins Bett gehe.«
Kate hatte den Eindruck, dass es Trace auch sonst egal war, wann ihre Kinder zu Bett gingen.
Harley hatte sich nicht von der Stelle bewegt, und Kate sagte: »Du kannst dich gerne in der Küche mit Dave unterhalten. Nur steh mir nicht im Weg herum, in Ordnung?«
»Logo.«
»Hast du Hunger?«
»Nee. Hab eben gegessen.«
»Na, falls du Hunger bekommen solltest, kannst du etwas von unserem Nachtisch haben.«
»Okidok.«
»Und wenn meine Bekannte kommt, machst du bitte die Tür zu. Wir haben unter vier Augen miteinander zu reden.«
»Ich könnte ja schon mal spülen.«
»Ich entdecke völlig neue Aspekte in deiner Persönlichkeit, Harley!«
»Sie was?«
»Ich meine: Vielen Dank.«
»Wissen Sie«, sagte Faith etwa eine Stunde später, während sie das saftige, zarte Hühnerfleisch, Kräuterkartoffeln mit frischer Butter und Salat in Angriff nahm, »im Grund hat alles mit meiner Erziehung zu tun. Zwar diktierte mein Vater uns die Art, wie wir zu leben hatten – oder wie wir im wahrsten Wortsinn am Leben vorbeilebten –, doch genau genommen war er immer abwesend. Er nahm nicht an unserem Alltag teil. Er lag oben in seinem Zimmer im Bett und manipulierte uns mit seinem Gesundheitszustand. Doch alles Wichtige, alles, was wirklich stattfand, wurde von Frauen erledigt. Für mich sah es so aus, als ob allein die Frauen die Welt am Weiterdrehen hielten. Meine Mutter, meine Tanten und sogar ich selbst. Ich tat Dinge, ich vollbrachte sie. Ich ging einkaufen, ich kochte, ich putzte und ich erledigte die Wäsche. Alles reale Dinge. Mein Vater hingegen lag immer im Bett. Nur zu besonderen Gelegenheiten, zu Weihnachten zum Beispiel, oder an seinem Geburtstag, kam er nach unten. Daher habe ich vermutlich Männer immer nur als schmückendes Beiwerk erlebt. Als etwas, dessen man sich an einem langweiligen Tag bedient, wenn es nichts Besseres zu tun gibt – ungefähr wie einen Fernseher.« Sie hielt einen Augenblick inne und betrachtete das Essen auf ihrem Teller. »Haben Sie Salatsoße für diesen Salat?«
»Sicher«, antwortete Kate. »Wenn Sie mögen – ich habe da eine Himbeervinaigrette.«
»Danke.« Faith griff herzhaft zu. »Ich vermute, Sie haben keine fertige Salatcreme in der Flasche, oder? Nein?« Sie gehörte offenbar zu jenen dünnen Menschen, die in regelmäßigen Abständen Berge von Nahrung verzehren konnten, ohne jemals zuzunehmen. »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch«, kam sie auf ihr voriges Thema zurück. »Ich bin durchaus nicht gegen Männer. Für mich stellen sie allerdings lediglich einen Zeitvertreib dar und nichts, was ich ernst nehmen könnte. Nein, das stimmt nicht ganz. Ich nehme sie immerhin so ernst, dass ich mich hüte, mir von einem Mann mein Leben durcheinander bringen oder mich von Dingen, die ich eigentlich will, abhalten zu lassen. Wenn man die Männer lässt, packen sie einem das Leben voll mit Bagatellen wie Kindern, Hausarbeit und Kochen. Außerdem muss man ständig ihre unausgegorenen Ideen über sich ergehen lassen.«
Kate hob die Hand, um Faith zu unterbrechen.
»Haben Sie das gehört?«
»Was? Nein. Sie bilden sich etwas ein. Danke, ich nehme gern noch ein Glas Wein. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie häufig Männer sich voller Autorität über Themen verbreiten, von denen sie nicht die geringste Ahnung haben? Frauen sind da viel zurückhaltender.«
»Ich finde Ihren Standpunkt zwar interessant, aber was hat er mit Ihrer Geschichte zu tun? Ach, und könnten Sie mir bitte die Mayonnaise reichen?«
»Chris erwartete von mir, dass ich ihn ernst nähme. Er erwartete, zum Dreh- und Angelpunkt meines Lebens zu werden, zu meinem hauptsächlichen, ja, meinem einzigen Interesse. Aber wie sollte das gehen? Immerhin war er mit einer anderen
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