Unschuldiges Begehren
um sich die Automaten anzusehen, und verkündete nach ihrer Rückkehr an den Tisch, dass es dort die »obermegacoolsten« Spiele gab.
Die Salate hatten zu viel Dressing, und das Grünzeug wirkte etwas welk, dafür aber war die herzhafte Lasagne wirklich gut. Und auch der Chianti, den sich die Erwachsenen auf Tylers Drängen hin teilten, schmeckte kühl und stark und wunderbar gefährlich, obwohl Hailey auch ohne den Genuss des Alkohols bereits etwas benommen war. Denn selbst wenn sie es nur ungern zugab, machte Tyler Scott sie richtiggehend schwindelig.
Er benahm sich tadellos, plauderte angeregt mit ihr
und war derart attraktiv, dass er zu Haileys Kummer die Blicke sämtlicher Frauen auf sich zog. Wegen der Hitze hatte er Jackett und Weste abgelegt, sodass sein straffer, durchtrainierter Bauch besonders vorteilhaft zur Geltung kam. Unter seinen hochgerollten Ãrmeln sah man sehnige, mit dunklen Härchen übersäte Unterarme, und der über seiner wie von einem Bildhauer erschaffenen muskulösen Brust gespannte Stoff seines Hemds enthüllte einen dunklen Hauch der darunter versteckten Männlichkeit.
Als sich ihre Blicke über der rot-weià karierten Tischdecke begegneten, schlug Haileys Herz so schnell, dass sie beinahe Angst bekam. Hätte sie eine Beschreibung derartiger Gefühle in einem Roman gelesen, hätte sie gesagt, sie wäre das Produkt überbordender Fantasie. Nur dass das wunderbare Kribbeln ihrer Brüste, das erst ihre Nippel straffte und sich dann in Richtung ihres Magens ausdehnte, als fiele eine Heerschar Schmetterlinge darin ein, allzu wirklich und beinahe furchterregend war.
Den Mund voller Lasagne meinte Faith: »Ich wünschte, ich wäre so schön wie Sie, Hailey. Findest du nicht auch, dass sie einfach wunderschön ist, Daddy?«
Hailey verschluckte sich an ihrem Wein, hob sich die Serviette vor den Mund und rang erstickt nach Luft. SchlieÃlich aber schaute sie aus tränenfeuchten Augen wieder auf und nahm ein amüsiertes Blitzen in den Augen ihres Gegenübers wahr.
»Sie ist wirklich wunderschön.«
Hailey tupfte sich die Tränen fort und wandte sich
dem Mädchen zu. »Oh nein, das bin ich nicht. Meine Schwester Ellen hingegen sieht fantastisch aus.«
»Natürlich sind Sie wunderschön! So werde ich nie aussehen, weil ich diese blöde Brille tragen muss. Daddy meint, für Kontaktlinsen wäre ich noch nicht alt genug.« Und mit einem vorwurfsvollen Blick in Richtung ihres Vaters fügte sie hinzu: »Was meinen Sie, Hailey?«
Hailey tat, als dächte sie darüber nach, doch sie würde Tyler sicher nicht widersprechen. »Soll ich dir erzählen, wie es bei mir gewesen ist? Erst als ich meine Spange losgeworden bin, haben mir meine Eltern â sozusagen zur Feier des Tages â Kontaktlinsen erlaubt.«
Faiths Augen hinter der verhassten Brille wurden fast so groà wie ihr vor Erstaunen aufgerissener Mund. »Sie hatten eine Zahnspange ?«
»Ich hatte sogar den ganzen Mund voller Metall, und zwar drei Jahre lang«, klärte Hailey ihre junge Freundin lachend auf.
»Und Sie mussten auch eine Brille tragen?«
»Bis ich die Kontaktlinsen bekam. Und noch heute setze ich, wenn meine Augen müde werden, eine Brille auf.«
»Aber ich wette, Sie sehen damit nicht so dämlich aus wie ich.«
»Du siehst überhaupt nicht dämlich aus. Ich finde Brillen chic. Ist dir überhaupt klar, wie viele Stars inzwischen eine Brille tragen? Jane Fonda, Robert Redford, Warren Beatty â¦Â«
»Echt?« Faith starrte vor sich auf den Tisch und dachte über Haileys Worte nach.
Hailey blickte Tyler an. Lächelnd erhob er sein Glas, formte mit den Lippen ein »Danke« und stieà mit ihr an. Ãber die erhobenen Weingläser hinweg schauten sie einander an, und Hailey konnte ihren Blick genauso wenig von ihm lösen wie es ihr gelang, den kleinen Finger zu bewegen, über den er kaum merklich mit seinem kleinen Finger glitt.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und eine heiÃe Röte kroch an ihrem Hals herauf, die ihre Ohrläppchen verbrennen lieÃ. Die Spitze seines kleinen Fingers sandte einen Stromschlag über ihren Arm bis in ihre Brüste und rief dort ein neuerliches Kribbeln wach.
»Kann ich jetzt spielen gehen?«
Hailey fuhr zusammen. Einen Moment lang hatte sie nichts anderes mehr wahrgenommen als den Mann, von
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