Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
über zwanzig. Offensichtlich ging es Peter L. nicht nur darum, seine Frau zu töten, er wollte sie vernichten. Als der Hammerstiel brach, holte er sich aus dem Werkzeugkasten einen zweiten Hammer und schlug so lange auf den Schädel seiner Frau ein, bis der Kopf als solcher nicht mehr zu erkennen war.
A ber das war’s immer noch nicht, denn am nächsten Tag folgten weitere Erkenntnisse, die eine Affekttat zunehmend infrage stellten. Bei einer nochmaligen, genauen Durchsuchung des Hauses und des Dienstfahrzeugs von Peter L. traten sie zutage. Was sich im Mülleimer in der Küche fand, eröffnete endgültig völlig neue Perspektiven. Ein Tütchen, in dem sich ein Büschel menschlicher Haare befand, dunkel und mit männlicher DNA , wie sich später herausstellte. Wo her kamen die? Was hatte es damit auf sich? Des Rätsels Lösung brachte ein verschlossener Aktenkoffer, der bei einer Durchsuchung des Kofferraums von Peter L.s Fahrzeug gefunden wurde. Gefragt, wo der Schlüssel dafür sei, reagierte der Verdächtige auffällig. Zum ersten Mal ließ er seine Unterwürfigkeit fallen und versuchte aufzutrumpfen. In diesem Koffer würden sich streng geheime dienstliche Unterlagen befinden und er rate uns dringend, die Finger davon zu lassen. Wir würden enorme Schwierigkeiten bekommen, sollten wir es wagen, den Inhalt zu sichten. Der Staatsanwalt wagte es dennoch und ordnete die Öffnung an. Damit war ich endgültig widerlegt mit meiner Annahme einer Affekttat.
In dem Koffer fand sich ein Notizblock mit handschriftlichen Aufzeichnungen von Peter L., wie ein Schriftsachverständiger später feststellte. Es war eine Art Checkliste, wie sie Piloten benutzen oder wie sie auch bei Ermittlern Verwendung finden, um sicherzustellen, dass man wichtige Maßnahmen nicht übersieht. Die Aufzeichnungen bezogen sich zweifelsfrei auf die Tat. Welchen Sinn sollten sonst Anweisungen haben wie: »Haare verstreuen«, »Hausschuhe entsorgen«, »Hammer wegwerfen«, »Handys ausschalten«, »Kleider entsorgen«, »Einbruch vortäuschen« und so weiter. Dass diese Notizen auf einen akribisch geplanten Mord nicht nur hindeuteten, sondern einen klaren Beweis darstellten, war selbst den Anwälten klar. Dass es jedoch noch eine ganz andere, äußerst seltene Konstellation geben könnte, daran dachte niemand.
Peter L. hatte den Mord an seiner Frau offensichtlich von langer Hand geplant. Aber warum dann so viele Fehler? War es wirklich Teil seines Planes, seine Frau zu einem Zeitpunkt zu töten, als sich seine geliebte Lisa mit ihrer Freundin im Haus aufhielt? Gehörte er zur Kategorie planender Täter, die während der Tatausführung aus purem Hass plötzlich in eine Art Blutrausch verfielen und damit das Bild einer Affekttat provozierten? Oder wurde er von irgendwelchen Ereignissen überrumpelt und vorzeitig zu jener Tat gezwungen, die er als perfekten Mord geplant hatte?
Die Verteidiger waren dieser Ansicht, wie sie in ihren Plädoyers zum Ausdruck brachten. Sie räumten ein, dass Peter L. die Tat zwar geplant haben dürfte, dann aber derart provoziert wurde, dass er seinen ursprünglichen Plan aufgab. Deshalb sei es kein Mord gewesen, sondern Totschlag. Dafür sprächen auch die fahrlässigen Fehler, die sich einschlichen – Fehler, die er als versierter Jurist und Spezialist für schwierige Verhandlungen nie gemacht hätte, außer bei einer Affekttat. Dazu zähle nicht nur, dass er blindlings zuschlug, sondern auch sein dilettantisches Nachtatverhalten, das die Ermittler überhaupt erst auf seine Spur brachte. So habe er die mitgebrachten Haare nach der Tat versteckt, anstatt sie auf der Leiche zu verstreuen, und mit blutigen Händen den Stecker des Bügeleisens herausgezogen. Und in seiner Erregung die Tür offen gelassen. Von seinem Handy habe er die Geliebte angerufen und sich für die Verletzung des Schienbeins eine denkbar schlechte Ausrede einfallen lassen.
Dass ihr Mandant den Mord an seiner Frau geplant habe, sei strafrechtlich nicht relevant, da das Beschaffen der Haare – die er übrigens aus Südamerika mitgebracht hatte – eine straflose Vorbereitungshandlung gewesen sei und sich noch nicht im Bereich des Versuchsstadiums befunden habe. Das dürfe ihm nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Ausgeführt worden sei die Tat nach schlim mer Provokation durch das Opfer und somit im Affekt geschehen. Die Anwälte beantragten die Verurteilung zu einer zeitlichen Freiheitsstrafe wegen Totschlags.
P eter L. wurde wegen Mordes zu
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