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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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weit grössere Dimensionen hatte. Es bot sich ein Bild des Grauens. Die Hütte, genauso wie die Stallungen waren bis auf die Grundmauern abgebrannt. Nur ein Balken stand noch. Es war der Balken im Tenn. Der Balken, an dem sich in der Nacht davor Miriam erhängt hatte.
     
    Zwischen den Überresten kamen immer wieder Knochen zum Vorschein. Knochen von den Tierkadavern der Herde. Fast ausschliesslich. Würde man näher hinschauen, fände man auch andere Überreste. Menschliche Überreste.
     
    Ruben sah man nie wieder. Man vermutete, dass Miriam sich mit dem Feuer seine Seele geholt hatte.
     
     

Strang 1 / Kapitel 7
     
    Liss lehnte sich zurück. Ihr ernstes Erzählergesicht wich einem triumphierenden Lächeln.
    Währenddessen schaute Emma verdutzt aus der Wäsche. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Das Glas vor sich auf dem Tisch, hatte sie vollkommen vergessen. Seit dem Zuprosten hatte sie es nicht mehr angerührt. Jetzt, wie es so auf dem Tisch vor ihrer Nase stand, schien es genau das Richtige. Wortlos griff Emma danach und leerte es in einem Zug. Unschuldig sah sie zu Liss auf und deutete vorsichtig auf das leere Gefäss. Liss‘ Lächeln wurde etwas breiter, während sie aufstand und für Nachschub sorgte.
    Seltsam. Eigentlich sah sich Emma bisher nicht in der Lage, ein Glas Bier einfach so zu leeren. Abwesend drehte sie das leere Glas in den Händen. Da setzte Liss das frische Bier auf dem Tisch ab. Die Bewegung holte Emma zurück aus ihren Gedanken in die Gegenwart.
    „Okay. Angenommen, das ist alles wahr.“
    Empört schnappte Liss nach Luft.
    Ein Fisch auf dem Trockenen. Emma schob den Gedanken beiseite. „Dann ist das alles ziemlich unglaublich.“
    „Das kann man so sagen. Diejenigen, die all das miterlebt haben, sprechen heute nicht mehr darüber. Das Thema wird einfach totgeschwiegen. Daher sind auch alle etwas empfindlich, wenn nach so langer Zeit wieder jemand auftaucht und nach dem Haus fragt. Sie dürfen den Leuten nicht böse sein, wenn sie Sie meiden.“
    Emma musste die Frage auf der Stirn gestanden haben, denn sie äusserte sie nicht, bekam aber dennoch Antwort.
    „Das Dorf ist nicht besonders gross. Ihre Ankunft hat sich sowieso schon herumgesprochen. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Leute wissen, wonach Sie hier suchen. Sie werden kaum einen Schritt unbeobachtet machen können.“
    Beruhigende Aussichten. „Gut. Dann weiss ich ja Bescheid. Vielen Dank für die Aufklärungen.“ Emma schob sich unter dem Tisch hervor und stand auf. „Ich werde mir jetzt eine Runde Schlaf gönnen. Was macht das?“ Sie zeigte auf die beiden Gläser. Der Pegel des zweiten war mittlerweile ebenfalls auf den Nullpunkt gesunken.
    „Ach, lassen Sie stecken. Ich setze es auf die Hotelrechnung.“
    „Einverstanden. Gute Nacht.“
     
     

Strang 1 / Kapitel 8
     
    Am nächsten Morgen wachte Emma mit Kopfschmerzen auf. Am Bier konnte es nicht liegen. Wie sie gestern noch erfahren hatte, hatte sie lediglich zwei, wie nannten sie es noch? Minis. Ja, zwei Minis hatte sie getrunken. Wieviel waren da drin? 2dl pro Glas? Keine Ahnung, jedenfalls nicht genug, um diesen pochenden Schädel zu verursachen. Die Bergluft? Litt sie unter Smog-Entzug? Oder lag es an dem seltsamen Traum der letzten Nacht? Sie hatte alle Geschichten, die sie bisher über diesen Ort und diese Familie gehört hatte, irgendwie durcheinandergemixt und einen ganz eigenen Traum daraus kreiert.
    Aber was es auch war, der Schmerz musste weg. Sie rollte sich unter der weichen Daunendecke hervor und setzte die Füsse neben das Bett. Der Teppichboden war zwar nicht das, was Emma als hygienisch bezeichnete, aber sie musste gestehen, die Berührung der Zehen mit dem warmen, weichen Untergrund hatte was. Da konnte der Parkettboden der modernen Innenausstattung nicht mithalten.
    Sie erhob sich, suchte ihre Toilettentasche und ging in ihr kleines Badezimmer.
    Nach einer Kopfschmerztablette und einer heissen Dusche ging Emma wesentlich besser gelaunt und schmerzfreier hinunter in das Restaurant.
    Kaum hatte sie sich an einen Tisch gesetzt, wirbelte auch schon Liss herbei. Sie schien bessere Laune zu haben als am Vortag. Vielleicht guter Versöhnungssex.
    „Guten Morgen. Gut geschlafen und bereit für das Haus der Reichs?“ Fröhlich lächelnd stand Liss an Emmas Tisch. Sie schien nicht zu bemerken, wie die wenigen Anwesenden teils zusammenzuckten, teils neugierig aufsahen. Emma hingegen bemerkte es sehr wohl. Kein Wunder, wussten alle hier im Nu

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