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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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würde mich gerne noch einmal mit dir unterhalten, wenn du einverstanden bist.“
    Alice schien unsicher. Sie zögerte einen Moment. Aber dann nickte sie. „In Ordnung.“
    „Emma, wenn du zurück ins Dorf möchtest, rufst du mich an, ja? Dann hol ich dich ab.“
    „Das ist lieb von dir, Kevin, aber ich werde sie zurückfahren. Oder vielleicht ist Ben bis dann zurück. Dann musst du nicht extra noch einmal hier raus kommen“, lautete Alice Gegenangebot.
    Emma bekam ein schlechtes Gewissen. „Oder ich laufe. Ein Spaziergang tut gut und Umstände machen möchte ich euch nicht.“
    „Wie ihr es wünscht, meine Damen.“ Kevin zog einen imaginären Hut und liess Alice und Emma in der Waschhütte zurück.
    Kurz darauf hörten die Frauen, wie der Motor gestartet wurde und sich das Geräusch entfernte.
    „Das bleibt doch aber nicht so, oder?“ Emma liess ihren Blick über die Kisten schweifen.
    „Nun, nein.“ Alice stützte die Hände die Hüften und seufzte leise auf. „Es macht Spass, Dinge zur Verfügung zu stellen, wenn es den Leuten hilft, aber das Zeug anschliessend wieder wegräumen ist eine langweilige Sache.“
    „Ich helf‘ dir. Zu zweit werden wir schnell fertig sein. Du musst mir nur sagen, wohin damit.“
    Die Frauen begannen mit vereinten Kräften das Material wegzuräumen.
    Ahnungslos.
     
    Der Lichtschimmer aus der Hütte warf einen sanften Schein auf die umliegenden Felsen. Beinahe wie ein heller Schutzkreis. Aber dahinter kamen die Schatten.
    Er hielt sich zwischen den Sträuchern hinter dem Fels verborgen. Von diesem Platz aus hatte er einen guten Blick auf das Gelände.
    Er verliess den Schutz der Dunkelheit nur ungern. Manchmal ging es aber nicht anders.
    Jetzt, da die Frauen offensichtlich in der Hütte blieben, musste er das Risiko auf sich nehmen. Denn Rückzug kam für ihn nicht in Frage. Wo bliebe da der Spass?
    Er hatte auf einen geeigneten Moment gewartet, in dem alle notwendigen Voraussetzungen für sein kleines Spielchen erfüllt waren. Dieser Augenblick war jetzt gekommen.
    Zwar hatte er insgeheim gehofft, sie würden in das Haupthaus zurückkehren. Einfach, weil der Effekt grösser gewesen wäre. Ein wenig enttäuscht war er. Aber das war schnell vergessen.
    Er spürte, wie das heisse Kribbeln in ihm aufstieg. Es begann tief im Magen und breitete sich in jede Faser seines Körpers aus.
    Er war bereit. Bereit für den nächsten Zug in seinem Spiel.
    Leise schlich er sich aus der Deckung. Die Hütte fest im Blick.
    Er sah, wie beide Frauen ihm den Rücken zukehrten. Er trat noch näher an die Hütte heran. Dann blieb er ruhig stehen. Auf offenem Feld. Schutzlos. Er stand einfach da und sah sie an.
    Und sie bemerkten nichts.
    Er würde stehen bleiben und ihnen zusehen. Solange, bis er Gefahr lief, entdeckt zu werden. Bis eine sich umdrehte. Dann würde er wieder eins mit der Nacht.
    Die Frauen bekämen davon nichts mit.
    Ahnungslose Mäuschen, während die Katze auf der Lauer lag.
    Jetzt.
    Er trat zwei Schritte beiseite und verschmolz mit dem Schatten, den der alte, hohe Hasenstall warf.
    Er zog seine Fussspitze zurück, gerade als Emma sich umdrehte.
    Sie griff nach der nächsten Kiste, hielt dann aber plötzlich inne. Die Dauer eines Wimpernschlags. Länger ging der Moment nicht. Sie blickte nach draussen in die Dunkelheit der Nacht. Genau dorthin, wo ein Sekundenbruchteil vorher eine schwarze Schuhspitze im Schatten verschwunden war.
    Eine kleine Falte zeichnete sich zwischen ihren Brauen ab.
    Dann war der Augenblick vorbei.
    Emma packte die Schachtel und reichte sie Alice.
     
    Seine Haut kribbelte. Das war besser als alles bisher. Sie war besser als alles bisher. Nur eine hatte es gegeben, die ihr vielleicht hätte das Wasser reichen können. Doch das herauszufinden war ihm leider nicht vergönnt gewesen.
    Lange ist es her…
    Die Wut kochte wieder in ihm hoch.
    Sein Lächeln erlosch. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
    Beinahe hätte er gegen das Holz geschlagen. Die Wut war einfach zu übermächtig.
    Er biss fest die Zähne zusammen. Sie knirschten leise.
    Dann hatte er sich wieder im Griff. Seine Muskeln lockerten sich, die Hände wurden entspannter. Vorsichtig spähte er aus seinem Versteck hervor.
    Hatten sie ihn gehört?
    Scheinbar nicht.
    Die Frauen räumten unbeirrt weiter.
    Gut.
    Er passte den Augenblick ab, in dem sie ihm beide wieder den Rücken zuwandten.
    Erneut verliess er seine Deckung.
     
    Die Hütte war in zwei Räume unterteilt. Die Trennung bestand teils

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