Unscheinbar
nicht geheuer.“
Martin konnte dieses Gefühl gut nachvollziehen. Neben einigen Fässern fand er die gesuchte Schaufel und verliess den Raum.
Sie begruben Miriam knapp unterhalb des Waldes am Fuss einer mächtigen Tanne.
Anschliessend suchten sie in der Umgebung nach dem verschwundenen Vieh. Sie suchten in den umliegenden Schluchten, auf den Anhöhen und durchforsteten Teile der Wälder. Aber von den Tieren keine Spur. Immer weiter wanderte die Sonne Richtung Westen. Langsam drohte die Dunkelheit, aber keiner der beiden Männer verspürte das Bedürfnis in der Alphütte zu übernachten. Also gaben sie auf. Mit einem letzten Blick zu dem einfachen Holzkreuz neben der frisch aufgeschütteten Erde machten sie sich schweigend an den Abstieg.
Was dann auf der Alp geschah, hatte niemand ahnen können.
Strang 2 / Kapitel 6
Einst soll es hinter einer Kapelle ein Bauernhaus gegeben haben. Ein Knecht des Hauses litt an Depressionen. Irgendwann wogen seine Qualen so schwer, dass der Knecht sie nicht mehr länger ertrug. Er nahm sich ein Seil. Einen Teil des Seils knotete er um den Firstbalken. Den anderen band er zu einer Schlinge. Seinen Kopf steckte er durch die Schlinge. Er baumelte nicht lange, da kam der Tod…
In den schützenden Schatten der hereingebrochenen Nacht stand er und belauschte, wie die Rückkehrer ihrer Mutter von den Erreignissen auf der Alp erzählten. Er erfreute sich daran, dass offensichtlich niemand die zweite Leiche gefunden hatte. Dabei war sie doch so nahe gewesen. Direkt unter dem Bretterboden in der Kochnische. Dort lag sie. Das viele Blut, das bei dem sauberen Schnitt durch die Kehle geflossen war, war getrocknet. Schade eigentlich. Es hatte die Erde so schön getränkt. Es drang auch nicht mehr durch die zweite Holzschicht in den Steinsockel, wo es vor nicht allzulanger Zeit noch von der Decke getropft war. Dann waren da noch die wilden Tiere, die vom Verwesungsgeruch magisch angezogen worden waren. An die Leiche kamen sie nicht heran. Dafür rissen sie das ungeschützte Vieh. Aber ein paar Tiere behielt er für sich. Und schlitzte ihnen die Kehlen auf. Dann verbarg er sie ebenso gut wie die menschliche Leiche, und genauso sicher vor äusseren Einflüssen. Schliesslich hatte er noch etwas vor. Dieser Gedanke zauberte ihm ein Lächeln auf das Gesicht. Die Augen begannen zu leuchten, wie bei einem Kind an Weihnachten.
Strang 1 / Kapitel 4
Ben war so tief in die Erinnerung an die vergangenen Tage mit seinen ehemaligen Schulkameraden versunken, dass er das Klopfen schlicht überhört hatte. Dabei pochte es seit geraumer Zeit gegen die Garagentür. Und die Intensität nahm stetig zu. Bis auch noch Rufe folgten.
„Ben? Ist bei dir alles in Ordnung? Oder stellst du dich abwesend? Das gelingt leider nicht, ich sehe das Licht unter dem Garagentor.“
Der aufdringliche Besucher schwieg eine Weile, dann polterte er weiter.
„Ich bin keine deiner Stalkerinnen. Sie stehen auch nicht hinter mir oder so was. Obwohl, die Blonde mit den langen Beinen, die würde ich mir genehmigen.“
„Die würdest du aber nicht kriegen. Leider nicht dein Level.“ Ben schüttelte den Kopf und rieb sich den Nacken, um die Erinnerungen zu vertreiben. Für einen kurzen Moment herrschte Leere in seinem Gehirn und er musste sich umsehen damit er erkannte, wo er sich befand.
Mist. Mutter hatte Recht. Er brauchte Ferien. Damit erhob er sich. Das Foto immer noch in der Hand schlurfte er nicht zum Garagentor, sondern zum Eingang, der in den Keller des angrenzenden Hauses führte. Kurz bevor er durch den Eingang verschwand, rief er: „Vordertür!“
Einen Augenblick später tauchte ein rundliches Gesicht in der Scheibe der leuchtroten Eingangstür auf. Anfänglich nicht erfreut über die Störung musste Ben nun doch grinsen, als er die Tür öffnete.
Tim, optisch kein Frauenheld, aber ein Typ mit einer Menge Humor und bahnbrechendem Charme, drückte die Nase fest an die Scheibe. Gleichzeitig streckte er die Zunge heraus. Er ähnelte einem Muffin nach einer Kollision mit einem Auto.
Obwohl Tim gesehen haben musste, dass Ben die Tür öffnete, geriet er doch aus dem Gleichgewicht und stolperte ihm entgegen.
„Na hoppla!“ Mit einem breiten Grinsen stützte er sich an Bens Bauch ab. „Hast trainiert, was? Ist inzwischen fast so viel Fett dran wie bei mir.“ Tim tätschelte Bens Bauch, und weil er wusste, was folgte, drückt er sich flugs unter dem Arm seines Freundes hindurch und
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