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Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Titel: Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Wilfling
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unschwer zu erkennen, dass sie Mitleid empfand. Jedenfalls hatte sie feuchte Augen. Ich konnte sie sogar verstehen, denn bislang hatte sich Peter L. erfolgreich als Leidtragender dargestellt.
    Jetzt wirkte er in sich gekehrt, schüttelte immer wieder den Kopf, und man merkte, dass es in ihm arbeitete. Er dachte nach. Eine günstige Gelegenheit, ihn zu fragen, ob er sich die Argumente anhören mochte, die für seine Täterschaft sprächen. Er müsse auch nichts sagen, könne nur zuhören. Ich war mir fast sicher, dass er das wollte, und behielt recht. Er nickte zustimmend mit dem Kopf. Mir war klar, dass man ihn überzeugen musste, die Wahrheit zu sagen. Dass sich ein frühes Geständnis strafmildernd auswirken konnte, musste ich diesem Beschuldigten nicht erklären. Also schilderte ich ihm meine Sicht der Dinge.
    Es war immer meine Devise, Tatverdächtigen offen und ehrlich die Wahrheit zu sagen. Ich begann damit, ihm zu erläutern, dass wir von einer Beziehungstat ausgingen, bei der sich meiner Meinung nach pure Emotionen entladen hätten. Deshalb unterstellte ich auch keinen geplanten Mord, denn die Umstände sprachen eher für eine Affekttat. Den Unterschied zwischen Mord und Totschlag musste ich ihm nicht erklären. Es war jetzt an ihm zu entscheiden, ob er sich öffnen oder es darauf ankommen lassen wollte, dass wir ihm die Tat nachweisen konnten. Inzwischen hätte ich die Rückmeldung erhalten, dass auch andere von den schwierigen Eheverhältnissen wussten, in denen er sich befunden hatte. In solchen Fällen stelle sich natürlich immer die Frage nach der Ursache und damit auch nach einer etwaigen Mitschuld des Opfers.
    Ich redete und redete, er hörte zu. Ich zählte ihm alle Fehler auf, die er gemacht hatte, und gab ihm zu bedenken, dass wir erst am Anfang unserer Er mittlungen stünden. Es sei gerade einmal sechs Stun den her, dass wir seine Frau aufgefunden hätten, und wir würden genauso konstant weiterermitteln. Es liege jetzt an ihm, ob er an der Aufklärung in Form eines Geständnisses mitwirken wolle. Wie er wisse, sei das auch eine Chance.
    Bis 4.00 Uhr morgens erläuterte ich ihm alle Argumente, die für seine Täterschaft sprachen und versicherte ihm nochmals, dass wir momentan von einer Affekttat ausgingen. Sollte es keine gewesen sein, sondern ein geplanter, eiskalter Mord, aus wel chen Motiven auch immer, dann könne ich verstehen, wenn er schweigen wolle. Sollte es sich aber um Streit, Eskalation, Provokation und damit Affekt gehandelt haben, biete sich ihm die Chance eines frühen Geständnisses. Man könne sich nur rechtfertigen und verteidigen, wenn man rede.
    Obwohl er zusammengesunken auf seinem Stuhl saß, war ihm anzumerken, dass er jedes Wort in sich aufsog und analysierte. Dann klärte ich ihn über die vorläufige Festnahme auf. Bewusst brachten wir ihn sofort in die Polizeihaftanstalt. Ich begleitete ihn persönlich bis zu seiner Einzelzelle und nickte ihm noch einmal aufmunternd zu, bevor sich die eiserne Tür schloss. In ein paar Stunden, so versprach ich ihm, würde er wieder abgeholt werden. Dann musste die Staatsanwaltschaft entscheiden, wie weiter mit ihm zu verfahren sei. Als ich in mein Büro zurückkehrte, war ich mir sicher, dass er es getan hatte. Ohne zu wissen, was das Motiv gewesen sein könnte. Und ohne zu ahnen, was wirklich hinter dieser Tragödie stand.
    F ünf Stunden später wurde Peter L. aus seiner Zelle wieder nach oben in mein Büro gebracht. Er sah schrecklich aus. Nichts war geblieben von dem gut aussehenden, sportlichen, eloquenten Akademiker. Ein Häufchen Elend saß da vor mir, unrasiert, blass, mit tiefen Augenringen. Dann ging es schneller, als ich dachte. Kaum hatte ich das Gespräch wieder aufgenommen und da angeknüpft, wo wir Stunden vorher aufgehört hatten, brach es plötzlich aus ihm heraus.
    »Es war nicht so, wie Sie denken. Es war ganz anders. Es ging um Lisa.«
    Ein Weinkrampf erfasste und schüttelte ihn derart heftig, dass ich fast befürchtete, er könnte vom Stuhl fallen. Die Protokollführerin und eine weitere Kollegin erschraken regelrecht. Ich stellte mich neben ihn, legte ihm eine Hand auf die Schulter und versuchte ihn zu beruhigen. Das dauerte einige Minuten. Ich war mir sicher, dass seine Verzweiflung nicht gespielt war. Derart extreme körperliche Reaktionen kann man nicht simulieren. Wobei sich die Ursache dieser emotionalen Erschütterung vorerst nicht erkennen ließ. Waren es Reue, Einsicht und Schmerz wegen der Tat selbst,

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