Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
Vom Netzwerk:
ihm, und sofort ergoss sich eine Flut auf den weichen Waldboden. Jerry musste ihn nicht einmal mehr festhalten oder zielen – er wässerte ganz von selbst das Unterholz wie ein Gartenschlauch.
    Die Erleichterung war so groß, dass Jerry Tränen in die Augen traten.
    Doch dann, als er fast fertig war, schubste ihn etwas Großes, Schweres von hinten, und Jerry verlor das Gleichgewicht. Er fiel um und landete rücklings auf dem nassen Boden – den er gerade selbst benetzt hatte –, und sein Penis machte immer noch fleißig weiter und sprühte ihm, wie eine kaputte Sprinkleranlage, Urin auf Hose, Hemd, Krawatte und Gesicht. Jerry schrie auf und war so gelähmt von diesem entsetzlichen Moment, dass er anfangs kaum begriff, wer der Angreifer gewesen war: Brunswick, der jetzt mit der Wucht einer Kanonenkugel in den Wald hineinschoss.
    »Brunswick!«, brüllte Jerry und machte damit zumindest einem Teil seiner Wut Luft.
    Er rappelte sich vom Boden auf und betrachtete seine durchnässten Kleider. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Es war ein Albtraum. Und das Schlimmste war, dass er den Hund jetzt wahrscheinlich für immer verloren hatte. Arlene würde ihm nie verzeihen. Er dachte ernsthaft darüber nach, in den Wagen zu steigen, loszufahren und einfach nie mehr nach Hause zurückzukehren.
    Wuff!
    Aus der Ferne hörte er ein sonores Bellen. Brunswick war also nicht auf und davon, aber er war auch nicht mehr in der Nähe. Wie es sich anhörte, war er mindestens einhundert Meter weit in den Wald hineingelaufen. Jerry rief ihn und lauschte dann, in der Hoffnung, das Donnern von Pfoten – die eigentlich eher Hufe waren – auf dem Boden zu hören, weil der Hund zu ihm zurückkam.
    Aber so viel Glück wurde ihm nicht zuteil.
    Wuff!
    Jerry seufzte auf und machte sich auf den Weg. Er rief immer wieder nach Brunswick, und von Zeit zu Zeit antwortete der Hund und wies ihm damit den Weg. Jerry war durchnässt und schmutzig, und er stank. Der Boden war morastig, die Zweige der Bäume kratzten und verfingen sich in seinen Kleidern. Seine Schuhe waren mit Matsch bedeckt. Und um alles noch schlimmer zu machen, fing es jetzt auch noch an zu regnen.
    »Brunswick!«, rief Jerry. Langsam verlor er die Geduld.
    Wuff!
    Jerry drehte sich nach dem letzten Bellen um und kniff die Augen zusammen, um zwischen den Birken hindurchzuschauen. Und diesmal entdeckte er das riesige, schwarze Tier, das, die Nase am Boden, wie wild im weichen Erdreich scharrte.
    »Na endlich«, murmelte er.
    Ganz langsam näherte er sich dem Hund. Er wollte ihn nicht erschrecken und riskieren, dass er noch einmal davonlief. Aber Brunswick war so beschäftigt, dass er Jerry kaum wahrzunehmen schien. Offensichtlich hatte er etwas Hochinteressantes gefunden, und jetzt buddelte er mit Nachdruck im Boden der kleinen Lichtung. Von Zeit zu Zeit schob er sogar seinen gewaltigen Kopf ganz in das Loch, das er gegraben hatte.
    Jerry streckte vorsichtig die Hand aus und fasste ihn am Halsband.
    »Böser Hund«, sagte er und strich ihm über das nasse, schwarze Fell.
    Endlich nahm Brunswick seine Anwesenheit zur Kenntnis und hob fröhlich den Kopf. Sabber tropfte von seinen Lefzen, und in seinem riesigen Maul hielt er etwas Längliches, Weißes.
    »War das jetzt wirklich die ganze Aufregung wert, Brunswick?«, fragte Jerry ihn.
    Er bückte sich, um dem Hund den Gegenstand aus dem Maul zu nehmen, und nach kurzem Sträuben ließ Brunswick los.
    Jerry betrachtete das, was er da in der Hand hielt, fast eine Minute lang, bis er begriff, worum es sich handelte.
    Dann schaute er mit wachsender Angst in das Loch, um zu sehen, was der Hund sonst noch gefunden hatte.
    »Verdammte Scheiße!«, murmelte er.

11
    Sally wirkte sehr jung im Zeugenstand. Sie war adrett gekleidet und trug einen weißen Baumwollpullover mit rundem Kragen und einen blauen Rock. Der Pullover war weit, sodass die Blicke nicht auf ihren Busen gelenkt wurden. Sie hatte das dichte Haar zurückgekämmt und ordentlich zum Pferdeschwanz gebunden. Ihr Gesicht wirkte rosig, doch sie war ungeschminkt und trug keinen Schmuck, nur eine schlichte, goldene Uhr.
    Stride betrachtete sie. Hatte er sich getäuscht? Er gestattete sich den Anflug eines Zweifels, zog die absurde Möglichkeit in Erwägung, dass sie den Fall ganz falsch eingeschätzt hatten. Sally war eifersüchtig und besitzergreifend. Aber war sie tatsächlich so weit gegangen zu morden? Gleich zwei Mal?
    Er konnte sich das einfach nicht vorstellen.
    »Sally«, begann

Weitere Kostenlose Bücher