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Unser Leben mit George

Unser Leben mit George

Titel: Unser Leben mit George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Summers
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herauskam,
winselte er und kratzte an der Tür. Kaum hatte ich mich aufs Sofa gesetzt, da
war er auch schon auf meinem Schoß, und da das Springen ihm immer noch
schwerfiel, stupste er gegen mein Knie, bis ich ihn hochhob.
    Zuerst fühlte ich mich geschmeichelt
durch dieses ständige Einfordern meiner Aufmerksamkeit, es ist doch immer ein
schönes Gefühl zu wissen, es gibt jemanden, der nicht ohne einen leben kann.
Aber nach ein paar Monaten fühlte ich mich davon erdrückt. George beanspruchte
mich rund um die Uhr. Ich konnte kein Zimmer verlassen, ohne dass er Theater
machte. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal eine Stunde weggehen
musste, ohne ihn mitzunehmen. Egal, wer sonst noch im Hause war, er saß einfach
am Fenster, starrte auf die Straße hinaus und wartete darauf, dass ich
zurückkam.
    George war zu abhängig von mir
geworden, um nicht zu sagen völlig vereinnahmend. Aus dem liebevollen, aber
herrischen König war ein eifersüchtiger Diktator geworden. Vergessen war die
Zeit, wo es Joshua war, der versuchte, meine Partner zu vergraulen. Jetzt sah
George das als seine Aufgabe an. Mein Leben war erneut zu einem
Shakespeare-Drama geworden. Hamlet war vorbei, stattdessen stand jetzt Othello auf dem Spielplan, worin George die Hauptrolle spielte und Zach als Cassio ansah, den Gegenstand seiner finsteren Eifersucht. Wenn mein Partner abends
herüberkam, empfing George ihn mit eisigem Blick. Wenn wir uns aufs Sofa
setzten, drängte George sich zwischen uns, er steckte misstrauisch den Kopf
durch jede Tür, hinter der wir uns gerade befanden, und bellte wie ein
Wahnsinniger, wenn Zach versuchte, mich zu küssen.
    Es ist nicht weiter verwunderlich, dass
Zachs Geduld bald am Ende war. Ich kann es ihm nicht verdenken. Selbst ich
wusste, dass es Zeit war, George in seine Schranken zu verweisen. Ich fing
damit an, dass ich ihn nachts wieder aus dem Schlafzimmer verbannte. Er sollte
im Arbeitszimmer schlafen.
    Aber George ertrug es nicht, von mir
getrennt zu werden — auch nicht für einen Augenblick. Sein Bellen war noch
hysterischer als damals, als er in Zachs Arbeitszimmer schlafen sollte. Bellte
er um Aufmerksamkeit, oder hatte er immer noch Schmerzen?, überlegte ich.
Musste er nach draußen? Manchmal blieb er so lange wach — und wir ebenso — ,
dass er noch mal rausmusste. Wenn ich ihn dann in den Garten ließ, blieb er
eine Ewigkeit draußen und bellte wie ein Verrückter in die Dunkelheit, bis er
Zach, Joshua und unsere alte Nachbarin ebenfalls aufgeweckt hatte. Also zog ich
mir stattdessen oft lieber den Bademantel über und ging mit ihm zur
Straßenlaterne vor dem Haus. Um vier oder fünf Uhr früh war unsere Straße
unheimlich dunkel und verlassen. Einmal begegnete ich zwei Füchsen. Ein
andermal fuhr ein Auto vorbei, und als der Fahrer mich in meinem Bademantel
sah, hielt er abrupt mit quietschender Bremse. Ich wartete nicht darauf, was er
wollte, sondern floh ins Haus und zog George mit, der noch mitten im Geschäft
war.
    Die einzige Lösung in diesen unruhigen
Nächten — wenn man es so nennen konnte — war, mit George im Arbeitszimmer zu
schlafen, wozu ich mich als letzten Ausweg oft entschloss.
    »Also, das ist wirklich lächerlich«,
schimpfte Zach eines Morgens um sechs Uhr, als er mich zusammengerollt und nur
mit meinem Bademantel zugedeckt fröstelnd auf der Liege vorfand, den
zufriedenen George wie eine Wärmflasche unter meinen Füßen.
    »Ich weiß. Aber was sollen wir denn
bloß machen?«
    »Die Frage ist eher, was gedenkst du zu machen? Was weiß ich über Hundeerziehung?«
    »Ich scheine ja auch nicht viel darüber
zu wissen.«
    »Das überrascht mich aber!«
    »Vielen Dank«, sagte ich kurz. »Aber
ich habe darüber nachgedacht, als ich nicht schlafen konnte... Wenn ich einen
zweiten kleinen Hund hätte, weißt du, einen Freund für George, der ihm
Gesellschaft leistet, vielleicht wäre er dann nicht so abhängig von mir?«
    »Das ist eine tolle Idee. Einfach
genial, Judith. Warum schaffst du dir dann nicht auch gleich einen neuen Mann
an?«
    »Vielleicht tue ich das!«
    Zach seufzte. »Sieh mal, Schatz, ich
weiß ja, dass George krank war, aber jetzt ist er wieder gesund. Und er regiert
dein Leben und das von Joshua. Und er versaut meins! Er hat dich völlig unter
seiner Pfote. Ich ertrage es einfach nicht mehr!«
    Ich brach in hysterische Tränen aus,
als sei mir ein großes Unrecht geschehen. »Dann geh doch, wenn du das willst!«
    Mit einem traurigen Lächeln

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