Unschuldig!
gegenüberstand, verspürte Steve ein vertrautes Ziehen an seinem Herzen, eine Mischung aus Sehnsucht und Freude. “Steve Reyes.” Er nahm die Hand des Jungen, die kraftvoll und kühl war.
“Reparierst du unsere Fenster?” fragte der Junge.
“Eigentlich bin ich der neue Gast.”
Die Hintertür fiel zu, und Julia kehrte zurück. “Ah”, sagte sie. “Wie ich sehe, haben Sie Andrew kennen gelernt.” Sie stellte das Sieb, das nun voller kleiner Erdbeeren war, in die Spüle und begann, sie zu waschen. “Mr. Reyes war so nett, unser Fenster zu reparieren, Andrew, darum habe ich ihn eingeladen, mit uns zu frühstücken.”
“Cool.”
“Übrigens”, sagte Steve, während er die Leiter über die Schulter nahm. “Mir wäre es lieber, wenn Sie beide Steve zu mir sagen würden.” Er deutete auf die Hintertür. “Kann ich hier durchgehen?”
“Natürlich.” Julia ließ sich nicht anmerken, ob sie seine Bitte gehört hatte, ihn mit seinem Vornamen anzureden.
Als Steve alles in den Schuppen zurückgestellt hatte, war der Tisch bereits gedeckt, und Julia goss Andrew gerade ein großes Glas Milch ein.
Der Junge fiel mit dem Hunger und der Begeisterung eines Kindes über die Waffeln her. “Was arbeitest du?” fragte er, während er sein Essen hinunterschlang.
“Andrew! Lass ihn in Ruhe essen und sei nicht so neugierig”, sagte Julia tadelnd.
“Das ist schon in Ordnung.” Steve zerschnitt eine Waffel in vier Stücke, spießte ein Stück mit seiner Gabel auf und tauchte es in den zähflüssigen Ahornsirup. “Immerhin wohne ich mit ihm zur Zeit unter einem Dach, da hat er auch ein Recht zu wissen, was ich mache.”
Er wandte sich wieder Andrew zu und fuhr fort: “Ich bin das, was man einen investigativen Reporter nennt. Das heißt, ich höre mich in der Stadt um, stelle viele Fragen und stecke meine Nase in die Angelegenheiten anderer Leute.”
Andrews Augen betrachteten ihn ernst. “So wie die Polizei.”
“Genau.”
“Mein Onkel Frank ist Polizist.” Andrew ertränkte seine Waffeln in noch mehr Sirup. “Er ist nicht
wirklich
mein Onkel, aber ich nenne ihn trotzdem so. Wir machen viel zusammen.”
“Aha.” Steve bemerkte Julias amüsierten Blick. “Und was macht ihr alles zusammen?”
Andrew zuckte mit den Schultern. “Meistens Baseball. Ich bin im T-Ball-Team in der Schule. Ich spiele Shortstop, aber im nächsten Jahr will ich Pitcher werden.” Er sah auf. “Magst du Baseball?”
“Sehr sogar. Leider komme ich nur zum Spielen, wenn mein Freund in der Stadt zu Besuch ist.”
Andrew kaute gewissenhaft. “Wer ist denn dein Freund?”
“Andrew, das reicht.” So sehr sich Julia auch bemühte, ernst zu klingen, verriet das verhaltene Lächeln, dass sie sich gut amüsierte.
“Mich stört das nicht”, sagte Steve. “Ich habe zwei Neffen in seinem Alter, die auch jeden ausquetschen.” Er sah wieder zu Andrew. “Mein Freund heißt Gary Sheffield. Du hast vielleicht …”
Der Junge riss seine Augen ungläubig auf, seine Gabel kam auf halbem Weg zwischen Teller und Mund zum Stillstand. “
Gary Sheffield
ist dein Freund?”
“Ich sehe, dass du von ihm gehört hast.”
“Machst du Witze? Die ganze Welt kennt ihn. Er spielt Outfield bei den Florida Marlins. Er ist
total cool.”
Steve lachte. “Das werde ich ihm sagen, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Vielleicht kann ich ihn dazu überreden, dass er dir einen Baseball mit Autogramm schickt.”
“Wow.” Andrews Gesicht glühte vor Aufregung und Freude. “Das wär ja toll.”
Von der Straße her war ein zweimaliges Hupen zu hören.
“Na komm, Schatz”, sagte Julia und lehnte sich zu dem Jungen hinüber, um den Hemdkragen zu glätten. “Total coole Outfielder müssen jetzt erst mal warten. Dein Bus ist da.”
Andrew trank hastig seine Milch aus und gab seiner Mutter einen flüchtigen Kuss. “Bist du hier, wenn ich zurückkomme?” fragte er Steve.
“Wann bist du denn wieder zu Hause?”
“Viertel vor drei.”
Steve ging im Geist seinen Zeitplan durch. “Ich werde hier sein.”
Der Junge grinste und präsentierte eine breite Lücke, wo seine Milchzähne gewesen waren. “Cool.”
Dann schnappte sich Andrew seine Schultasche von der Kochinsel, warf sie sich über die Schulter und lief nach draußen.
“Reizender Junge”, bemerkte Steve, während er seine Kaffeetasse anhob.
“Er ist auch unerbittlich”, warnte sie ihn. “Wenn Sie nicht so voller Leidenschaft für Baseball sind wie er, sollten Sie sich in
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