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Unser Verhältnis verhält sich verhalten (German Edition)

Unser Verhältnis verhält sich verhalten (German Edition)

Titel: Unser Verhältnis verhält sich verhalten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bente Varlemann
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Was für ein Morgen, an dem mir mein Hintern nicht zu fett vorkommt und meine Brüste nicht zu klein sind, sondern alles gut ist, wie es ist. Was für ein Mittag, an dem ich eigentlich den Bus verpasst hätte, aber der Busfahrer noch gewartet hat und man mir beim Bäcker nach der Busfahrt zu viel rausgegeben hat. Ich habe nichts gesagt, freue mich über das Geld und mache mir keine Gedanken, dass die Backwarenfachverkäuferin das später von ihrem Gehalt ausgleichen muss. Was für ein Tag, an dem alles schön ist und ich glücklich bin. Und ich muss mich nicht fragen, warum, denn ich weiß es.
    Dirk und ich haben uns erst vor einiger Zeit auf einer Party kennengelernt, er studiert mit Udo Forstwirtschaft, das fand ich irgendwie sympathisch.
    Und jetzt bin ich verliebt.
    Und wenn man so verliebt ist, dann ist jeder Tag schön.
    Das fängt schon morgens an, als ich total verpennt um zehn Uhr aufstehen muss und froh bin, dass ich mich nicht selber sehen kann. Denn natürlich war die Nacht kurz, weil meine Verliebtheit und ich die ganze Zeit geredet und getrunken und geküsst haben. Dann hatten wir Sex, das Ganze ging von vorne los, und dann war es auf einmal sechs Uhr.
    Um zehn kann ich noch nicht denken, weil mein Gehirn nicht richtig funktioniert, weil ich verliebt bin und die ganze Nacht nicht geschlafen, sondern in Laken rumgewühlt und rumgevögelt habe. Ich dreh mich noch mal um und will nicht, dass meine Verliebtheit mich ansieht, denn ich muss schrecklich aussehen, und Küssen geht schon mal gar nicht, weil ich aus dem Mund stinke, weil ich ja nicht nur geredet, geküsst und Sex gehabt habe, sondern, weil ich auch noch gesoffen habe wie nichts Gutes, und das soll der andere nicht riechen. Also stehe ich auf und schleiche mich in Richtung Bad. Natürlich kenne ich mich in der Wohnung meiner neuen Liebe noch nicht so gut aus, und außerdem könnte ich Mitbewohnern begegnen, die ich nicht kenne. Tapsend bewege ich mich den Flur entlang, aber die Holzdielen knarren trotzdem, und aus Angst und auf gut Glück öffne ich einfach mal eine Tür. Dann stehe ich in Unterwäsche in der WG -Küche, und da sitzen schon Leute, die Michael oder Fabian oder Manu heißen und die auch da wohnen, und starren mich an. Ich stammle nur: «Oh, das hier ist ja gar nicht das Bad!», und mache die Küchentür wieder zu. Ich bin nicht nur verliebt, ich bin auch unglaublich peinlich, denke ich und bleibe hinter der verschlossenen Tür stehen, um zu lauschen. Wenn man Glück hat, dann vernimmt man in solchen Momenten nur das Gurgeln der Kaffeemaschine und das Klimpern der Messer auf den Frühstückstellern. Wenn man Pech hat, hört man leises, unterdrücktes Männerlachen, und das ist genauso schlimm, als wenn mich jemand halb nackt beim Lauschen hinter der Tür filmen und das dann auf Youtube stellen würde. In der Küche wird gemurmelt, das verwirrt mich, was heißt das jetzt?, und ich schleiche schnell weiter und schäme mich ein bisschen.
    Dann finde ich das Badezimmer und will duschen und die Kopfschmerzen vom Trinken wegwaschen, aber die scheiß Dusche funktioniert nicht richtig, weil jede WG -Dusche eine Sache für sich ist. Ich geh auf keinen Fall zurück in die Küche und frage diese Michael-Fabian-Manu-oder-wie-auch-immer-Leute, ob die Dusche auch warmes, nicht tröpfelndes Wasser hat! Also dusche ich kalt und mit Männerduschgel und nehme mir das Händehandtuch, weil ich kein anderes finde, obwohl ich nass und nackt alle Schränke im Bad durchwühle. Außer Rasierschaum und Zahnpastatuben und Zehennägelklipser finde ich aber nichts Brauchbares. Sich mit einem Händehandtuch abzutrocknen ist natürlich ganz große Scheiße, man darf auf keinen Fall mit den Haaren anfangen, denn dann ist das kleine Tuch sehr feucht und nicht mehr für den Körper zu benutzen.
    Aber auch, als ich erst den Körper, dann Haare abtrockne, verweilt die Feuchtigkeit an mir. Trotzdem ziehe ich die alten Klamotten wieder an, besser gesagt, ich zwäng mich in sie rein, weil die Haut noch ganz feucht ist und Unterwäsche und andere Wäsche dran kleben bleiben.
    Das Duschen hat eigentlich gar nichts gebracht, weil ich den alten Schlüppi wieder untendrunter habe. An Make-up brauch ich gar nicht erst zu denken, das hab ich nicht hier. Egal, ich schleiche mich an der Küche vorbei in das Zimmer meiner neuen Liebe, und die Liebe schläft immer noch, und ich will sie nicht wecken, weil das ja so süß ist, wenn die Liebe schläft und ins Kopfkissen sabbert. Ja,

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