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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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ihr Leben mit einem anderen Menschen zu teilen. Damals hatte er wirklich geglaubt, er könne ihr den Schmerz nehmen. Aber ihre Verbitterung hatte niemals nachgelassen, wie viel Zeit sie auch miteinander verbrachten. Nicht einmal, nachdem sie in die Ehe hineingestolpert waren. Sie hatten einen Fehler gemacht. Doch Stride hätte sich niemals träumen lassen, wie teuer dieser Fehler sie zu stehen kommen würde.
    »Hallo, Andrea«, sagte er.
    Sie sah von den Klausuren auf dem Schreibtisch auf. Er wusste nicht genau, was er in ihren Augen zu sehen erwartete: Angst vielleicht oder Wut oder Traurigkeit. Aber dann sah er fast gar nichts, als wäre sie ihm in dieser kurzen Zeit völlig fremd geworden.
    »Willkommen daheim«, sagte Andrea ruhig. »So schnell hatte ich dich gar nicht zurück erwartet.«
    Sie sah älter aus, aber vielleicht lag das auch nur daran, dass sie ungeschminkt war. Sie trug das graue College-Sweatshirt, das sie schon seit vielen Jahren hatte. Das blonde Haar hatte sie sich mit einer Spange aus dem Gesicht gesteckt, und auf ihrer Nasenspitze saß eine Lesebrille mit halben Gläsern.
    »Hast du es herausgefunden?«, fragte sie, und ihre Stimme klang kalt dabei. »War es das alles wert?«
    Stride hörte den Vorwurf in ihren Worten, als wäre er selbst an allem schuld.
    Er kam ins Büro und ließ sich schwer auf den Holzstuhl vor ihrem Schreibtisch fallen. Er musste sich überwinden, um es ihr zu sagen.
    »Er ist tot, Andrea.«
    Sie schnappte nach Luft und rückte abrupt ein wenig vom Schreibtisch weg. Dann nahm sie die Brille ab, und er sah ihre angsterfüllten Augen.
    Sie wartete darauf, dass er es aussprach.
    Stride nickte. »Robin ist tot.«
    Fast wünschte er, sie würde ihm etwas vormachen, eine entsetzte Miene ziehen, als er ihr sagte, dass Robin, ihr Exmann, Rachels Liebhaber gewesen war.
    Aber es überraschte sie nicht. Andrea schloss nur die Augen. »Dieser gottverdammte Idiot«, flüsterte sie. »Wie ist es passiert?«
    Stride berichtete kurz, was im Wohnwagen vorgefallen war. Andrea verlor nicht die Fassung, nur eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Auge und rann ihr die Wange hinunter. Er gab ihr ein paar Sekunden für ihre stille Trauer, doch dann holte sein eigener Zorn ihn wieder ein. »Du hast es gewusst«, sagte er. »Verdammt noch mal, du hast es die ganze Zeit gewusst, und du hast es mir nicht gesagt. Du hast mich dorthin fahren lassen, obwohl du wusstest, was ich vorfinden werde.«
    »Ich habe dir gesagt, du sollst es lassen.« Andrea wischte sich die Tränenspur von der Wange. »Du wolltest doch unbedingt weitermachen.«
    »Weil das mein Job ist!«, rief Stride. Er sprang auf, ging ein paar Mal auf und ab, schloss dann mit einem Knall die Bürotür und drehte sich wieder zu ihr um. »Seit wann? Seit wann weißt du es? Hast du es damals schon gewusst? Wir haben uns die ganze Zeit im Kreis gedreht, und du hast gewusst, dass Robin mit Rachel durchgebrannt ist.«
    »Nein, das wusste ich nicht!«, protestierte Andrea. »Er hat mich schon Monate vor Rachels Verschwinden verlassen. Begreifst du das denn nicht? Genau so wollte sie es haben. Es sollte keine Verbindung geben. Das kam alles von ihr, es war alles Teil ihres Plans. Sie hat ihm gesagt, er soll im Herbst zurückkommen und sie abholen.«
    »Aber wann hast du es dann herausgefunden? Und wie?«
    Andrea hielt den Blick starr auf den Schreibtisch gerichtet. »Letzten Monat hat er mir einen Brief geschrieben.«
    »Und darin hat er dir auch von Rachel erzählt?«
    »Machst du Witze?« Sie verzog den Mund, als hätte sie in etwas Bitteres gebissen. »Der ganze Brief hat sich nur um Rachel gedreht. Rachel, Rachel, Rachel. Wie sie ihn verführt hat. Wie sie mit ihm Schluss gemacht hat. Das jämmerliche Weichei war besessen von ihr.«
    »Wo ist der Brief?«
    Andrea zögerte. »Ich habe ihn verbrannt.«
    »Warum?«, fragte Stride. »Wieso hättest du das tun sollen?« Er vermutete, dass er nur die Schreibtischschublade aufzuziehen brauchte, um den Brief dort zu finden.
    »Ich weiß nicht warum, ich hab’s einfach getan. Ich wollte ihn auslöschen. Ich wollte vergessen, was er mir angetan hat.«
    Stride schüttelte den Kopf. »Jetzt lügst du. Lüg mich nicht an. Robin war also besessen, ja? Und was ist dann mit dir? Er hat dich für eine Siebzehnjährige verlassen, und du liebst ihn immer noch.«
    Sie widersprach ihm nicht, und er sah, wie sie trotzig das Kinn reckte.
    »Erklär mir das alles, Andrea«, fuhr er beharrlich fort. »Er

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