Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay
unheimlichen ST. LEON (1799) folgen ließ; darin wird das Thema des Lebenselixiers, wie es von der imaginären Geheimbruderschaft der »Rosenkreuzer« entwickelt wurde, mit Erfindungsreichtum, wenn auch nicht mit atmosphärischer Überzeugungskraft behandelt. Dies Element des Rosenkreuzertums, das von einer Welle populären Interesses für Magie genährt wurde, ausgedrückt etwa in der Vogue des Scharlatans Cagliostro und in
der Veröffentlichung der seltsamen und kompendienhaften Abhandlung über okkulte Prinzipien und Zeremonien THE MAGUS (1801) von Francis Barrett - das Buch wurde sogar noch 1896 nachgedruckt-, spielt eine Rolle bei Bulwer-Lytton und in vielen späteren Romanen. Versprengte Nachzügler verirrten sich bis weit ins 19. Jahrhundert hinein, wie etwa FAUST AND THE DEMON und WAGNER THE WERWOLF von George W. M. Reynolds. CALEB WILLIAMS nun ist zwar frei von übernatürlichen Vorkommnissen, doch es finden sich darin viele authentische Töne des Terrors. Der Roman erzählt die Geschichte eines Dieners, der von seinem Herrn, den er des Mordes überführt hat, drangsaliert wird; dabei zeigt das Buch einen Erfindungsreichtum und ein Können, die es auf eine Weise bis heute lebendig erhalten hat. Der Roman wurde unter dem Titel THE IRON CHEST dramatisiert und fand auch in dieser Form fast ebensoviel Beifall. Godwin war jedoch seiner Art nach zu sehr der bewusste Lehrer und der prosaische Mann des Denkens, um ein Meisterwerk des wahren Unheimlichen zu schaffen.
Seine Tochter, die Frau Shelleys, hatte da weitaus mehr Erfolg, und ihr unnachahmlicher FRANKENSTEIN; OR, THE MODERN PROMETHEUS (1817) ist einer der Horrorklassiker aller Zeiten. Hervorgegangen aus einem Wettbewerb, in welchem sie mit ihrem Mann, Lord Byron und Dr. John William Polidori um den Vorrang in der Erzeugung von Grauen wetteiferte, war Mary Shelleys FRANKENSTEIN das einzige Werk der rivalisierenden Geschichten, das in allen Einzelheiten vollendet wurde, und der Literaturkritik ist niemals der Nachweis gelungen, dass die besten Teile dem Dichter Shelley und nicht seiner Frau zuzuschreiben sind. Der Roman, den ein moralischbelehrender Ton zwar ein wenig färbt, ihm jedoch kaum schadet, erzählt von dem künstlichen Menschen, den Victor Frankenstein, ein junger Schweizer Medizinstudent, aus menschlichen Knochen, die aus Beinhäusern stammen, formt. Geschaffen von seinem Schöpfer »im verrückten Stolz des Verstandes«, ist das Monster zwar durchaus intelligent, verfügt jedoch über eine abscheuliche Gestalt. Von den Menschen verabscheut, beginnt es in seiner Verbitterung damit, schließlich jene Menschen umzubringen, die Frankenstein am meisten liebt, seine Freunde und seine Familienangehörigen. Es fordert nun, dass Frankenstein ihm eine Frau erschaffe, und als der Student sich endlich voll Entsetzen weigert, damit die Welt nicht von solchen Ungeheuern bevölkert werde, verlässt das Monster ihn mit der grässlichen Drohung, »in seiner Hochzeitsnacht bei ihm zu sein«. Nach jener Nacht wird Frankensteins Frau erwürgt, und von jenem Zeitpunkt an jagt Frankenstein das Monster, selbst bis in die
Eiswüsten der Arktis. Am Ende, als er Schutz sucht auf dem Schiff des Mannes, der die Geschichte erzählt, wird Frankenstein von dem abstoßenden Gegenstand seiner Suche, dem Geschöpf seines anmaßenden Stolzes getötet. Einige Szenen in FRANKENSTEIN sind unvergesslich, so etwa, wenn das eben erst belebte Monster das Zimmer seines Schöpfers betritt, den Vorhang seines Bettes öffnet und ihn im gelben Mondlicht mit Tränen in den Augen - »falls sie Augen genannt werden können« - anblickt. Mary Shelley hat noch weitere Romane verfasst, darunter den ziemlich beachtenswerten LAST MAN, wiederholte aber nie mehr den Erfolg ihres ersten Werks. Es besitzt den wahren Ton kosmischer Angst, ganz gleich wie sehr der Fortgang der Erzählung manchmal ins Stocken geraten mag. Dr. Polidori gestaltete seine Wettbewerbsidee zu einer langen Kurzgeschichte, THE VAMPYRE, in der wir dem kultivierten Schurken ganz in der Art des »gotischen« oder Byronschen Helden begegnen und einige exzellente Passagen reinen Entsetzens finden, darunter ein schreckliches nächtliches Erlebnis in einem gemiedenen griechischen Wald.
Im selben Zeitraum beschäftigte sich auch Sir Walter Scott häufig mit dem Unheimlichen, das er in viele seiner Romane und Gedichte einflocht, und manchmal daraus auch solche eigenständigen Erzählungen wie »The Tapestried Chamber« und »Wandering
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