Unheil ueber Oxford
stand. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir den Zettel zu zeigen?«
Martha wurde puterrot. »Lieber nicht.«
»Warum nicht? Habe Sie etwas zu verbergen?«
»Es handelt sich um eine Privatangelegenheit«, stotterte Martha. »Warum wollen Sie den Zettel überhaupt sehen?«
»Weil ich auf exakt einem solchen Zettel Drohungen bekommen habe. Und Chris Townsend ebenfalls.«
»Zeig ihn ihr ruhig, Martha«, sagte Curtis. »Nicht, dass sie noch annimmt, wir hätten ihr etwas tun wollen.«
»Na schön«, lenkte Martha mit verkniffenem Mund ein, holte den grünen Zettel aus der Tasche und zeigte ihn Kate.
Letzte Nacht war ein Traum, meine Prinzessin. Darf ich dich heute Abend wiedersehen?
Dein Curtis
»Wahrscheinlich will sie auch deine Antwort darauf sehen«, sagte Curtis.
»Du wirst sie ihr auf keinen Fall zeigen«, befahl Martha in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
»Nein, nein, das ist wirklich nicht nötig. Ich wollte mich keinesfalls in Ihr Privatleben einmischen«, wehrte Kate ab.
»Würden Sie uns denn bitte wenigstens erklären, was los ist?«, fragte Martha.
»Liebend gern«, antwortete Kate. »Nur weiß ich es leider selbst nicht. Es scheint sich um zwei, vielleicht auch drei unterschiedliche Vorgänge zu handeln, von denen jeder mit der Person zu tun haben kann, die hinter mir her ist.«
»Und was wollten Sie damit sagen, dass auch Chris Townsend Drohbriefe bekommen hat? Was hat denn der damit zu tun?«, wollte Martha wissen. »Die ersten Kontakte, ehe wir herkamen, liefen über ihn. Aber soviel ich weiß, ist er tot – hatte er nicht diesen Unfall und ist vom Turm gestürzt?«
»Auch bei ihm gab es Gerüchte, er sei betrunken gewesen«, erwiderte Kate. »Ehrlich gesagt gibt es in dieser Angelegenheit für meinen Geschmack zu viele Ungereimtheiten; ich glaube nicht, dass sein Tod ein Unfall war.«
»Sind Sie etwa der Meinung, dass sein Tod etwas mit den Unannehmlichkeiten zu tun hat, die Ihnen in letzter Zeit widerfahren sind?«, fragte Curtis.
»Es kommt einem fast unwahrscheinlich vor, dass es hier mehr als ein großes Geheimnis geben sollte, finden Sie nicht? Ach, übrigens, ist Ihnen bei der Shakespeare-Aufführung im Leicester etwas aufgefallen?«
»He«, unterbrach Curtis, »hast du gesehen, wie spät es ist, Martha? Kate, wir müssen weg. Aber wir müssen unbedingt noch einmal über diese Angelegenheit sprechen.«
»Kommen Sie doch einfach am Dienstag zu mir zum Abendessen, sagen wir: halb acht. Ich verspreche Ihnen, es gibt weder Pastete noch Reispudding.«
»Vielen Dank«, sagte Martha. »Wir kommen gern, nicht wahr, Chris?«
Kate hörte noch, wie Martha im Weggehen sagte: »Eigentlich ist sie gar nicht so übel. Sie hat Probleme mit ihrer Einstellung, so viel ist sicher. Aber mit ein wenig Zeit und Unterstützung kann sie sicher etwas dagegen tun.«
Probleme mit der Einstellung? Welche Probleme mit der Einstellung?, überlegte Kate. Sie fuhr sich mit den Fingern durch das Haar und ging über den Pesant-Hof zu dem Seminarraum hinüber, wo sie einen Workshop für Kreatives Schreiben leiten sollte. Wie kamen diese Leute überhaupt darauf, schreiben zu können? Man brauchte schließlich mehr als nur ein bisschen Talent. Mut und Ausdauer waren gefragt. Die richtige Einstellung eben.
KAPITEL 15
… und der darauf saß, war seinem Aussehen nach gleich einem Jaspis- und Karneolstein, und ein Regenbogen war rings um den Thron, seinem Aussehen nach gleich einem Smaragd.
Offenbarung 3, 4
M
ir will scheinen , dass wir allmählich das Ende unserer Geschichte erreichen «, sagt Zophiel . » Es ist nur noch eine Frage der Zeit , falls ich diesen Begriff richtig verstanden habe , bis wir zu dem Punkt kommen , wo dich jemand vom Tower of Grace stieß und dich damit in die Warteposition vor den Toren des Garten Eden schickte .«
» Mein Problem ist , dass ich mich immer weniger daran erinnern kann , was Zeit eigentlich ist , je mehr davon ich in Ihrer Gesellschaft verbringe . Doch ich vermute , es ist so , wie Sie sagen . Es gibt nicht mehr viel zu erzählen .«
» Und wer war nun die zweite Wahl in Sachen romantischer und finanzieller Partnerschaft? «
» Ich dachte , das wäre inzwischen klar .«
Faith Beeton. Sie war gerade für eine auf drei Jahre befristete Dozentur ans College gekommen. Sie war nur ein Jahr jünger als ich und damit älter, als man es bei einer solchen Stellung eigentlich erwartet. In Dingen des täglichen Lebens zeigte sie sich ausgesprochen unkundig,
Weitere Kostenlose Bücher