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Unser Doktor

Unser Doktor

Titel: Unser Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Reinecker
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an.
    »Selbstverständlich.« Er lächelte schwach. »Ich muß.«
    Er nahm seine Tasche und kletterte eine Leiter hinunter.
    Alle Leute drängten schweigend heran.
    Der Doktor beugte sich über den Verletzten.
    »Ich bin da«, sagte er ruhig, »du brauchst keine Angst zu haben. Wir machen das schon.«
    »Sie kriegen mich nicht raus«, sagte der Verletzte. Ich sah, daß sein Gesicht schweißüberlaufen war. Er preßte die Worte heraus, als müsse er große Schmerzen aushaken.
    »Die Risse da oben werden immer größer«, sagte der Verletzte.
    Der Doktor sah nach oben.
    Die Decke wölbte einen Bauch nach unten, war durchzogen von Rissen, aus denen Mörtelstaub fiel.
    Die Hand des Doktors tastete das Bein ab.
    Der Verletzte hob den Brustkorb und schrie.
    Der Schrei war fürchterlich. Ich fror bis in die Fußspitzen.
    »Du hast einen Beinbruch«, sagte der Doktor und besah die Trümmer, die den Fuß einklemmten.
    Auf den ersten Blick war zu sehen, daß es mit Abräumen des Schuttberges nicht getan war.
    Es ging tatsächlich jetzt um Sekunden.
    »Ich muß dir den Fuß abnehmen«, sagte der Doktor leise. »Anders kriegen wir dich nicht raus.«
    Der Verletzte sagte kein Wort, seine Blicke hingen am Gesicht des Doktors. »Bist du einverstanden?« fragte der Doktor leise. »Ich kann nämlich nichts anderes tun.«
    Es gab eine Pause, dann antwortete der Verletzte und heulte fast: »Mach, Doktor, mach!«
    Der Doktor arbeitete schweigend. Er öffnete seine Tasche, er holte eine Spritze heraus.
    Ich hatte das Gefühl, daß der Doktor nun wirklich Hilfe brauchte, aber er wollte wohl niemanden darum bitten.
    Da stieg ich die Leiter hinunter.
    Der Doktor grinste mich an. »Wollen Sie das verdammte Ding abstützen?« fragte er und sah nach oben.
    »Nein.«
    »Dann halten Sie mal seinen Arm.«
    Der Verletzte sah mich an. Seine Gesichtshaut zuckte, als würde sie ständig von Schauern überlaufen.
    Der Doktor spritzte Evipan. Seine Hände waren vollkommen ruhig.
    Der Verletzte schloß die Augen.
    »So«, sagte der Doktor, »jetzt kommt der rauhe Teil der Arbeit. Hoffentlich können Sie Blut sehen.“
    »Ich werde es versuchen«, murmelte ich.
    Der Doktor zerschnitt mit einem Messer die Hose des jungen Mannes. Das Bein wurde sichtbar.
    »Er hat einen Bruch«, sagte der Doktor und fuhr mit der Hand über das Schienbein.
    »Bitte«, sagte er dann leise, »können Sie mir helfen, den Fuß so weit wie möglich freizumachen?«
    Mit den Händen versuchte ich, Steine und Erde beiseite zu räumen. Aber das Geröll rutschte nach. Ich grub wie ein Maulwurf, ich merkte, daß mir der Schweiß auf die Stirn trat.
    »Es geht um jeden Zentimeter«, sagte der Doktor, »wegen der Prothese später.«
    Hinter uns polterte ein Steinbrocken aus der Decke.
    »Kommen Sie raus, Doktor«, schrie der Bauer von oben.
    »Macht mich nicht verrückt«, schrie der Doktor zurück, »wir werden den Buckel schon breit machen.«
    Aber das war ein sehr gequälter Scherz.
    Mehr als fünf Zentimeter schaffte ich nicht.
    »Das reicht«, sagte der Doktor und führte seine Operation durch. Ich hatte noch nie eine Operation gesehen, und freiwillig werde ich auch nie wieder eine sehen, weil das Geräusch, das eine Knochensäge verursacht, einfach nicht zu vergessen ist.
    Wir trugen den Verletzten an die Leiter. Dort legte der Doktor eine Staubinde an. Mühsam schafften wir den jungen Mann nach oben. Dort war inzwischen der Krankenwagen erschienen. Alles ging im Handumdrehen. Der Verletzte wurde auf die Bahre gelegt, in den Wagen geschoben, und der Wagen fuhr mit äußerster Eile ab.
    Der Doktor atmete tief auf und besah seine blutigen Hände. In diesem Augenblick krachte es hinter uns. Der Rest der Decke war heruntergestürzt. Eine Staubwolke stieg träge aus dem Keller.
    Der Doktor grinste mich an. »Vieles im Leben ist eine Frage von zu früh und zu spät. Das jetzt kommt zu spät.«
    Durch die Menge der Neugierigen drängte sich eine Frau. Sie stand vor dem Doktor und starrte ihn an.
    »Ja, Herta«, murmelte der Doktor, »den Fuß ist er los, aber er lebt.“
    »Was soll er ohne Fuß«, sagte die Frau, »er kann doch nie wieder arbeiten«.
    »Hören Sie zu«, mischte ich mich ein, »seien Sie froh, daß es so gut abgegangen ist«.
    Sie sah mich blind an. »Ohne Fuß ist doch kein Mensch was wert. Wie konnten Sie ihm den Fuß abnehmen?«
    Der Doktor legte seine Hand auf meinen Arm, er spürte, daß ich wütend wurde.
    »Tot ist schlimmer, Herta«, sagte er ruhig.
    »Er kann

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