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Unser Doktor

Unser Doktor

Titel: Unser Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Reinecker
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nichts ändern«, sagte der Bauer und kehrte sich brüsk ab.
    Der Doktor sah ein wenig traurig aus, faßte mich am Arm und sagte: »Gehen wir.«
    Wir fuhren zurück nach Bredersdorf .
    In seinem Wohnzimmer schenkte der Doktor mir noch einen Schnaps ein. Seine Frau sah ihren Mann ruhig an.
    »Wahrscheinlich will er das Kind haben«, sagte sie.
    Der Doktor sah sie überrascht an. Sie lächelte: »Ich seh’ dir an, daß er es dir gesagt hat.«
    »Ja«, erwiderte der Doktor, »aber er wird da nichts machen können. Er kommt natürlich jetzt auf so einen Gedanken.« Er sah mich an.
    »Das ist auch so eine Geschichte«, lächelte er schwach und erzählte.
    »Drüben in Oosters gibt es ein Landmaschinengeschäft. Es gehört einem Ehepaar. Sehr nette Leute, die Frau groß, blond, gesund. Der Mann bescheiden, ziemlich gescheit, etwas unauffällig. Beide sind fleißig und haben das Geschäft hochgebracht.
    Es ist jetzt Jahre her, da kam die Frau zu mir in die Praxis. Sie sagte: >Wie kommt es, Doktor, daß ich keine Kinder kriege?< Ich schickte sie zu einem Gynäkologen nach Hamburg, sie wurde gründlich untersucht. Sie war vollkommen in Ordnung. Ich sagte zu ihr: >Es kann natürlich auch an deinem Mann liegen.<
    Ich erinnere mich genau, wie sie vor meinem Schreibtisch stand und überlegte. Sie war plötzlich ganz abwesend.«
    Der Doktor lächelte: »Frauen, mein Lieber, haben uns Männern viel voraus. Sie akzeptieren eine Sache schneller als wir, wenn sie real ist. Und sie brauchen für eine Entscheidung nur eine halbe Sekunde. Ich sagte: >Schick mir deinen Mann mal vorbei.<«
    »Tat sie es?«
    »Nein. Sie sagte mir, daß sie ihn nicht vorbeischicken würde. Sie sagte: >Erzählen Sie ihm nichts davon.< Dann ging sie.“
    »Was für eine Entscheidung war das, für die sie nur eine halbe Sekunde brauchte?«
    »Sie wollte ein Kind haben, und sie wußte, wie sie es bekommen konnte.«
    »Ich verstehe.«
    »Der Bauer, den Sie kennengelernt haben, war ein Jugendfreund von ihr, bis halt der andere das Rennen bei ihr machte. Die Leute auf dem Lande hier sind ziemlich offen in Dingen, die ja nur natürlich sind. Sie bekam ein Kind. Es war ein Junge, kräftig, gesund. Ich war bei der Taufe dabei, und ich werde nie vergessen, wie stolz die junge Mutter ihr Kind zeigte.«
    »Der Mann merkte nichts?«
    »Nein. Sie erzählte ihm, daß man die Sache bei ihr in Ordnung gebracht habe.«
    »Sie belog ihn.«
    »Das können Sie so nicht sagen. Eine Frau hat ein anderes Verhältnis zur Wahrheit. Sie vergaß den eigentlichen Vater vollkommen, sie übertrug dessen Funktion völlig auf ihren Mann, den sie liebt, was Sie nicht vergessen dürfen.«
    »Wie alt ist der Junge jetzt?«
    »Sechs Jahre.«
    »Und wem sieht er ähnlich?«
    Der Doktor lächelte. »Die Vorsehung unterstützt ihren Betrug. Der Junge gleicht seiner Mutter.«
    »Und jetzt?«
    »Sie haben ja gehört. Der Bauer verlor seine Kinder. Das bedeutet viel für einen Bauern, dessen Hof seit Generationen in der Familie ist. In der Stadt wechselt man die Wohnungen und findet nichts dabei. Auf dem Lande ist das anders.«
    »Was wird passieren?« fragte ich.
    Der Doktor hob die Schultern. »Er wird nichts machen können. Das Kind ist ehelich geboren, aber — «, er zögerte, »der Mann wird nun sicher erfahren, daß sein Kind nicht sein Kind ist.«
    Die Frau des Doktors kam vom Telefon zurück.
    »Er hat es erfahren«, sagte sie ruhig.
    »Wie?« fuhr der Doktor auf.
    »Heinrich hat in Oosters angerufen, daß er sein Kind zurückhaben will.«
    »Verdammt«, sagte der Doktor und zog seine Schuhe an, »ich fahre gleich rüber.«
    »Kann ich mitfahren, Doktor?« fragte ich. »Ich bleibe im Wagen sitzen.«
    Wir fuhren los. Es war dunkel geworden.
    »Das sind wohl keine Fälle, die die Krankenkasse bezahlt?«
    »Nein«, lachte er, »aber ich habe natürlich einen gewissen Einfluß auf meine Leute.«
    »Die körperlichen Schmerzen öffnen die Tür zur Seele.«
    Er sah mich überrascht an. Ich grinste: »Die Weisheit habe ich vom Pastor.«
    »So«, sagte er, »der Pastor ist ein ziemlich kluger Bursche.« Wir waren sehr schnell in Oosters und hielten vor einem Hause, dem eine große Werkhalle angeschlossen war.
    Vor dem Hause erwartete uns eine Frau.
    Ich erkannte sie sofort nach der Beschreibung, sie war groß und blond.
    »Doktor«, sagte sie, »mein Mann ist weg.«
    »Was heißt weg?« fragte der Doktor.
    »Er ist weggegangen. Er ging auf die Tür zu, sagte kein Wort und verschwand. Ich habe ihn

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