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Unirdische Visionen

Unirdische Visionen

Titel: Unirdische Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groff Conklin
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seinen schnellen, geschickten Fühlern, die in diesem Augenblick an Fangarme erinnerten, auf. Es war etwas Wildes in der Art, wie er es tat. Ich mußte an einen Hund denken, der eine Fliege aus der Luft schnappt. Aber der Gedanke, daß Etl nur ein Tier war, war mir damals schon vergangen.
    Ich gewöhnte mir an, mich mit ihm in der Babysprache zu unterhalten. »Bist braver, kleiner Kerl, Etl. Und soo gescheit. Lernst schnell, nicht?«
    Und ich ließ ihn an meinem Anzug hinaufklettern. Feine widerhakenartige Spitzen waren an seinen oberen Fangarmen. Ich fühlte sie durch das dicke, gummierte Material wie die Krallen eines Kätzchens. Dabei gab er ein zufriedenes Tschirpen von sich, aus dem man mit einiger Phantasie so etwas wie Zuneigung herauslesen konnte.
    Einmal biß er mich. Ich entdeckte keinen Grund dafür, außer daß ich seinen Ball zu lange festgehalten hatte. Er erwischte meinen Finger durch den Handschuh mit seinem scharfen Gebiß und zischte böse.
    Meine Hand schwoll zum Doppelten ihrer Größe an und mir wurde übel. Klein mußte mich im Käfig ablösen. Der Biß stellte sich als leicht giftig heraus.
     
    *
     
    Der vergiftete Biß war ein Ding; Etls Zornausbrüche das andere. Ein Zeichen der unberechenbaren Natur seiner Rasse. Hier zeigte sich die Wesensbeschaffenheit, bei der Dinge wie Morde vorkommen. Diese Kreaturen besaßen sie wie wir. Wahrscheinlich ist sie nötig, um sich aus dem Nichts zu entwickeln.
    Danach bestand die öffentliche Meinung allerdings darauf, daß der Käfig von vier Maschinengewehren eingerahmt wurde. Zyanogentanks wurden so angebracht, daß das Giftgas jederzeit in den Käfig strömen konnte.
    Ich fand diese Vorsichtsmaßnahmen übertrieben, aber ich mußte Miller recht geben, wenn er erklärte: »Wir tappen im dunkeln, Nolan. Wir müssen uns auf schnelle Reife und vererbte Instinkte gefaßt machen. Und wir müssen Etl weiterhin testen. Nicht daß ich eine bedrohliche Entwicklung erwartete, aber zur Sicherung.«
    Ein Jahr verging ohne großen Zwischenfälle; außer, daß ich Alice heiratete. Wir bezogen einen Bungalow in Laboratoriumsnähe.
    Eine Menge Versuche stellte ich mit Etl an. Ich ließ ihn mit meinem Revolver spielen, ungeladen natürlich. Er zeigte brennendes Interesse. Er konnte einfache, rekonstruierte Marsianische Werkzeuge greifen, indem er seine Tentakel durch die Löcher in ihren Griffen steckte; aber komplizierteren Geräten desselben Ursprungs stand er genauso hilflos gegenüber wie wir. Wir gaben unsere Idee von einem eventuellen vererbten Gedächtnis auf.
    Etl wollte immer beschäftigt sein. Die Geschicklichkeit und Geschwindigkeit, mit der er die schwierigsten Konstruktionen aus einem Baukasten nachbaute, ließ auf eine Rasse schließen, die sich seit Jahrhunderten mit Architektur beschäftigte. Ich baute ihm einen Turm oder eine Brücke vor, während er mir zusah. Dann fing er sofort auf eigene Faust zu bauen an, wobei er die Schraubenzieher mit Spezialgriffen, die ihm Klein gemacht hatte, benutzte.
    Natürlich mußte Etl Dutzende von Intelligenztests über sich ergehen lassen; zum Beispiel ausgefallen geformte Stücke zu einer Kugel oder einem Würfel zusammenfügen. Es war schwierig, seinen Intelligenzquotienten nach menschlichen Maßstäben zu beurteilen. Schon beim Menschen ist es nur ein Notbehelf. Zu viele Faktoren werden unberücksichtigt gelassen. Bei Etl erwies sich ein I.Q. als noch viel unzureichender. Gegen Ende des ersten Jahres hatte Miller ihm hundertzwanzig Punkte gegeben. Als Bewertungsgrundlage hatte er ein fünfjähriges Kind genommen. Diese Zahl versetzte manche Leute in Unruhe; schien sie doch auf eine Rasse von Superwesen zu deuten.
    Etl tschirpte und quiekste und konnte, wenn aufgeregt, unheimliche Schreie ausstoßen. Die menschliche Sprache lag jedoch jenseits seiner vokalen Möglichkeiten, obwohl er einfache Befehle verstehen konnte. Er hatte eine große tympanische Membran auf seiner Bauchseite – ein »Ohr«. Wir überlegten, wie seine Art sich miteinander verständigte. Die Weise, in der er mit seinen Tentakeln meine Finger abtastete, gab uns einen Schlüssel. Sie trugen winzige, nervenähnliche Fäden an ihren Enden. Als Miller sie sah, faßte er einen ebenso mutigen wie törichten Entschluß.
    Er ließ sich von einem Chirurgen einen Nerv am Unterarm bloßlegen. Es muß irrsinnig wehgetan haben, aber er ließ ihn Etl mit seinen Nervenfäden berühren.
    Ich war verrückt genug, Millers Beispiel zu folgen. Wir wollten eine

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