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Unser Verhältnis verhält sich verhalten (German Edition)

Unser Verhältnis verhält sich verhalten (German Edition)

Titel: Unser Verhältnis verhält sich verhalten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bente Varlemann
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bequem ist. «Ja, was ist denn jetzt?», fragt mich Dirk. «Och, ja», sage ich. «Lust hätt ich ja schon, so ein bisschen Sex zu
machen

    Dirk guckt mich ein wenig verwundert an, dann knutschen wir, wir ziehen uns aus und fassen uns an, wir lecken, wir keuchen, wir stöhnen, wir
haben
Sex. Das bequeme Bett ruckelt und quietscht und knarrt ein wenig, aber so ist das nun mal bei alten Betten.
    Plötzlich höre ich ein etwas genervtes «Schschsch!», und ich denke noch: Nee, das kann jetzt nicht sein! Dann klopft es an der Kinderzimmertür, von der aus mich Superman, H-Man, Sheila und Battle-Cat aus ihren Poster-Augen schon die ganze Zeit über misstrauisch anschauen. Die Tür öffnet sich einen Spalt, der Kopf von Dirks Mutter quetscht sich zwischen Tür und Türrahmen, ein paar Zentimeter weiter oben sehe ich den Schädel von Dirks Vater. Dirk reißt die Bettdecke vom Boden, zerrt sie aufs Bett und begräbt uns beide darunter. «Wir hätten es gerne, wenn ihr das Ganze ein bisschen leiser machen könntet», sagt Dirks Mutter, und sein Vater nickt voller Zuversicht.
    Dirk, der tolle, schöne, kluge Dirk, schält sich aus der Decke, nickt auch und murmelt: «Ja, kein Ding, machen wir …» «Hier wird gar nichts
gemacht
!», schreie ich. «Hier wird kein Sex
gemacht
, hier wird Sex
gehabt
, und der wird dann auch nicht leiser
gemacht

    Dirk, Dirks Eltern, Superman, H-Man, Sheila und Battle-Cat starren mich an. Ich beglückwünsche mich selbst, mich doch noch blamiert zu haben, und weil man in solchen Situationen nichts anderes tun kann, außer zu weinen, damit einen alle bemitleiden, heule ich los. Immer noch starren mich alle an. Ich wische mir die unechten Tränen von den Wangen, lächle, und weil ich mich nicht streiten will und das Wort «machen» in allen Konjugationen in dieser Familie so unverschämt beliebt zu sein scheint, sage ich: «Machen wir uns nichts vor, wir machen jetzt einfach das Licht aus und machen BUBU . Also, gute Macht, macht euch nichts draus, macht ja nichts …»
    Nach diesem Abend haben Dirk und ich erst mal nichts mehr mit seinen Eltern
gemacht
. Dieses Erlebnis hat uns einiges gezeigt. Wir haben danach nie wieder Sex
gemacht
, wir haben Sex
gehabt
. Wir
haben
uns – und da kann man wohl nichts dran
machen
.

Die Spinne und ABBA
    Und dann liegt Dirk auf mir drauf, und er schnauft und schwitzt ein bisschen. Ich fahre mit der Hand über seine Schulter. Die ist nass und glänzt im dämmrigen Licht. Ich spüre meinen Körper, das ist so, als würde ich in einem riesigen Wattebausch stecken, ich fühl mich so leicht, und Dirk über mir, den merk ich kaum. Ich steck in einem Wattebausch-Körper, und der saugt sich voll mit dem Schweiß aus Dirks Körper und mit seinem Geruch. Und ich jauchze ein bisschen, und er atmet lauter. Und mein Wattebausch-Körper saugt sich weiter voll mit Schweiß und Geruch, und Haut wickelt sich drumherum. Und ich denke: Ja, Sex ist schön! Und gerade so gut! Und ich lehne meinen Kopf zurück, und ich fühle mich sexy, und ich mache die Augen zu, und dann atme ich laut, und dann mach ich sie wieder auf und schaue zur Zimmerdecke. Und dann fällt mein Blick auf diese Ecke, auf diese Ecke da an der Zimmerwand, da, wo die Farbe aufhört und die weiße Decke beginnt, und ich sehe: Spinnweben! Und das ist jetzt gerade gar nicht gut. Riesige Spinnweben, die von der Decke hängen. Egal, nicht hingucken, ich will mich wie ein Wattebausch fühlen. Und ich spüre meinen Körper, und Dirk fasst meine Brüste an, und ich fasse Dirks Arsch an, und ich finde das gut. Und ich denke: Ja, Sex ist wirklich schön! Und gerade so gut! Und ich atme ein und schließe die Augen. Und dann sehe ich vor meinem inneren Auge Dirk. Und dann verwandelt er sich in eine Spinne. Und das ist jetzt gerade gar nicht gut. Ich will jetzt Sex und keine Phobie-Anfälle. Ich konzentriere mich auf das Wort
Sex
. «Sex, Sex, Sex», murmle ich vor mich hin und hoffe, dass Dirk das nicht hört oder denkt, ich würde irgendetwas wirklich Erotisches sagen. Dirk ist das wohl egal, denn er liegt immer noch auf mir drauf und schnauft. Und wahrscheinlich hört er gerade sowieso nur sein Schnaufen und sonst nichts. Ich höre ihm beim Atmen zu, und dann …
    Und dann ist da wieder dieses Gefühl, dass ich ein Wattebausch bin, mmhh, und da ist mein Körper, und der liegt unter diesem anderen Körper, und wir bewegen uns, und es ist warm und weich, und wir reiben uns aneinander. Und dann wird es noch wärmer und

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