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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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hatte volle zehn Minuten bewegungslos an Ort und Stelle ausgeharrt, als er die Ausläufer eines gelblichen Bodennebels gewahrte, die sich ringsum durch Wald und Gebüsch schoben. Gott, das hat mir noch gefehlt, fluchte er stumm. Er wandte den Kopf und sah zu seiner Überraschung eine dichte Nebeldecke heranziehen, die ihn fast er- reicht hatte. Seltsam, hier hatte er noch nie Nebel gesehen, nicht einmal im Herbst. Nun, er konnte noch eine Weile warten; vielleicht würde das Tier aus den Büschen kommen und sich zeigen, ehe der Nebel zu dicht wurde.
    Bald hatte der Nebel ihn erreicht und hüllte ihn ein, und Tom fluchte in sich hinein. Wenn das Tier nicht bald zum Vorschein käme, würde er es nicht mehr sehen können. Al- les blieb still, und der dichte Nebel zog weiter, und Minuten später war nicht einmal mehr der Busch zu sehen. Dann erst hörte er ein Rascheln und das Geräusch eines davonlaufen- den Tieres. Diesmal fluchte er laut, stand auf und stieß mit den Stiefelspitzen ärgerlich in das modernde Laub vom Vorjahr.
    Sei's drum, einer war besser als gar nichts. Er machte kehrt und ging tiefer in den Nebel hinein. Daß er keine fünf Schritte weit sehen konnte, störte ihn nicht: er kannte sich in dieser Gegend so gut aus, daß er den Weg mit verbundenen Augen gefunden hätte.
    Der Reverend Martin Hurdle bereitete sich auf den Sonntagsgottesdienst vor. Als er seinen Meßrock anlegte, lächelte er beim Gedanken an die Panik, in die er vorhin im Nebel geraten war. Sonst ein erfreulicher Aspekt der Woche, war dieser frühe Morgenspaziergang beinahe zum Alptraum geworden. Wie groß war seine Erleichterung gewesen, als er wieder ins Sonnenlicht hinausgetreten war, befreit von dieser unheimlichen Wolke! Er hatte jetzt leichte Kopfschmerzen, doch ansonsten wollte er nicht mehr an das unerfreuliche Erlebnis denken und würde sicherlich schmunzeln, wenn er die Geschichte seinen Freunden erzählte.
    Die Kirche war heute gut gefüllt, wozu das schöne Wetter sicherlich seinen Teil beigetragen hatte, wenn auch die Tragödie des Nachbardorfes in erster Linie für den guten Besuch verantwortlich war. Er begrüßte seine Pfarrkinder an der Kirchentür, als sie hineingingen, wechselte ein paar Worte mit einigen, lächelte und nickte anderen zu. Als es Zeit war, mit dem Gottesdienst zu beginnen, betrat er die Kirche durch eine Seitentür, die ihn zuerst in die Sakristei führte, sprach mit seinen Meßdienern und folgte ihnen hin- aus in die Kirche.
    Der Gottesdienst nahm seinen gewohnten Gang, einigen zur Freude, anderen zum Überdruß, aber heute wegen der Tragödie für die meisten bedeutungsvoller als sonst. Einige Kirchenbesucher bemerkten, daß der Pfarrer gelegentlich die Hand an die Stirn führte, als ob er müde wäre oder Kopfschmerzen hätte, aber der Gottesdienst hatte darunter nicht zu leiden.
    Sie setzten sich und sahen erwartungsvoll zu ihm auf, als er die Stufen zur Kanzlei hinaufstieg, und viele, die im Nachbardorf Freunde und Verwandte hatten, hofften in dieser Zeit der Trauer Trost in seinen Worten zu finden. Er blickte von der Kanzel herab in ihre emporgewandten Gesichter, die vielen Augenpaare, die zu ihm aufblickten.
    Dann hob der Reverend Martin Hurdle, seit achtzehn Jahren Pfarrer von St. Augustine, seinen Meßrock, öffnete die Hose und urinierte über seine Gemeinde.
    »Wo können diese verwünschten Kühe geblieben sein?« fragte sich George Ross im Selbstgespräch, und sein bereits von vielen Runzeln durchzogenes, verwittertes Gesicht bekam noch einige Falten mehr. »Müssen wieder bei der Lücke durch die Hecke gebrochen sein, die Teufelsbraten.«
    Seine Kühe hatten die Gewohnheit, an einer lichten Stelle die Hecke zu durchbrechen, die ihre Weide umgab, und auf der benachbarten Wiese zu weiden, obwohl er die fragliche Stelle mit Draht gesichert hatte. »Als ob ich nicht genug zu tun hätte«, fuhr er in seinem zornigen Selbstgespräch fort, »ohne den ganzen Morgen hinter den Viechern herzujagen. Die sollen mich kennenlernen!«
    Er erreichte die Lücke und sah, daß der Draht niedergetreten war. Natürlich. »Nun, wo steckt ihr?« Er blickte um- her, dann sah er mit offenem Mund die Nebelwand auf der anderen Seite seiner Wiese. »Schlag mich der Hagel! Woher kommt jetzt der Nebel?« Verdutzt kratzte er sich das stoppelige Kinn.
    Er ging weiter auf die Nebelwand zu und griente, als er seine Kühe herauskommen sah. »He da, ho!« schrie er ihnen zu. »Dachte mir's doch, daß ihr euch hier

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