Unser sechzehntes Jahr (German Edition)
ist der einzige, der mir jetzt helfen kann. Er muss mir erklären, wie es zu dieser ganzen Sache kommen konnte. Vor allem aber muss er endlich zu uns beiden stehen. Auch nach außen hin. Jetzt ist es doch egal. Ich bin nicht mehr in der Band und er muss keine Angst haben, dass die Jungs denken, unsere Liebe stört den Bandfrieden. Also kann er auch endlich offiziell zugeben, dass ich seine Freundin bin. Vielleicht ist das mit meinem Ausstieg aus der Band (auch wenn er nicht freiwillig war) für uns beide ja genau das Richtige gewesen. Vielleicht hilft uns das, uns endlich auch offiziell näher zu kommen.
Fiona
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4. Oktober 1994
Ich habe keine Worte. Keine Energie, um all das aufzuschreiben, was mir durch den Kopf geht. An all das zu denken, was heute geschehen ist. Aber ich weiß nicht, was ich sonst tun soll. Ich bin so unglücklich. So unendlich traurig.
Ich war bei Theo. Hab einfach bei seinen Eltern geklingelt. Er war gleich so komisch, als sie ihn an die Tür geholt haben. Ich hab gesagt, dass wir reden müssen und er fragte nur, worüber. WORÜBER?? Über uns natürlich. Über die Sache mit der Band. Darüber, wie es nun weitergeht.
Er war total kurz angebunden, fast ein bisschen stinkig, dass ich einfach aufgetaucht bin. Aber was hätte ich denn tun sollen, wenn er nicht redet? Ich kann nicht verstehen, warum er so ist wie er ist. Er meinte, ich bewerte das zwischen uns über. Und dass ich ja ganz süß sei, aber dass nie die Rede von was Ernstem war. Ich meine, was denkt er sich denn? Dass ich ne billige Schlampe bin, mit der man rummachen und danach dann abschieben kann? Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn so unbeschreiblich, dass mir fast die Luft wegbleibt.
Ob er enttäuscht von mir ist, weil ich das mit dem Gesang nicht hinbekommen habe, wollte ich wissen. Aber er meinte nur, ich soll aufhören, wegen solcher Sachen zu nerven und dass das Leben weitergeht. Ja. Für ihn vielleicht. Er hat die Band. Die Jungs. Seine Gitarre. Aber was habe ich???????
Ich kann nicht mehr. Seine letzten Worte waren: Nimm ’ s nicht so hart, Kleine! Dann hat er die Tür geschlossen. Vor meinen Augen. Dass ich geweint habe, hat ihn nicht gestört.
Nimm ’ s nicht so hart, Kleine! Wie kommt er dazu, mich in so einem Moment Kleine zu nennen?
Ich weiß nicht mehr weiter. Was soll ich nur tun? Ohne ihn kann ich nicht sein. Ich muss ihn irgendwie zurückbekommen. Es kann doch unmöglich zwischen uns vorbei sein, bevor es überhaupt richtig begonnen hat…
Fiona
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10. Oktober 1994
Der erste Schultag nach den Ferien. Und der schlimmste in meinem Leben. Kerstin und ich saßen in der Pause auf dem Schulhof, als Tanja, ihre Schwester, die in derselben Klasse wie Theo ist, zu uns kam. Sie meinte, dass sie das mit der Band gehört hätte und es ihr leid tut. Ich hab nur genickt. Dann fing sie plötzlich an, dass sie nicht verstehen könnte, warum Theo mit so einer billigen Schlampe rummacht. Und dass doch jeder weiß, was das für Eine ist. Lässt sich von jedem Typen schon beim ersten Treffen angrabschen, hat jeden Monat nen anderen Kerl.
Wen sie meint, hab ich gefragt. Und sie sagte: Vera….
Er hat was mit ihr. Deshalb war er so komisch. Deshalb wollte er nicht mit mir reden. Ich kann das einfach nicht glauben. Was für einen Sinn hat es, seelenverwandt zu sein, wenn er es einfach nicht schnallt. Wir gehören zusammen!!! Warum begreift er es nicht?
Heute ist wieder Mathe-Nachhilfe. Aber sie können vergessen, dass ich da hingehe. Ohne diesen Scheiß wäre das alles nie passiert… Ich weiß nicht mehr weiter. Was soll ich nur tun? Ich liebe ihn doch.
Fiona
Kapitel 14 : Armin
Er schlägt das Tagebuch zu. Noch nie hat er es bis zum Ende gelesen. Zu schwer wogen die Erinnerungen. Zu groß war die Angst vor den Worten darin. Doch jetzt, in diesem einen Moment, ist er dankbar dafür. Dankbar, dass Nathalie alle Alben ins Haus gebracht hat. Dankbar, dass er den Mut aufgebracht hat, alle Erinnerungen an Fiona ins Bewusstsein zurückzuholen. Herunter vom Dachboden. Raus aus der Garage. Zurück ins Leben.
Und er ist dankbar für die Entscheidung, Dascha allein nach Rügen gelassen zu haben. Sie bräuchte ein paar Tage für sich, hat sie gesagt. Zeit zum Nachdenken. Er hatte es im ersten Moment merkwürdig gefunden, aber keine Möglichkeit gesehen, es ihr auszureden. Sina schmeißt den Laden, war ihr letzter Satz vor der
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