Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
Vom Netzwerk:
wohlverdienten Nachtruhe überlassen.
    „So. Ich werde jetzt schlafen gehen.“ Alice erhob sich von ihrer Ofenbank und setzte die leere Teetasse auf dem Tisch ab. „Aber zuerst werde ich noch duschen. Ich stinke wie die Würste in Metzger Meiers Räucherkammer.“
    Sie lächelte Ben und Emma gewinnend an. „Ihr beide solltet euch auch bald hinlegen. Der Tag kommt in Kürze und die Nacht war lang. Ihr braucht den Schlaf.“
    An Emma gewandt fügte sie an: „Du wirst hier bleiben. Ben wird dir das zweite Gästezimmer zeigen. Das Bad ist den Gang runter. Frische Handtücher und einen Bademantel findest du im Bauernschrank neben der Badezimmertür. Eine Dusche wird auch dir gut tun. Etwas Frisches zum Anziehen lege ich dir morgen vor die Zimmertür.“ Damit verliess sie den Raum.
    Die Regierung hatte gesprochen.
    „Danke!“, rief ihr Emma hinterher, während sie ihr verdutzt nachsah. Sie erhielt ein Winken zur Antwort.
    Noch eine Weile blieben Ben und Emma schweigend nebeneinander auf dem Sofa sitzen. Die Stille war unangenehm. Emma konnte die Anspannung, die von Ben ausging, förmlich greifen.
    „Willst du deine Fragen nicht loswerden, bevor du platzt?“ Sie sah ihn nicht an. Sie schaute über den Rand ihrer Teetasse hinweg auf die Tischkante des Salontisches.
    Ben hingegen drehte seinen Kopf und hielt sie mit seinen Augen fest. Unter diesem eisernen Blick konnte sie nicht weiter ins Leere starren. Sie wandte sich ihm zu und stellte sich. Ob sie einen Ausbruch erwartet hatte, konnte sie nicht mit Sicherheit sagen. Aber zumindest Wut. Wut aus Besorgnis um seine Mutter, zum Beispiel. Damit hätte sie etwas anfangen können. Auf eine ruhige Frage war sie nicht gefasst gewesen. Diese Fassade liess keinen Blick dahinter zu. Das war ihr unheimlich. Auf einmal war sie auf der Hut.
    „Na gut. Was hast du hier verloren?“
    „Ich habe Kevin mit den Kisten geholfen.“
    Nur die halbe Wahrheit. Was würde er von der Ganzen halten?
    „Kevin kann das sehr gut alleine. Also noch einmal. Was hast du hier verloren?“
    Na gut. „Ich wollte noch einmal mit deiner Mutter sprechen.“
    „Noch einmal?“
    Es war ihm also nicht entgangen. Dann weiter. „Ja. Ich habe sie schon einmal aufgesucht. Da hat sie mir erzählt, sie wäre bei den Reichs angestellt gewesen. Daran wollte ich noch einmal anknüpfen, mit etwas präziseren Fragen. Ich schwöre dir aber, als ich das erste Mal hier war, wusste ich noch nicht, dass sie deine Mutter ist.“ Warum das wichtig war, wusste Emma noch nicht so genau.
    Jetzt spürte sie es. Und sie sah es in seinen Augen. Die Wut, die unterschwellig in ihm brodelte. Auf einmal war es ihr klar. Er gab ihr die Schuld an alledem.
    Warum auch nicht? Scheinbar war hier erst die Hölle losgebrochen, seit sie, Emma, aufgetaucht war. Hätte sie da nicht gleich empfunden wie er, wenn die eigene Familie in Gefahr wäre? Sie hätte.
    Und er hätte sie am liebsten rausgeworfen.
    Weil Emma dafür Verständnis hatte, kam sie ihm auch zuvor. Sie stand auf und während sie die Wolldecke fein säuberlich zusammenlegte, sagte sie: „Ich werde gehen. Am besten dahin, wo ich hergekommen bin. Ich werde euch in Ruhe lassen.“
    Sie ging an ihm vorbei. Das letzte, was sie erwartet hätte, war seine Hand um ihr Handgelenk. Aber genau das fühlte sie jetzt. Er hielt sie fest.
    Warum?
    „Nein. Du wirst bleiben. Genau wie ich auch. Es war der Wunsch meiner Mutter, dass du hier bleibst. Sie ist zwar manchmal leichtsinnig, aber die Erfahrung zeigt, dass sie nichts leichtfertig macht. Wenn sie morgen aufwacht und einer von uns ist weg, macht sie uns die Hölle heiss.“
    Trotz ihres Unbehagens musste Emma lächeln. Sie sah auf Ben hinunter.
    Plötzlich fühlte sich der Griff um ihr Handgelenk zu fest an. Die Hand zu warm.
    Emma schluckte. Dieser Mann war einfach zu viel.
    Als hätte er ihre Gedanken gehört, liess er sie los.
    Gut. Oder?
    Sie musste diese verwirrenden Gedanken loswerden. Falsche Zeit, falscher Ort. „Was denkst du, werden die Brandermittler herausfinden?“
    Ben stand ebenfalls auf. Er sammelte das Geschirr ein und ging an ihr vorbei in die Küche. Der Bann war gebrochen.
    Er stellte das schmutzige Geschirr in die Spüle und kam anschliessend zurück. „Wir werden sehen. Ich zeige dir jetzt das Gästezimmer.“
     
    Im Bericht der Brandermittler stand schlussendlich, dass der Brandherd beim Elektroofen lag. Sie gingen davon aus, dass der Ofen nicht ausgeschaltet worden war. Es gab einen Kurzschluss an der

Weitere Kostenlose Bücher