Unser Leben mit George
linkes
Hinterbein war ein Flickenteppich aus Nähten und Verbänden, und aus seinen
Hinterbacken ragten mehrere dünne Plastikschläuche in verschiedene Richtungen,
die Penrose-Drainagen heißen und zum Abfließen von Wundflüssigkeit gelegt
worden waren, wodurch George aussah wie ein Spender für Trinkstrohhalme. Er war
voller Blutergüsse, er sah geschunden und verschwollen aus, er musste
Antibiotika und Schmerzmittel nehmen und war immer noch nicht außer Gefahr,
aber er war auf dem Weg der Besserung. Wer hätte unserem Softie, unserem Kuscheltier
so viel Lebenswillen zugetraut?
Obwohl er weder mit dem Schwanz wedeln
noch mehr als zwei Schritte laufen konnte, sah man George deutlich an, dass er
sich freute, wieder zu Hause zu sein. Als die Familie und Freunde ihn besuchen
kamen, was sie sehr zahlreich taten, humpelte er langsam und schmerzhaft auf
sie zu, dabei zog er sein verletztes Bein hinter sich her und sah aus wie ein
alter Kriegsveteran. Aus seinen Plastikdrainagen tropfte ständig eine braune,
klebrige Flüssigkeit auf die Teppiche. Es war mir egal, wie viele Flecken es
machte. Wenn er wieder gesund war, würde ich alles reinigen.
Die Rechnung für die hervorragende
Behandlung in der Tierklinik betrug knapp 1000 Pfund. Ich hätte mit Freuden das
Doppelte gezahlt. Mir war zumute wie einem Verurteilten, der einen Aufschub
seiner Todesstrafe erlangt hat. Ich hatte noch immer ein schlechtes Gewissen,
weil ich kurz vor dem Überfall so wütend auf George gewesen war, also wurde ich
jetzt zu seiner ergebenen Pflegerin und Sklavin. Doch war das etwas Neues?
Obwohl ich von Natur aus zimperlich
war, verabreichte ich ihm jetzt seine Medizin und die Schmerzmittel, ich
wechselte Verbände und tupfte die nässenden Löcher sauber, aus denen die
Drainageröhrchen ragten. Ich pochierte Hühnerbrust und kochte köstlichen,
lockeren Reis für ihn, Krankenkost, die ich ihm von Hand verabreichte, weil er
wenig Appetit hatte. Da er die Treppe noch nicht bewältigen konnte, trug ich
ihn jedes Mal vorsichtig hinauf und wieder herunter, wenn ich mich durchs Haus
bewegte, wobei es mir egal war, wenn seine Drainagen meine Kleider
beschmutzten. Da er nicht aufs Sofa springen konnte, machte ich ihm mit Kissen
ein bequemes Bett vor dem Kamin im Wohnzimmer, ein zweites wenige Meter weiter
in der Küche und ein weiteres in meinem Arbeitszimmer. Ich stellte auch seinen
Korb in mein Schlafzimmer, damit er nachts in meiner Nähe schlief.
Zu meinem grenzenlosen Erstaunen hatte
Zach nichts dagegen einzuwenden. Er akzeptierte, dass George zu krank sei, um
nachts allein zu bleiben, und ertrug tapfer das Seufzen, Grunzen, Schnarchen
und Schniefen, das aus dem Korb kam. Ich kümmerte mich um meinen Cavalier, und
Zach kümmerte sich um mich. Plötzlich war die glückliche, berauschende Stimmung
unserer ersten Zeit wieder da. Ich kam langsam zu dem Schluss, dass wir unsere
Schwierigkeiten bewältigt hatten und dass mein zurückhaltender Partner seine
Hundephobie endlich überwunden hatte. Vielleicht fand er doch noch Geschmack am
Familienleben.
Als Joshua am folgenden Wochenende von
seinem Skiurlaub nach Hause kam, ragten die Strohhalme immer noch aus Georges
Hinterteil und er humpelte stark, was er auch noch weitere sechs Monate lang
tun sollte. Mein Sohn war völlig außer sich, aber wenigstens konnte ich ihn
beruhigen, dass unser Hund nun ganz bestimmt auf dem Weg der Besserung war.
George würde nie mehr der Hund sein,
der er vorher war. Der Staffordshire hatte ihm auch neurologische Schäden
zugefügt. Von nun an zitterten seine Beine manchmal unkontrollierbar, selbst
wenn er saß. Andere Probleme zeigten sich erst später. Das Trauma des Überfalls
hatte nicht nur sein Immunsystem, sondern auch sein Selbstvertrauen geschwächt.
George war dadurch gealtert. Psychologisch war er ein Häufchen Elend — nervös,
unsicher und noch abhängiger von mir als vorher. Er konnte es nicht ertragen,
auch nur eine Sekunde von mir getrennt zu sein. Er verfolgte jeden meiner
Schritte, wenn ich in der Küche stand und kochte. Wenn ich arbeitete, saß er
dicht neben meinem Stuhl und sah mich stundenlang an, und wenn ich nicht alle paar
Minuten seinen Blick erwiderte, bellte er, bis ich ihn ansah. Auch wenn ich nur
aufstand, stand George ebenfalls schwerfällig auf, es könnte ja sein, dass ich
ihn verlassen wollte. Er wartete vor dem Badezimmer auf mich, und wenn ich
nicht innerhalb der dreißig Sekunden, die er mir gewährte, wieder
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