Unscheinbar
genug weglief.
Aber das Krankenhaus wusste darüber natürlich nichts.
„Und jetzt gehen wir nach Hause.“ Joschua trat neben seinen schwarzen Porsche 911 Turbo und öffnete die Tür. Die Fahrertür.
Emma war nicht der Typ Frau, dem immer die Tür aufgehalten werden musste. Aber auf jeden Fall war sie der Typ Frau, der dies als kleine Geste der Aufmerksamkeit, des Verwöhnens nach den Strapazen, geschätzt hätte.
Eigentlich wunderte sie sich nicht weiter darüber, dass er sich selbst wie immer den Vorrang gab, egal, ob sie angeschlagen und verletzt neben ihm am Strassenrand stand. Dennoch ärgerte es sie.
„Gute Idee. Du fährst nach Hause. Ich bestelle mir ein Taxi. Danke für deinen Besuch.“
Joschua sah nur, wie sich ihre Lippen bewegten. Hören konnte er sie im Innern des Wagens nicht. Er kurbelte das Fenster hinunter und liess sie ihre Worte wiederholen.
„Wie bitte? Warum willst du ein Taxi bestellen? Und wohin?“
Emma bemerkte, dass ihre Nerven das Spielchen noch nicht mitmachen wollten. Um nicht gleich auszurasten, holte sie tief Luft, bevor sie antwortete. „Eigentlich geht dich das überhaupt nichts an. Aber du hast dich doch bereit gefunden hierher zu fahren. Ich habe noch nicht herausgefunden, was für dich dabei herausspringt, also deklariere ich dein Unterfangen vorerst als eine nette und selbstlose Geste. Daher werde ich im Gegenzug ebenfalls versuchen, nett zu sein. Ich hatte kürzlich einen Autounfall und ich weiss nicht, wie das passiert ist. Ergo will ich jetzt erstmal zu meinem Auto.“
„Zu deinem Auto?“ Joschua schien über seinen nächsten Schritt nachzudenken. „Gut. Hat man dir mitgeteilt, wo das Auto ist?“
„Warum?“
„Weil ich dich fahren werde.“
Nach wie vor skeptisch entschied Emma dieses Angebot nicht auszuschlagen. Bevor er sich‘s anders überlegen konnte, ging sie um den Porsche herum und öffnete die Beifahrertür. Mit ihrem schmerzenden Rücken hatte sie reichlich Mühe sich in den tiefen Wagen hineinzusetzen, schaffte es schlussendlich aber. Als sie die Tür zuschlug und Emma zu Joschua aufsah, erkannte sie einen Hauch von Ungeduld auf seinen Gesichtszügen. Eigentlich wollte sie sofort wieder aussteigen, doch das würde sie kaum innert nützlicher Frist zustande bringen. Also liess sie es bleiben und atmete erneut durch.
„Also. Wohin?“
„Ich bin mir nicht sicher, aber ich würde spontan vorschlagen, wir fahren zu Walter. Wenn er ihn nicht hat, dann weiss er bestimmt, wo mein Mini ist.“
„Was macht dich da so sicher?“
„Mein Unfall war gestern. Das ganze Dorf weiss seit gestern, wo mein Auto ist.“
Joschua’s Blick verriet die reine Skepsis.
„Glaube mir, ein Buschfeuer verbreitet sich im Schneckentempo gegen die Gerüchteküche des Dorfes.“
„In Ordnung. Dann will ich dir mal glauben. Und wo ist Walter?“
Interessante Fragenstellung.
Emma musste schmunzeln. „Fahr los. Ich beschreib dir den Weg.“
Viel zu schnell trieb Joschua seinen Porsche um die Kurven. Aber es hatte keinen Sinn, ihn daran zu erinnern, weshalb Emmas Wagen und auch sie selbst defekt waren. Stattdessen ertrug sie die Tortur und fragte sich bei jedem Holpern und hin und her Rutschen in den ledernen Sportsitzen, weshalb sie eingestiegen war. Der einzige Vorteil war, dass sie bei Walters Garage ankamen, bevor sie Aua sagen konnte.
Sie quälte sich langsam und mit zusammengebissenen Zähnen aus dem Auto. Natürlich hatte sie die Tür selbst geöffnet. Joschua stand bereits beim Eingang zu Walters kleinem Verkaufsraum. Dass er nicht noch mit dem Fuss wippte, war auch alles.
Emma ging schnurstracks an ihm vorbei und trat in den Laden ein. Dabei übersah sie etwas, das Joschua herablassend musterte. Hinter einem grossen silbernen Container blitzte das sportliche Heck eines schwarzen Motorrades hervor.
„Walter?“ Wie sie es von Ben gelernt hatte, rief sie erst nach ihm, ahnte aber bereits, dass er sie nicht hören würde. „Walter? Hörst du mich?“
Ohne eine Antwort abzuwarten spazierte Emma auf die Tür der Werkstatt zu. Joschua folgte ihr in einigem Abstand.
„Walter? Bist du…“ Sie verstummte. Ihr Blick fiel direkt auf eine rote, zerbeulte Karosse am anderen Ende der Werkstatt. Natürlich war es nur ein Auto, aber ihr tat das Herz weh beim Anblick ihres kleinen, treuen Begleiters. Langsam trat sie an den Mini heran. Vorsichtig streckte sie die Hand nach ihm aus. Sanft strich sie mit dem Zeigefinger über die Überreste der Motorhaube. Da
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