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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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Bescheid über ihr Vorhaben. Dass dieser Umstand an unüberlegten Fragen der Kellnerin liegen könnte, hatte Liss am Vorabend natürlich nicht erwähnt.
    Emma riss sich zusammen. „Bis auf die Kopfschmerzen ist alles bestens. Danke der Nachfrage.“
    „Ah, die Föhnwinde.“ Liss nickte wissend. Dann wechselte sie das Thema. „Kaffee?“
    „Klingt toll. Habt ihr auch was zum Frühstück?“
    Liss grinste. „Sicher. Aufschnitt, frisches Brot, Käse, Confitüre, Butter, Honig. Auf Wunsch gibt’s noch ein Ei. Möchten Sie ein Ei?“
    „Das klingt fantastisch. Ein Dreiminutenei wäre hervorragend.“
    „Wird geliefert.“ Damit wirbelte sie wieder weg.
    Emma sah sich um. Ein paar wenige Gestalten sassen schweigend auf ihren Holzstühlen und nippten an ihrem Kaffee. Ab und an stand einer auf, wünschten einen schönen Tag und ging. Mehr wurde nicht gesprochen. Obwohl die meisten der wenigen Anwesenden um den Stammtisch versammelt sassen. Man kannte sich, aber Worte wechseln musste man dennoch nicht. Das war irgendwie schön. Emma erinnerte sich an die Besuche in den Restaurants der Stadt. Das war wie in einem Bienenschwarm. Überall wurde geplappert, gestritten, gelacht und gelärmt. Geschirr klapperte, Handys surrten und die Menschen gaben sich die grösste Mühe extrem schlecht oder übertrieben gut gelaunt zu sein. Hier schien sich keiner zu verstellen. Kämen diese Menschen mit einem Leben in der Stadt klar? Wahrscheinlich nicht. Da stellte sich natürlich unweigerlich die Folgefrage. Wie viele von ihnen hatten denn ihre kleine Welt schon verlassen und über die Bergwipfel hinausgeschaut? Wohl die wenigsten.
    Gleichzeitig musste Emma aber auch selbstkritisch sein. Wie oft hatte sie sich in den Bergen aufgehalten und nicht nur die Schönheit genossen, sondern sich mit dem Leben dort auseinandergesetzt? Nun, die Antwort lag auf der Hand. Eigentlich nie.
    Dann wurde es höchste Zeit. Zumindest in diesem besonderen Fall.
     
    Sie stieg in ihren Mini und fuhr nach Liss und Martins Beschreibung. Dabei fuhr sie über eine hübsche Brücke, dann zum Dorfausgang. Dort zögerte sie kurz. Ob sie hier rechts abbiegen oder weiter geradeaus fahren musste? Sie entschied sich dann aber für geradeaus. Nach einem kurvigen Anstieg, bei dem sie die Häuser bald hinter sich gelassen hatte, kam sie zu der besagten Abzweigung. Und fuhr prompt daran vorbei. Emma bemerkte ihren Fehler, fluchte kurz und wendete. Sie bog ab und fand sich auf einem verwucherten Schotterweg wieder. Sie hoffte inständig, dass ihr kleines Fahrzeug nicht zu viele Steine aufwerfen würde, die den Lack zerkratzen konnten. Auch dieser Weg bestand nach einer längeren Geraden aus einer Aneinanderreihung von Kurven. Die Umgebung glich einem Märchenwald. Vereinzelte Sonnenstrahlen verirrten sich durch das Blätterdickicht der hohen Bäume und durchbrachen die Luft mit Pfeilen aus Licht. Kleine Partikel tanzten in den Sonnenstreifen wie kleine Elfen. Alles lag in einer angenehmen Ruhe. Nur der Wind rauschte ab und an durch das Laub und hie und da raschelte es im Unterholz. Anzeichen dafür, dass man nicht alleine war, obwohl man es in dieser Idylle leicht glauben könnte. Hie und da durchbrachen die Rufe von Vögeln die Stille auf erfrischende Weise. Und natürlich das Motorengeräusch eines roten Mini Coopers. Nur war das etwas weniger erfrischend. Um nicht zu sagen unpassend und störend. Und genauso sollte sich Emma auch bald fühlen.
     
    Langsam begann sie sich zu fragen, ob sie richtig war. Der Weg war zwar eindeutig da. Aber war das Haus wirklich so weit abseits? Da würde sie nur schwer Intressenten finden. Vielleicht ein Hotelier? Die standen doch darauf mit Abgeschiedenheit für die perfekte Erholung gestresster Gemüter zu werben. Zudem konnte man von hier sicherlich gut wandern gehen. Vielleicht könnte man sich auch die Spukgeschichten zunutze machen. Das könnte hinhauen. Mal sehen, wie gross das Grundstück und das Haus waren.
    Emma begann sich mit dem Gedanken bereits anzufreunden, als sich der Wald hinter einer weiteren Biegung plötzlich lichtete. Sie drosselte das Tempo und blickte sich staunend um. Ein geräumiger Platz, der wie eine Art Kehrplatz wirkte, lag vor ihr. Zur Rechten stand so etwas wie eine Bretterruine, die vielleicht einmal ein Schuppen gewesen war. Den grössten Teil dieses Etwas hatte sich die Pflanzenwelt geholt. Aus den Brettern ragten einige rostige Metallteile heraus.
    Emma ahnte, dass sie am Ziel war. Nur handelte es

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