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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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um Hilfe bitten muss?“
    „Ach, Rosa! Sag nicht so etwas! Seit du Hans verloren hast, schlägst du dich so gut durch. Niemals hast du Hilfe angenommen, du hast die Wäscherei und die Schneiderei ganz alleine betrieben, bis dein Rücken nicht mehr mitmachte. Ich hätte dir schon viel früher geholfen, aber du hast es ja nicht zugelassen. Jetzt habe ich endlich die Chance, also lass mich diese auch nutzen.“
    „Aber du sollst uns nicht aushalten müssen. Wir wollen nicht schmarotzen. Zumindest ich nicht.“
    Ein Lächeln huschte über Ruths Gesicht. „Ich weiss. Aber bedenke, wir haben hier genügend Platz. Das Haus ist so gross. Es wäre mir lieber, wenn du uns mit deinen Kochkünsten beglücken würdest, als dich hier im Stall zu quälen. Für meine Nichte finden wir schon eine passende Beschäftigung. Ernst und die Jungs werden ihr noch Verstand einhauchen, glaube mir.“
    Dankbar liess sich Rosa von Ruth zu einer Bank vor dem Haus begleiten. Dort angekommen liess Ruth ihre Schwester kurz alleine, um den Eimer mit Milch in die Kanne zu leeren.
    „Welche muss noch gemolken werden?“ Ruth war mit ihrer kräftigen Stimme leicht über den ganzen Hof zu hören. Rosa hingegen musste sich anstrengen, wenn sie laut genug rufen wollte, damit Ruth sie verstehen konnte.
    „Keine mehr.“
    Ruth schüttelte tadelnd den Kopf. „Du Verrückte. Gut. Dann ist jetzt Pause angesagt. Wenn du unbedingt etwas tun willst, stell dich in die Küche. Aber sei dir nicht zu schade, einfach nichts zu tun. Verstanden?“
    Rosa nickte leicht. Ruth wusste genau, dass Rosa die Finger nicht still halten würde. Aber was blieb ihr anderes übrig, als sie zu lassen? Wie konnte Rosas Tochter nur ein solch extremes Gegenteil ihrer Mutter werden? Sie würde es herausfinden. Jetzt sofort.
    „Ich werde mich währenddessen mal auf die Suche nach deinem Balg machen, ja?“
    Ruth wartete kurz das zustimmende Nicken ihrer Schwester ab und ging dann zurück in den Stall. Sie durchquerte ihn und trat auf der hinteren Seite wieder nach draussen. Es war ihr nicht wohl beim Gedanken, so viel Arbeit zurückzulassen, aber das musste jetzt einfach sein. Nur einmal.
    Hinter dem Stall tat sich die offene Wiese auf. Das Gelände stieg an, bis das helle Grün in das dunklere des Waldes überging und der schliesslich im Grau der Berge endete. Da Ruth keine Ahnung hatte, wohin sie eigentlich gehen sollte, entschied sie die Richtung nach Gefühl.
    Silina war faul. Die Wiese führte bergauf und Unterholz lag ihr nicht besonders. Also der Weg des geringsten Widerstandes. Ruth drehte sich um und ging als erstes an den Aussenwänden des Stalls entlang.
    Keine Silina. Das wäre auch zu einfach gewesen.
    Dann doch die Wiese. Ruth entschied, das Land einfach zu durchqueren. Sie wanderte bis zum Waldrand. Immer wieder rief sie nach Silina, hielt Ausschau und spähte in den Wald. Nichts. Entweder wollte sie nicht hören oder sie war weiter gekommen, als Ruth angenommen hatte. Der Stand der Sonne verriet Ruth, dass sie seit über einer Stunde unterwegs war. Obwohl sie mit jeder Minute mehr Lust hatte, der Kleinen die Leviten zu lesen, musste sie zurück. Sie durfte ihre Pflichten nicht länger vernachlässigen. Schliesslich hiess sie nicht Silina.
    Die Kleine würde zurückkommen. Spätestens wenn es dunkel und sie hungrig wurde.
    Aber sie kam nicht.
     
    Die Nacht brach herein, die Männer waren zurückgekehrt, Rosa hatte sich um das Essen gekümmert und Ruth alles aufgeholt, was sie liegen gelassen hatte. Doch Silina blieb verschwunden.
    Ernst hatte mit aufsteigender Wut Ruths Geschichte gelauscht. Inzwischen war der Ärger aber Sorge gewichen.
    „Wo kann sie nur sein?“ Gregor stocherte abwesend in den Resten auf seinem Teller herum.
    Keiner wusste eine Antwort. Schliesslich wurde es so still im Raum, dass nur noch die Kuckucksuhr mit ihrem leisen Ticken zu hören war.
    „Mist!“ Mit einem Ruck schob Martin den Stuhl zurück, dass er umkippte und krachend auf dem Boden aufschlug.
    Rosa und Ruth zuckten über der heftigen Reaktion zusammen. Antonius, Gregor und Ernst sahen Martin nur fragend an.
    „Du wwwillst sie suchen?“ Antonius betrachtete seinen Bruder gutmütig.
    Martin erwiderte nichts. Er schaute nur auffordernd in die Runde. Da erhob sich Gregor. Mit Bedacht schob er seinen Stuhl zurück. „Na, dann los.“
    „Jungs, bald wird es stockfinster sein.“ Besorgt beobachtete Ruth, wie sich die Situation entwickelte.
    „Mmama, ich bbleibe bei dir uund paass

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