Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
an deren Ende man denkt: »Mist, und mit so einem beschäftigt der sich auch noch so intensiv.«
Chronifiziert kann ein solches Programm nach einer Zeit auch vom Autopiloten ausgeführt werden. Er nimmt dann an der Weggabelung Himmel oder Hölle automatisch den Abzweig Richtung Hölle und bezeichnet das dann als Wahrheitssuche. Dies hat aber nichts mehr mit einer aufwendigen und vernünftigen Suche nach der Wahrheit zu tun, sondern ist schlichtweg ein dysfunktionales Programm, aus dem man nur durch ein Eingreifen des Piloten wieder herauskommt, sprich, man muss die Sache selbst in die Hand nehmen, etwa indem man bei einem Bekannten oder einem Experten, deren Urteil man vertrauen kann, eine zweite Meinung einholt. Bei einem stark geschädigten Selbstwert kann ein Therapeut weiterhelfen – schließlich gehen wir bei chronischen Kopfschmerzen ja auch zum Arzt.
Positive Illusionen, so zeigt Forschung, haben da einen günstigeren Effekt: Demnach werden Partner in Beziehungen besser (fleißiger, ordentlicher, großzügiger etc.), wenn der andere ein positives Bild von ihnen hat. Es scheint die Menschen anzuspornen, wenn ihr Partner viel von ihnen hält. Und selbst wenn man ein bisschen zu gut dabei wegkommt, so entsteht eine sich selbst erfüllende Prophezeiung zum Guten hin. Wenn eine Freundin Ihnen ihren neuen »attraktiven« Lover vorstellt und Sie zunächst denken: »Inwiefern ist der denn attraktiv?«, kann es gut sein, dass dieser ein Jahr später tatsächlich besser aussieht – jemand, der gesagt bekommt, er sähe gut aus, hat nämlich auch Spaß daran, diesem Bild zu entsprechen. Forschung zeigt, dass dies nicht nur auf das Aussehen zutrifft: Auch intellektuelle Fähigkeiten verbessern sich, wenn der Beziehungspartner in dieser Hinsicht große Stücke auf einen hält.
Für mich zeigt die Forschung zum Menschen als Wahrheitssuchendem vor allem eins: dass wir nicht immer Hedonisten sind. Manchmal wollen wir lieber einen ehrlichen Tritt in den Hintern statt eines Lobs; und auch wenn das, wie eben beschrieben, manchmal ins Dysfunktionale ausartet, kann es, richtig dosiert, ein wichtiger Antrieb dafür sein, neu über uns nachzudenken und an uns zu »arbeiten«.
Auch andere Befunde passen nicht zum Menschenbild des Hedonisten. Denn vielfach tun wir vor allem das, was richtig ist , ohne darauf zu achten, ob es sich auch gut anfühlt . Beerdigungen etwa sind etwas sehr Trauriges, aber wir gehen trotzdem hin. Nicht weil wir besonders gerne Beerdigungen besuchten, sondern weil es uns ein Anliegen, manchmal auch eine Pflicht ist, dem verstorbenen Menschen ein letztes Mal Liebe und Respekt entgegenzubringen. Bestimmten Situationen und Ereignissen nähern wir uns also vor allem, weil es angemessen ist. Es mag uns Erleichterung verschaffen oder wir mögen stolz auf uns sein, wenn wir es hinter uns gebracht haben. Dem Bild des Hedonisten, der vor allem auf das Unbeschwerte, Sorglose des Lebens aus ist, entspricht es aber nicht. Man mag als Motiv für solche ungeliebten, aber richtigen Handlungen Pflichterfüllung anführen, aber vielleicht ist es auch nur der Wunsch, an allen Aspekten einer Gemeinschaft teilzunehmen.
Erst die Sicherheit, dann die Ideale
Menschen allein als Hedonisten zu sehen, greift also zu kurz. Dies befand auch Tory Higgins und entwarf eine Theorie der Selbstregulation, die innerhalb von zehn Jahren zu einem explosionsartigen Interesse an der Selbstregulationsforschung geführt hat und schon jetzt weit über die Psychologie hinaus bekannt ist. Higgins beobachtete, dass die Idee des Hedonismus nicht genau genug ist, um das Verhalten eines Menschen zu erklären oder vorherzusagen. Schon die einfache Gleichung des Hedonismus, dass wir uns Positivem annähern und Negatives lieber meiden , geht nicht auf, wie das folgende Beispiel zeigt. Angenommen, wir wollen bei den Olympischen Spielen eine Medaille gewinnen. Wir stellen uns vor, wir seien ein Läufer und liefen auf die Zielgerade zu. Wir schauen geradeaus, mobilisieren all unsere Energie und versuchen dabei, eine möglichst perfekte Haltung einzunehmen. So sähe eine klassische Annäherungsmotivation aus: Wir streben ein gewünschtes Ziel an und bewegen uns auf es zu.
Allerdings kann man sich dem positiven Ziel, eine Medaille zu erlaufen, auch anders annähern, nämlich indem man sich vermeidend verhält. Das heißt, wir achten vor allem darauf, dass wir beim Laufen keine Fehler machen, sind bemüht, nicht den Kopf zu drehen, und konzentrieren uns beim
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