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Unser Leben mit George

Unser Leben mit George

Titel: Unser Leben mit George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Summers
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schlang die Arme um mich, aber mich
konnte niemand trösten. George war zwar nur ein Hund und kein Mensch, aber der
Gedanke, ihn zu verlieren, war mir unerträglich.
    Schließlich rief mich der Tierarzt ins
Sprechzimmer. George war nicht da. Er sei hinten auf der Pflegestation,
beruhigte mich der Tierarzt, als er mein entsetztes Gesicht sah. George sei
nicht nur schwer verletzt, sagte er, er befinde sich auch in einem
Schockzustand, was an sich schon eine ernste Sache sei.
    »Schock ist die Antwort des Körpers auf
ein Trauma«, erklärte er mir. »Bei Menschen ist es genauso. Die beiden
wichtigsten Körperorgane sind das Herz und das Gehirn, und um sie bei
Verletzungen zu schützen und mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen, stellt
der Körper die Blutzufuhr für alle anderen Organe ein, also zum Beispiel für
die Leber, die Nieren, den Verdauungstrakt und die Haut. Der Körper stellt
sozusagen von selbst den Betrieb ein. Es ist eine Schutzmaßnahme.«
    »Aber ist das nicht gut?«
    »Ja und nein. Schwierigkeiten gibt es,
wenn die anderen Organe zu lange ohne Sauerstoffzufuhr bleiben. Wenn das
passiert, geraten sie ebenfalls in einen Schockzustand, und das ist sehr
gefährlich. Es kann zu allen möglichen anderen Problemen führen, wie etwa
Leberoder Nierenversagen. Aber wir wissen noch nicht, ob das passieren wird.
Ganz ehrlich, im Moment steht es auf Messers Schneide. Wir haben Ihrem Hund
starke Schmerzmittel gegeben und ihm einen intravenösen Tropf gelegt, um seinen
Blutverlust auszugleichen und seine Organe wieder mit genügend Sauerstoff zu
versorgen. Wenn wir seinen Zustand stabilisiert haben, können wir operieren und
seine Wunden säubern. Soweit wir sehen, hat er eine Anzahl von Bisswunden am
rechten Hinterbein, aber wir wissen noch gar nicht, ob er innere Verletzungen
hat. Da könnte es auch Blutungen geben.«
    Ich nickte stumm zu allem, was er
sagte, aber ich konnte es nicht aufnehmen.
    »Das Beste ist, Sie gehen jetzt nach
Hause«, sagte er behutsam. »Wir rufen Sie an, sobald wir mehr wissen.«
    »Könnte ich George erst noch sehen?«
    Als ich hinter ihm her über den kurzen
Korridor ging, erzählte mir der Tierarzt, George sei schon der zweite Hund
heute, der nach einem Angriff durch einen Staffordshire Bullterrier auf
Hampstead Heath zu ihm gebracht wurde. Wer weiß, womöglich war der Angreifer
beide Male dasselbe wahnsinnige Tier.
    Durch eine Flügeltür betraten wir die
blitzsaubere Pflegestation, die direkt aus einer Arztserie im Fernsehen sein
konnte und wo einige Pflegerinnen in grünen Kitteln herumliefen. Eine Reihe von
Scheinwerfern hing über einem Tisch aus Edelstahl — es sah aus wie ein
Operationstisch — , und die hintere Wand des Raumes bestand von oben bis unten
aus vergitterten Käfigen. Nur zwei von ihnen waren belegt. In dem einen lag ein
Jack-Russell-Terrier, der erste Hund, der heute Nachmittag angefallen worden
war. In dem anderen war George.
    Wie der Jack Russell lag auch George in
einem Käfig, dessen Tür offen stand. Er schien den Kopf heben zu wollen,
schaffte es aber nicht. Sein Maul stand offen, und er keuchte — flache,
schnelle Atemzüge. In einer Pfote, die zum Teil rasiert war, steckte eine
Kanüle, an der ein Tropf hing. Auf seinen Verletzungen klebten Druckverbände,
durch die das Blut drang. Er sah so jämmerlich und zerschunden aus wie das
Opfer eines schweren Verkehrsunfalls.
    Ich streichelte ihm über die Schnauze,
die ebenfalls mit Blut verklebt war. Als er merkte, dass ich es war, wurde er
unruhig und versuchte aufzustehen, brach aber mit einem Stöhnen sofort wieder
zusammen und landete auf seinen verletzten Hinterbacken. Mit seinen Seehundaugen
sah er mich an. Er wirkte benommen und verstört, als habe er keine Ahnung, was
mit ihm passiert war, warum er Schmerzen hatte und warum er jetzt hier war. Und
ich konnte es ihm nicht erklären. Ich fühlte mich schrecklich hilflos. »Du
wirst wieder gesund, George. Ganz bestimmt. Du musst gesund werden!«
    Ich wollte ihn nicht allein lassen,
aber ich konnte ja schlecht die ganze Nacht über neben ihm auf dem Boden sitzen
und den Pflegerinnen im Weg sein. Selbst wenn man es mir erlaubte, wäre ich nur
ein Hindernis. Außerdem wusste hier jeder ganz genau, was zu tun war. Ich hatte
das Gefühl, dass George in besten Händen sei.
    Es war Zeit zu gehen. Ich steckte den
Kopf in den Käfig und gab ihm einen Kuss auf seinen weichen, flauschigen Kopf.
Dann ging ich. Ich wusste nicht, ob ich ihn lebend wiedersehen

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