Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
haben sehr anschaulich geschildert, wie sich der innere Prozess hin zur »Mörderwerdung« vollzogen habe. Am Anfang standen tatsächlich jene bereits erwähnten objektiven Ereignisse, die als Auslöser der Tragödien bezeichnet werden können. Die dadurch aufkeimenden bösen Gedanken, die man anfangs hundertmal zu verwerfen oder zu verdrängen versucht, würden sich immer tiefer ins Gehirn einfressen. Schließ lich seien sie so allgegenwärtig, dass sich der Entschluss zur Tatausführung unter genauer Abwägung des Risikos, das sich gedanklich und planerisch gegen null reduzieren müsse, immer mehr verfestige. Denn die Angst vor Entdeckung und Strafe sei ebenso dominant wie der immer stärker werdende Wille nach Umsetzung. Man werde regelrecht zum Getriebenen. Wenn man sicher sei, alles bedacht zu haben, um nicht überführt werden zu können, beherrsche der konkrete Tatplan am Ende Tag und Nacht das gesamte Denken und Fühlen. Bis es unerträglich werde und man es hinter sich bringen wolle. Und zwar möglichst bald. Erst danach komme die Angst.
Jeder kann zum Mörder werden: Der Freund
W ach auf, Jürgen, diese Schweine, die bumsen …«, rief Joanna G. aufgeregt und rüttelte den Besucher im Gästezimmer heftig.
Jürgen Z., ein 35 -jähriger Architekt aus Schwaben, fuhr hoch und war sofort hellwach, obwohl er bloß eine Stunde geschlafen hatte.
»Was ist?«, fragte er mit krächzender Stimme, während ihn Joanna am Arm hochzog und hinüber zum Wohnzimmer zerrte. Der Raum lag in schummrigem Halbdunkel. Das Licht genügte jedoch, um zu erkennen, was sich dort auf der Couch abspielte. Jürgens 30 -jährige Ehefrau Sabine lag auf dem Rücken, ihr Dirndl war hochgeschoben und ihr Unterleib entblößt. Auf ihr lag mit nacktem Gesäß sein bester Freund und Gastgeber, der 34 Jahre alte Hein rich G., und war schwer beschäftigt. Sabine hatte ihre Beine um ihn herumgeschlungen, während er die unter ihm liegende Besucherin leidenschaftlich küsste.
»Du Drecksau!«, schrie Jürgen, stürzte sich auf den Nebenbuhler, umklammerte seinen Hals und begann ihn zu würgen. Sabine fing an zu kreischen, der auf ihr liegende Heinrich versuchte sich zu wehren. Joanna stand dicht hinter ihnen, schäumend vor Hass und Wut: »Bring ihn um! Bring ihn um!«, feuerte sie Jürgen an, der offensichtlich bemüht war, ihren Wunsch zu erfüllen, es aber nicht schaffte, obwohl er gegen den liegenden Heinrich im Vorteil war.
Dann folgte das, was diese Tat so ungewöhnlich macht. Joanna ergriff eine schwere Statue, die auf einer Anrichte stand, reichte sie Jürgen und sagte: »Da, nimm das hier …« Und das tat Jürgen auch. Er richtete sich blitzschnell auf, packte die schwere Bronzefigur, holte aus und schlug mit aller Kraft zu. Der massive Sockel traf wohl genau mit einer Kante den Hinterkopf des noch immer auf Sabine herum zappelnden Heinrich und ließ seinen Schädel auf platzen wie eine Melone. Er brach tot über seiner Sexpartnerin zusammen, die sich mühsam unter ihm hervorquälte und nur noch schrie. Ihr Gesicht war voller Blut und Gehirnmasse. Es war das Ende eines lustigen Abends auf dem Münchner Oktoberfest, zu dem der in München lebende Stardesigner seinen besten Freund Jürgen und dessen Frau Sabine eingeladen hatte.
Es war viel Bier geflossen an jenem Abend – nur Joanna trank wegen ihrer Schwangerschaft keinen Tropfen Alkohol, während die anderen kräftig zulangten und zu Hause noch weiterfeierten. Bis sich der Gast aus Schwaben schließlich ins Gästezimmer zurückzog, weil er genug hatte und hundemüde war. Auch Joanna ging zu Bett. Nur Heinrich und Sabine blieben auf und wollten noch ein Gläschen Rotwein trinken. Dabei mussten sie sich wohl nähergekommen sein, bis sie sich dann ganz nah waren. Weil aber Joanna nicht einschlafen konnte, stand sie eine Stunde später wieder auf und ging ins Wohnzimmer, um nach den beiden zu sehen. Was sie sah, sollte das Leben dieser vier wohlsituierten, kultivierten und ehrbaren Personen für immer verändern.
Als die Polizei kam, war Jürgen Z. bereits geflohen. Er konnte erst vier Monate später in Italien festgenommen werden. Sein Vater, Fabrikbesitzer und Multimillionär, hatte dafür gesorgt, dass er dort luxuriös untertauchen konnte – bis ihn die Zielfahndung aufstöberte.
W ie würden Sie reagieren, wenn Sie Ihre Frau mit dem besten Freund beim Geschlechtsverkehr erwi schen und zudem betrunken sind?«, begann der Ver teidiger sein Plädoyer vor dem Münchner Schwur
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