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Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Titel: Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabor Steingart
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zwischen Geldelite und dem politischen und spirituellen Machtzentrum der damaligen Zeit, der Römischen Kurie mit dem Papst an der Spitze, die das Fundament legte für die Machtfülle.
    Die heutige Herrschaft ist nicht weniger beeindruckend. Das Weltsozialprodukt verdreifachte sich zwischen 1990 und 2011. Das Volumen der Geschäfte mit Staatsanleihen hat sich im selben Zeitraum verfünffacht. Das Volumen der getätigten Devisengeschäfte versechsfachte sich, das Geschäft mit außerbörslich gehandelten Finanzderivaten hat sich sogar verdreihundertfacht. Die Banken werden heute als » systemisch « eingestuft und damit dem marktwirtschaftlichen Zyklus von Aufstieg und Untergang schon definitorisch entzogen. Die Bastardökonomie, dieser staatlich-finanzielle Komplex, lebt ein Leben jenseits der » kreativen Zerstörung « .
    Die Bankvorstände genießen seit ihrem Aufstieg zum großen Wohlstandsermöglicher VIP -Status im Weißen Haus, aber auch in Downing Street No. 10, im Élysée-Palast und im Bundeskanzleramt geht man ein und aus. Sie sind in der Tat » Very Important People « , denn sie stiegen zu Koalitionspartnern der Politiker auf; eine Beziehung begann, deren Intimität alle anderen Beziehungen der Politik zur Wirtschaft übertrifft.
    Bewusst ist Angela Merkel nicht der Einladung zum 60. Geburtstag von Josef Ackermann gefolgt, weil sie die Bilder der Nähe scheute. Mit ihrem Fernbleiben wollte sie eine Distanz zur Deutschen Bank und ihrem damaligen Vorstandsvorsitzenden demonstrieren, die nicht der Wirklichkeit entsprach.
    Merkel lud Ackermann anschließend zu einer geheim gehaltenen Geburtstagsfeier in ihr Kanzleramt ein. Sie wollte auf jeden Fall mit ihm feiern, nur eben unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Alle Gäste dieser Tafelrunde wurden zum Stillschweigen verpflichtet. Erst durch Gerichtsbeschluss ließ sich die Kanzlerin zur Offenlegung von Gästeliste und Speisefolge des Abends bewegen. Diese Details sind interessant, aber nicht wichtig. Wichtig ist: Das Verhältnis der Kanzlerin zum Chef der Deutschen Bank war kein privates, sondern ein politisches.
    Auch die Privatnummern der beiden neuen Deutsche-Bank-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen hat Angela Merkel in ihrem Handy speichern lassen. Das Bundeskanzleramt und die Zentrale der Deutschen Bank verabredeten die technischen Details, damit jeder den anderen auch nachts und am Wochenende auf verschlüsselten Leitungen erreichen kann. Früher gab es das rote Telefon zwischen den Machthabern im Weißen Haus und im Kreml. Das rote Telefon unserer Tage verbindet die Regierungschefs der westlichen Staaten mit ihren Geldgebern. Es wäre zu einfach gedacht, wenn wir glaubten, diese Verbindung beruhe auf persönlicher Nähe und gegenseitigem Vertrauen. Diese Beziehung geht tiefer. Sie beruht auf gemeinsamen Interessen.
    Die steil angestiegenen Unternehmensgewinne zeigen allerdings, dass die Banken keineswegs als Sachverwalter des Gemeinwohls aktiv wurden, sondern auf eigene Rechnung. Die Deutsche Bank erwirtschaftete unter den Vorstandschefs Abs, Pferdmenges, Herrhausen, Christians, Kopper und Breuer gerechnet in heutigen Preisen einen Gesamtgewinn von 32 Milliarden Euro. Ackermann allein schaffte 30 Milliarden Euro. Die bastardisierten ökonomischen Verhältnisse haben sich für die von ihm geführte Bank ausgezahlt. Um das festzustellen, muss man kein Bankengegner sein, nur Bankenrealist.
    In den USA fand diese Entwicklung ihre Entsprechung. Die fünf größten Investmentbanken Amerikas steigerten ihre Gewinne von acht Milliarden Dollar in 2001 auf 30,5 Milliarden Dollar im Jahr vor der Lehman-Pleite. Das bedeutete einen Zuwachs von fast 400 Prozent. Auch nach der Finanzkrise kam es nur kurz zu einem Einbruch der Bankgewinne. Da die Bastardökonomie sich danach nicht nur stabilisierte, sondern expandierte, melden die großen Investmentbanken auch für 2012 wieder Rekordgewinne. Allein Goldman Sachs und J. P. Morgan erzielten in 2012 einen gemeinsamen Jahresgewinn, der nahezu dem Betrag aller zehn Ackermann-Ja hr e entsprach.
    Immobilienspekulation auf Staatskosten – der große Sündenfall made in USA
    Romantiker der Marktwirtschaft sollten hier besser nicht weiterlesen. Der Immobilienmarkt der USA ist seit jeher kein Markt, in dem Verkäufer und Käufer nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage zueinander finden. Die Preissignale werden hier traditionell unterdrückt. Die unsichtbare Hand des Wettbewerbs wurde vor langer Zeit schon gefesselt.
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