Unschuldig!
gleich wieder, als er sie erneut brutal an sich drückte. “Antworte schon.”
“In der Schreibtischschublade”, flüsterte sie, als er seine Hand gerade so lange von ihrem Mund nahm, dass sie etwas sagen konnte. “Viel ist es aber nicht …”
Die Waffe bohrte sich tiefer in ihre Seite und ließ Julia erstickt wimmern. “Spiel keine Spielchen mit mir, Julia. Du weißt, wovon ich rede.”
Er kannte sie! Und er wollte weder Geld noch Sex. Aber was dann?
“Das Band, Julia”, sagte er ungeduldig. “Das Audioband deines Bruders. Dein Mann hat es versteckt, und du wirst mir erzählen, wo es ist.”
Jordans Band. Er dachte, dass
sie
es hatte. Die Forderung war so lächerlich, dass ihre Furcht einen Moment lang wie weggewischt war und von dem absurden Wunsch ersetzt wurde zu lachen. Dachte er tatsächlich, dass sie nicht der Polizei das Band gegeben hätte, wenn es in ihrem Besitz gewesen wäre, um sich von dem Verdacht reinzuwaschen, der ihr anhing?
Tränen schossen ihr in die Augen. “Ich habe es nicht”, sagte sie mit erstickter Stimme. “Paul hätte niemals …”
“Denk nach, Julia, denk nach. Du kanntest ihn. Du weißt, wie er gedacht hat. Wenn er in diesem Haus etwas verstecken wollte, wo wäre das wohl?” Der Lauf der Waffe bohrte sich wieder ein Stück tiefer in ihre Seite. “Hilf mir, Julia, sonst töte ich dich auf der Stelle.”
Er legte eine kurze Pause ein, dann fuhr er mit bösartigem Tonfall fort: “Oder … oder ich fange mit dem Jungen an. Wie würde dir das gefallen, Julia? Soll ich Andrew holen? Ich weiß, wo er ist. Ich habe ihn die letzten Tage beobachtet.” Die letzten Worte sang er auf eine Weise, als wollte er mit ihm Verstecken spielen.
Entsetzen schnürte ihr den Hals zu. “N-nein”, flehte sie ihn an. “Tun Sie ihm nichts, bitte.”
Er lachte leise. “Wirst du gehorchen?”
“J-ja.”
Sie kämpfte gegen die Furcht an und atmete kurz und flach, während sie versuchte, ruhig zu bleiben und rational zu denken. Er würde sie so lange nicht töten, wie er dachte, dass sie wusste, wo sich die Kassette befand. Zeit. Sie musste Zeit gewinnen.
Sie sah zum Foyer und hoffte, dass Steve einen leichten Schlaf hatte. Wenn sie ihm irgendein Signal zukommen lassen konnte, ohne sich zu sehr in Gefahr zu bringen, dann würde sie das hier vielleicht überleben können.
“Ich werde langsam ungeduldig, Julia.”
“Ich … ich überlege. Ich versuche …”
“Du spielst auf Zeit.” Er stieß sie gegen einen Stuhl. In der Stille der Nacht kam das Kratzen von Holz auf dem Kachelboden einer Explosion gleich.
Sie fühlte, wie er sich versteifte. Er drückte seine Hand wieder fest auf ihren Mund, und einen entsetzlichen Augenblick lang glaubte sie zu ersticken. Dann lockerte er seinen Griff, und sie konnte wieder atmen. Ihr Blick klebte an der Decke.
Bitte, Steve, Dad. Wacht auf.
Als einige Sekunden verstrichen und nichts geschehen war, lachte der Mann nervös auf. “Ich schätze, deine beiden Gäste haben nicht so einen leichten Schlaf wie du.”
Er wusste, dass Steve und ihr Vater oben waren? Und trotzdem war er hergekommen? Ist er so furchtlos? fragte sie sich, als ein erneuter Anflug von Panik sie erfasste. Oder ist er einfach nur verrückt?
Sie hatte keine Chance weiter zu überlegen. Ohne Vorwarnung wurde sie von einer gewaltigen Wucht getroffen und gegen die Kochinsel geschleudert. Eine Kupferpfanne, die auf dem Herd stehen geblieben war, fiel scheppernd zu Boden. Julia ging auf alle viere hinunter, griff nach dem Kessel und rappelte sich wieder auf.
Sie hörte Kampfgeräusche, eine Faust, die auf Knochen traf, dann einen lauten, dumpfen Schlag, gefolgt von einem Fluch und schmerzerfülltem Stöhnen.
“Steve!” schrie sie. “Bist du in Ordnung?”
“Ja. Geh aus dem Weg.”
Julia, die den Griff der Pfanne wie einen Baseballschläger in beiden Händen hielt, holte mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte aus, und traf den Einbrecher am Hinterkopf, als er an ihr vorbeirannte.
Sie hätte ebenso gut mit einer Fliegenklatsche nach ihm schlagen können. Ohne aus dem Gleichgewicht zu geraten, stürmte der Mann weiter.
Steve setzte ihm nach und ignorierte den Schmerz in der Seite, in die der Angreifer ihm einen heftigen Tritt versetzt hatte. Als er aber den Fußweg erreichte, war der Mann in der Dunkelheit verschwunden.
Ohne zunächst wieder zu Atem zu kommen, rannte er das kurze Stück zur “Hacienda” zurück. Julia stand blass und aufgelöst mitten in der Küche
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