Unscheinbar
sich handelte.
Neben ihr auf der Erde lag zerbrochen eine Statue der heiligen Jungfrau Maria. Emma wurde unheimlich zumute.
Wenn das kein schlechtes Omen war...
Schaudernd verliess sie das Gelände ohne dem Pfarrer von der zerstörten Figur zu berichten.
Er hielt sich hinter dem Mauervorsprung der Öffnung im Kirchturm verborgen. Neben ihm hing schwer die riesige, gusseiserne Glocke. "Die Nachtspinnerin soll das gewesen sein. Die Tochter glaubte ihrer Mutter aber nicht. Sie sprach nur von dem steinernen Heiligenbild auf der Brücke. Doch beim Näherkommen erkannte auch die Tochter, dass auf der Brücke eine Frau im schneeweissen Gewand sass. Die Mutter bekreuzigte sich respektvoll, die Tochter ging Lieder singend über die Brücke", flüsterte er grimmig vor sich hin. "Und was war dann? Die Tochter erblindete. Und in meiner eigenen Interpretation dieser erheiternden Geschichte starb das faule Ding von Tochter. Erschlagen von der Jungfrau Maria, dem Heiligenbild auf der Brücke. Und dir, meine Liebe, hat die gute Jungfrau wohl einen ganz schönen Schrecken eingejagt."
Und wie wundervoll sich seine Taube in den Himmel erhoben hatte, nachdem die Statue abgestürzt war. Ganz zufällig, natürlich.
Er kicherte.
Das war ein erheiterndes Zwischenspiel gewesen. Nun galt es aber, sich wieder den aufwendigeren Inszenierungen zu widmen.
Strang 1 / Kapitel 19
Scheinbar ziellos wanderte sie durch die Strassen. Schliesslich stand sie wieder dort, wo sie noch vor Kurzem Rat gesucht hatte.
Grübelnd musterte sie die Aussenfassade des Gebäudes, in dem die Polizei ihren Sitz hatte.
Konnte Kevin ihr noch einmal helfen?
Kevin. Mist.
Sie hatten ihm nicht Bescheid gegeben, dass sie sein Haus verlassen hatten. Ob dem überstürzten Aufbruch war das vollkommen vergessen gegangen. Emma wollte erneut in die Station eintreten. Sie drückte die Türfalle, diese rührte sich aber nicht.
Abgeschlossen.
Sie spähte durch das winzige Fenster in der Tür. Der kleine Warteraum war leer, der Schalter geschlossen. Die Station schien verlassen.
Emma wollte gerade gehen, als sie etwas Scheppern hörte. Das Geräusch kam von der Rückseite des Gebäudes. Kurzerhand ging sie um das Haus herum. Sie fand ein Auto vor, dessen Kofferraum offen stand. Hinter dem Kofferraum lagen eine zerbrochene Flasche und eine Pfanne auf dem Erdboden. Kevin, der fluchend aus der Hintertür der Station trat und sich die Hände an einem Tuch abwischte, machte das Bild komplett.
„Was ist passiert?“
Erstaunt sah er auf. Er wirkte, als hätte er nicht mit Besuch gerechnet. „Chronische Überschätzung der Kapazität der eigenen Arme.“
„Du hast zu viel auf einmal tragen wollen.“
„So ist es.“
Kevin erntete einen verständnisvollen Blick. „Ich wollte mich eigentlich nur zurück melden.“
„Und, seid ihr fündig geworden?“
„Irgendwie ja, irgendwie nein. Leider konnten wir nicht alle Akten ansehen, denn plötzlich kam jemand nach Hause.“
Kevin machte grosse Augen. „Nicht dein Ernst! Wer denn? Hat man euch gesehen?“
„Ich weiss nicht, wer ins Haus kam, aber gesehen hat man uns nicht. Du solltest also keinen Ärger bekommen.“
Erleichtert atmete Kevin auf. Er verschwand erneut in der Station und kam gleich darauf mit Kisten beladen wieder raus. Beinahe wäre ihm ein weiteres Mal eine Schachtel unter dem Arm hindurch entwischt. Emma sah die Gefahr kommen und reagierte prompt. Sie fing die Wärmeplatte auf, bevor sie auf den Boden klatschte.
„Komm, ich helfe dir.“ Sie legte die Wärmeplatte ins Auto und nahm ihm dann noch eine Kiste ab, die sie fein säuberlich in den Kofferraum stapelte. „Zieht ihr um?“
„Nein. Die Sachen hat uns Alice zur Verfügung gestellt. Wir hatten vor nicht allzu langer Zeit eine grössere Veranstaltung und Alice hat für uns gekocht, weil Mara krank wurde. Ich dachte, ich bring ihr das Zeug endlich mal zurück.“
Alice?
„Bens Mutter?“
„Ja. Kennst du sie?“
„Ich war kurz mal bei ihr.“
„Natürlich. Sie war ja auch bei den Reichs angestellt gewesen, bis…“ Kevin biss sich auf die Unterlippe als hätte er zu viel gesagt.
„…bis sie schwanger wurde?“
„Das weisst du auch?“ Kevin schien ernsthaft überrascht.
„Sie hat es mir erzählt. Ist das so ungewöhnlich?“
Kevin wich Emmas Blick aus. Und so etwas nannte sich Polizist.
„Nein. Nicht ungewöhnlich.“ Er verschwand erneut und kehrte beladen zurück.
„Aber?“
„Nichts aber. Ich wundere
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