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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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zum Haus wurde von innen geöffnet und Ben erschien auf der Veranda. In den Händen hielt er einen Umschlag.
    Er wirkte unsicher. Ein Haltung, die man selten an ihm sah.
    „Wie geht es dir?“, fragte er vorsichtig.
    „Es geht mir gut. Schliesslich ist das alles einfach nur lächerlich. Ich schäme mich fast für meine Reaktion, denn sie bedeutet, dass ich der Idee deiner Mutter Glauben schenke und das tue ich nicht. Das wäre reiner Irrsinn.“
    „Es klingt schon ziemlich weit hergeholt. Aber irgendwie eben doch nicht. Und langsam habe ich davon die Nase gestrichen voll. Ich will Klarheit. Ein für alle Mal.“
    „Die will ich auch.“
    Und wie.
    „Gut. Dann wäre es doch an der Zeit, das Geheimnis um deinen mysteriösen Auftraggeber zu lüften, oder?“ Ben interpretierte Emmas Schweigen als Zustimmung. Er öffnete den Umschlag. Daraus hervor zog er ein Foto. „Einfach mal angenommen, das Kind lebt, dann darf man davon ausgehen, Martin war auch noch am Leben. Ein Mann namens Martin Knecht stellt sich dir vor. Ausgerechnet dir. Warum? Und wer ist dieser ominöse Auftraggeber? Die alles entscheidende Frage. So entscheidend, dass keiner danach gefragt hat, wie dieser Martin eigentlich aussieht. Ich glaube, dieses Rätsel lässt sich lösen. Das Foto ist zwar alt, aber vielleicht hilft’s.“ Er hielt Emma das Bild hin. „War dein Auftraggeber entgegen aller Vernunft wirklich Martin, dann kannst du ihn auf diesem Foto vielleicht identifizieren. Ein anderes hat meine Mutter leider nicht.“
    Auf dem Bild waren eine Menge Menschen abgebildet. Untypisch für die damalige Zeit: Alle lächelten.
    Emma wurde unheimlich zumute.
    Familie Reich. Das war sie nun also. All die Namen bekamen auf einmal Gesichter.
    „Zeig mir Martin“, forderte Ben.
    Emma schluckte. Es kostete sie einige Überwindung, die Personen auf dem Bild genau zu studieren. Sie musterte Gesicht für Gesicht.
    Tatsächlich erkannte sie jemanden. Sie entdeckte Alice in der hintersten Reihe. Hübsch wie heute strahlte sie in die Kamera.
    „Deine Mutter, stimmt’s?“, Emma tippte auf das Bild.
    Ben sah genauer hin und nickte. „Stimmt.“
    Seine Mutter. Dann war da auch ihre Mutter auf dem Foto?
    Nein. Absurd. Idiotisch.
    Emma schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich.
    Sie war beinahe am Ende der vordersten und damit letzten Reihe angekommen. Der Mut verliess sie.
    Emma betrachtete das zweitletzte, dann das letzte Gesicht.
    Er war nicht drauf. Martin, der Auftraggeber, war nicht auf dem Foto.
    Oder doch…?
    Ihr Blick wanderte noch einmal zum Zweitletzten auf dem Bild. Sie nahm das Foto in beide Hände und hielt es ins Licht der Verandabeleuchtung.
    Gespannt beobachtete Ben ihr Verhalten.
    Emma senkte die Hände wieder, gab Ben das Foto zurück. Sie deutet auf einen Mann der am Ende der vordersten Reihe stand.
    „Der hier. Er ist es. Er hat sich zwar körperlich verändert und er wirkte viel gebrechlicher, aber seine Augen, der Mund, die Grösse… Er ist es.“
    Ben nickte. Stumm ging er zurück ins Haus. Er zeigte der angespannten Alice den Mann, auf den Emma gezeigt hatte. Entsetzt schlug sich Alice die Hand vor den Mund. „Das ist unmöglich“, wisperte sie.
    Verwirrt sah Ben sie an.
    Alice erwiderte seinen Blick. Und sie erklärte ihre Reaktion. „Das ist nicht Martin. Das ist Antonius.“
    Just in diesem Augenblick erlosch auf der Veranda das Licht.
     
    Aufgewühlt und verstört starrte Emma auf die Tür, durch die Ben verschwunden war. Da knackte es unter der Veranda. Emma fühlte einen einzelnen Lufthauch im Nacken.
    Sie drehte sich um.
    Und blickte direkt in zwei weit geöffnete Augen.
    Der Schrei blieb ihr im Hals stecken.
    Das Gesicht war keine zehn Zentimeter von ihrem entfernt.
    Wie lange hatte er schon dagestanden, direkt hinter ihr?
    Er musste sich unter der Veranda versteckt haben und aufgetaucht sein, als Ben hineinging.
    Sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken.
    Alles ging blitzschnell.
    Er hielt ihren Blick fest, holte mit der rechten Hand aus und traf sie mit einem harten Gegenstand an der Schläfe.
    Sie sackte zusammen.
    Er eilte lautlos auf die Veranda, schloss Handschellen um ihre Hand- und Fussgelenke und warf sie über seine Schulter. Dann eilte er in die Nacht hinaus.
    Der Bewegungsmelder auf der Veranda registrierte keine Bewegung mehr. Und das Licht ging aus.
     

Strang 1 / Kapitel 37
     
    Warum ging das Licht aus? Emma stand doch auf der Veranda.
    Oder etwa nicht?
    Alice und Ben sahen sich an. Beinahe

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