Unirdische Visionen
starrten in den Käfig.
Obwohl es ein bißchen geschrumpft sein mochte, sah es jetzt vollständiger aus. Das schmutzige Rosa seiner schrumpeligen Haut hatte sich verdunkelt. Es besaß Dutzende von kurzen Fühlern, kaum dicker als ein Pferdehaar, auf denen es unbeholfen herumstelzte. Die Haut schuppte sich. Es hatte tatsächlich zwei Augen, die klar und eng geschlitzt in die Gegend guckten. Durch das dünne Plastik meines Oxygenhelms hörte ich ein klägliches »tschip-tschip-tschip«, das mich an das Quieksen einer Fledermaus erinnerte.
In einem kleinen Halbkreis kroch das ETL wieder zu seinem Schlammgehäuse. Es versuchte, hinaufzusteigen; vielleicht, um von dort eine bessere Übersicht des Terrains zu gewinnen. Aber es rutschte ab und fiel auf den Rücken. Hilflos zappelte es mit seinen Fühlern. Ich mußte an eine Hufeisenkrabbe denken, die verzweifelt wieder auf die Beine zu kommen sucht. Nur, daß die Form und Bewegungen dieses Lebewesens noch fremdartiger waren.
Ich folgte einem Impuls, der teilweise auf Pflichtgefühl und teilweise auf Mitleid beruhte. Froh um den Handschuh zwischen ihm und mir, drehte ich das kleine Ungeheuer um. Dann setzte ich ihm einen Napf mit dem chemisch verdünnten Tubeninhalt, den wir in dem Wrack gefunden hatten, vor.
Es schien an dem Zeug zu riechen und blieb fast – wahrscheinlich wegen der zweieinhalb mal so starken Schwerkraft – darin stecken. Aber es gelang ihm, sich zu befreien. Mit seinen fleischigen Mundklappen schlabberte es die Nahrung auf.
Ich fühlte mich erleichtert. Das war kein gefährlicher Unhold, von dem Gott weiß was für Unheimlichkeiten drohten. Es war nur ein Tier.
Über meinen Kopfhörer – außerhalb des Käfigs war ein Mikrophon angebracht, so daß sie sich mit mir in Verbindung setzen konnten – bekam ich mit, wie Miller zu den Reportern sagte: »Der Freßinstinkt. Sie haben ihn auch. So können wir mit Sicherheit …«
*
Ich glaube, daß das ETL von seiner ersten Mahlzeit Bauchkrämpfe bekam, und wie jeder halbwegs vernünftige Mensch, der zum Beispiel junge Hunde aufzieht, ließ ich es nicht zuviel fressen. Es krümmte sich eine Zeitlang wie in Schmerzen. Ich saß auf Kohlen. Woher wollte ich wissen, was ihm am besten bekam? Und es drehte sich nicht nur ums Futter. Wir mußten die richtige Temperatur herausfinden, den Luftdruck, den verträglichsten Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Und es war eine Riesenprobiererei mit der ihm angenehmen Lichtstärke.
Offenbar lagen wir am Schluß richtig – oder das Vieh war verflucht zäh. Es häutete sich ein paarmal, wuchs und gedieh. Auch andere Dinge gediehen noch in diesem Käfig. Seltsame, blaugrüne Pflanzen, hart wie Leder; eine Art staubig-trockene Flechte; unsichtbare, nicht auf der Erde lebende Bakterien. Sie waren harmlos, vielleicht sogar gut für mein Mündel.
Wie war all dieses Zeug in den Käfig gelangt? Miller und Craig hatten den trockenen Schlamm des Gehäuses mikroskopisch untersucht. Sie hatten jedes Stäubchen von dem Wrack abgekratzt und Kulturen angelegt. Sie warteten auf Sporen und Samen und Mikroben. Und es dauerte nicht lange, bis sie eine ganze Liste anderweltlicher biologischer Formen festgestellt hatten. Die am häufigsten vorkommenden pflanzten sie in den Käfig.
Meistens schlief ich in meinem Raumanzug im Käfig. Sie halten das für Diensteifer. Es war, als ob ich auf einem Stückchen Mars lebte. Oft genug langweilte ich mich auch tödlich.
Von Anfang an zeigte Etl – so hatten wir das Ding getauft – eine unglaubliche Neugierde für alles und jedes. Einige seiner Angewohnheiten beruhten auf Instinkt. Es aalte sich in der Sonnenwärme, aber es mochte auch dunkle, schattige Ecken. Nachts, das heißt, wenn wir die künstliche Sonne ausmachten, grub es sich in den staubigen Boden ein. Als Schutz gegen die Nachtkälte, nahmen wir an.
*
Einen Monat und zwei Tage, nachdem er ausgeschlüpft war, versuchte sich Etl aufzurichten. Er fiel immer wieder hin. Vielleicht plagte er sich ab, zu »gehen«. Aber es waren keine Knochen in diesen Fühlern, und die auf der Erde herrschende Schwerkraft besiegte ihn.
Wir stellten zusammen eine Menge »Tests« an; man hätte es auch als Spielerei bezeichnen können. Ich setzte sein Futter auf einen Stuhl. Er beäugte die Leiter und zog sich dann mit einem Klimmzug hoch.
Während einem meiner seltenen freien Tage kaufte ich ein paar Spielsachen. Ich warf ihm einen Gummiball zu. »Los, Etl, spielen!«
Er fing ihn sofort mit
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