Unser Leben mit George
würde.
23.
Kapitel
Nachdem ich in mein leeres Haus zurückgekehrt
war, ließ ich mich auf das rote Plüschsofa fallen, gleich neben der Delle im
Kissen, wo George noch vor kurzem gelegen hatte.
Trotz des Lärms vom Jahrmarkt schien
die Stille im Haus widerzuhallen. Kein leises Ferkelgrunzen. Keine tiefen Seufzer.
Kein Schnarchen. Kein gleichmäßiges Atmen außer meinem. Kein Bellen, kein
Jaulen, kein Winseln nach Futter. Kein Zuschlagen der Katzenklappe, wenn George
in den Garten hinausstürzte, um eine unbefugte Taube oder Katze von seinem
Grundstück zu verscheuchen. Kein Zerfetzen von Papiertaschentüchern. Kein
Trappeln von Hundeklauen auf Holzfußboden.
Ich dachte an die Freude, die George
uns im Laufe dieser Jahre gebracht hatte. Sollte das alles jetzt zu Ende sein?
Ein schrecklicher Gedanke ging mir wie eine Endlosschleife durch den Kopf: Wenn
George sterben sollte, müsste ich es Joshua sagen, wenn er von seiner
Skifreizeit nach Hause kam. Ich dachte an den schrecklichen Morgen vor sieben
Jahren, als ich ihm sagen musste, dass sein Vater gestorben war. Nichts konnte
so schlimm sein wie dieser Augenblick damals. George war doch nur ein Hund. Er
war doch nur ein Hund, sagte ich mir immer und immer wieder. Trotzdem, es war
nicht fair, dass mein Sohn das jetzt auch noch durchmachen musste. Es war
einfach nicht fair.
Im Untergeschoss schien das Haus noch
verlassener. In meinem Arbeitszimmer stand Georges Korb, jetzt war er leer bis
auf einen angenagten Hundekeks, der zwischen den Falten der Decke lag. Bei
diesem Anblick traten mir wieder die Tränen in die Augen, aber es waren auch
Tränen des Zorns. Auch ich brauchte ein Opfer, an dem ich meine Aggression
abreagieren konnte, genau wie der Staffordshire Bullterrier.
Ich nahm das Telefon und wählte Zachs
Nummer. Er meldete sich mit kurzem »Hallo?«.
»George ist überfallen worden«, sagte
ich anklagend.
»Wovon redest du?«
»George ist angegriffen worden, Zach!
Auf der Heide!«
»Ach ja?« Es klang gelangweilt. Er nahm
mich nicht ernst.
»Von einem wahnsinnigen Hund! Er ist in
der Tierklinik, Zach! Er stirbt vielleicht!«
Endlich hörte er auf das, was ich
sagte. »Aber das ist ja schrecklich! Wo bist du jetzt?«
»Zu Hause!«, schrie ich ihn an.
»Warte. Ich komme.«
»Du wärst wahrscheinlich froh, wenn
George nicht überleben würde!«, schimpfte ich in meiner Verzweiflung, als er
vierzig Minuten später auftauchte und mich inmitten eines Berges aufgeweichter
Papiertaschentücher vorfand, die aussahen, als habe mein Hund sich damit
beschäftigt.
Er machte ein entsetztes Gesicht. »Wie
kannst du so etwas sagen? Das ist sehr unfair. Du hältst mich wohl für ein
Ungeheuer.«
»Ja! Das tue ich! Du hasst George!«
Mit einem fast traurigen Lächeln tupfte
Zach mir die Tränen ab. »Sieh mal, Schatz, ich liebe ihn wahrscheinlich nicht
so sehr wie du, aber ich hasse ihn nicht. Und ich würde mir ganz bestimmt nicht
wünschen, dass ihm etwas zustößt!«
Als der Tierarzt George am nächsten
Morgen operierte, stellte er fest, dass George bei dem brutalen Angriff sehr
schwerwiegende Verletzungen erlitten hatte. Mit seinem kräftigen Kiefer und den
scharfen Haifischzähnen hatte der Staffordshire Bullterrier mehrmals in das
linke Hinterbein und in die Hinterbacke gebissen und Blutgefäße und Gewebe
derart zerfetzt, dass ganze Muskelstücke herausgerissen und regelrechte Löcher
zurückgeblieben waren, die der Tierarzt recht drastisch als »toten Raum«
bezeichnete. Obwohl die Zähne der Bestie Georges lebenswichtige Organe zum
Glück knapp verfehlt hatten, hatten sie wahrscheinlich Tausende von
lebensbedrohlichen Bakterien in seinen Blutkreislauf eingeschleust. George
hatte das Trauma zwar überlebt, doch mussten wir jetzt abwarten, ob diese
Organismen und seine Verletzungen nicht womöglich zu einer tödlichen Infektion
führten. Die Gefahr war immer noch nicht vorüber.
Als ich am folgenden Abend anrief,
sagte man mir, es ginge George den Umständen entsprechend gut. Nach einer sehr
unruhigen Nacht rief ich am folgenden Morgen wieder an und erfuhr, dass er
weiterhin gute Fortschritte mache. Und fast musste man es ein Wunder nennen,
denn bereits am selben Abend hatte er sich aufgerappelt und stand wieder auf
den Beinen. Man erklärte mir, wenn er sich weiterhin so gut erhole, könne ich
ihn am nächsten Tag abholen.
Sue und ich konnten es kaum glauben,
als wir George am folgenden Tag holten. Er sah furchtbar aus. Sein
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