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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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rannte über den ausgetrockneten Boden, sodass die Sanitäter mit der Bahre erschraken. Er riss das Tuch beiseite und enthüllte Bobs Gesicht. Die Augen des Toten waren noch offen.
    »He, was soll denn das?«, rief der eine Sanitäter.
    Stride spürte, wie der Mann ihn an der Schulter packte, und machte sich mit einer abrupten Bewegung los. Er bückte sich, bis er nur wenige Zentimeter von Bobs Gesicht entfernt war. Der Geruch von Tot, Blut und Verfall drang ihm in die Nase. Er starrte Bob an und suchte nach der Wahrheit. Ich kenne dich.
    Dann wirbelte er herum und sah Serena aus dem Augenwinkel. Er spürte, dass sie seine Gedanken las, seine Angst mitempfand. Doch zum Glück sagte sie nichts und reagierte auch nicht weiter. Sie wandte den Blick wieder von ihm ab, noch bevor sich die anderen Polizisten zu ihm umdrehen konnten.
    Hinter ihm fragte eine Stimme: »Alles klar, Mann?«
    »Cordy!«, zischte Stride. Er zog den jungen Detective beiseite und sah ihn eindringlich an. »Sie haben doch gesagt, dass es ein altes Foto von ihm gibt, auf dem er noch nicht so aussah. Haben Sie das dabei?«
    »Was, von dem Toten? Na klar, Mann. Lavender hat es mir gegeben. Ich dachte, vielleicht können wir ihn damit ins Schwitzen bringen.«
    »Zeigen Sie es mir.«
    Cordy zog eine Plastikhülle aus den Tiefen seiner Hosentasche hervor, und Stride riss sie ihm förmlich aus der Hand. Die Strahlen der Sonne blendeten ihn. Er blinzelte, konnte aber durch die Plastikhülle hindurch nichts erkennen. Ohne einen Augenblick zu zögern, riss er die Hülle auf und warf sie weg.
    »He, Sie können doch nicht …«, begann Cordy. Doch als er Strides Miene sah, hielt er inne.
    Stride hielt das Foto in der Hand, als könnte es jeden Moment in Flammen aufgehen.
    »Nein, nein, nein, nein«, murmelte er vor sich hin. Er konnte nicht glauben, was er da sah, spürte, wie seine Gedanken sich verwirrten. Und dann wünschte er nur noch, die trockenen Spalten des Wüstenbodens würden sich unter ihm auftun und ihn verschlingen.

17
    Stride trank einen Schluck kalten Kaffee aus einem Styroporbecher. Er konnte seine Ungeduld kaum noch bezähmen.
    Durch die Fenstertüren musterte er die Touristen, die in der sengenden Sonne zwischen den Reihen von Mietwagen umherliefen. Über ihm ertönte das Dröhnen eines weiteren Flugzeugs, das sich im Landeanflug auf den McCarran-Flughafen von Las Vegas befand, und die Wände erbebten. Die abendlichen Schatten wurden mit jeder Minute länger.
    Schließlich öffnete sich die Glastür. Eine Angestellte der Autovermietung watschelte schwitzend von dem riesigen Parkplatz herein. Sie hielt ein Klemmbrett aus Plastik in der fleischigen Hand.
    »Wie lange dauert’s noch?«, rief Stride ihr zu.
    Sie blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften. Zwischen ihrer babyblauen Trainingshose und dem weißen Tour-T-Shirt wölbte sich ein dunkler Streifen Bauch hervor. »Seh ich aus, als könnte ich hellsehen? Ich hab Ihnen doch gesagt, die hätten vor zwei Stunden hier sein sollen.«
    »Wissen die Leute draußen, dass sie nichts tun dürfen?«, fragte Stride. »Ich will nicht, dass sie den Wagen sauber machen, bevor wir ihn uns angeschaut haben.«
    »Beigefarbener Cavalier, texanisches Nummernschild.« Sie rasselte die Zulassungsnummer herunter. »Sobald er da ist, kriegen Sie ihn gleich als Erstes zu sehen, Schätzchen. Also, gedulden Sie sich.«
    Damit verschwand sie in dem Büroraum hinter der Rezeption.
    Serena saß neben ihm auf einem Metallstuhl, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Das schwarze Haar hing ihr zerzaust ins Gesicht. Müde stemmte sie sich aus dem Stuhl, trat hinter Stride und massierte ihm die verspannten Schultern.
    Dann beugte sie sich vor und flüsterte: »Wir müssen das nicht tun.«
    »Ich schon. Ich muss die Wahrheit wissen.«
    Serena seufzte. »Wie du willst.«
    Stride wusste, dass sie Recht hatte. Es wäre besser gewesen, einfach zu gehen. Er wusste bereits, was sie finden würden, wenn der Wagen da war. Und wenn er die Wahrheit kannte, würde er sich wünschen, er hätte sie mit Bob in der Wüste sterben lassen.
    Aber er konnte jetzt nicht aufgeben. Das Foto hatte ihn hierher geführt. Von der Wüste über den Flughafen zu der Autovermietung war er der Spur gefolgt, die für ihn hinterlassen worden war. Es war alles so offensichtlich, dass er sich fragte, ob vielleicht alles so arrangiert worden war, nur damit er es herausfand.
    Serena nahm ihm den Kaffeebecher aus der Hand, trank einen Schluck daraus

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