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Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Titel: Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabor Steingart
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Am 2. Mai 1995 legte Clinton das Ergebnis der kollektiven Anstrengung auf dem Briefpapier des Weißen Hauses vor. In der Präambel hieß es:
    » Der Besitz von Hauseigentum ist der Amerikanische Traum. Aber dieser Traum verabschiedet sich allmählich. 46 Jahre lang war der Anteil der Häuser, die denen gehörten, die darin wohnen, gestiegen. Doch ab 1980 begann diese Zahl zu sinken. Auch wenn sie in den letzten beiden Jahren wieder zulegen konnte, so ist sie doch weit entfernt vom Höhepunkt dieser Entwicklung. Diesen Trend umzukehren ist vital für das Interesse der Nation, ihrer Volkswirtschaft, ihrer Städte und Dörfer, ihrer Familien. «
    Und es war vital für den Präsidenten, der von diesen Zielgruppen ins Weiße Haus gewählt worden war. Es ging nicht um ein wenig Förderung hier und da. Es ging – schon aus Gründen der Machtpolitik – um den großen Wurf.
    Der 100-Punkte-Aktionsplan, den die Clinton-Regierung nun vorlegte, sollte acht Millionen zusätzliche Menschen bis zum Jahr 2000 zu Hausbesitzern machen. Die Regierung verabredete zwischen privaten Immobilienfinanzierern, staatlichen Förderbürokratien und den halbstaatlichen Immobiliengesellschaften Freddie Mac und Fannie Mae eine, wie es in dem Papier hieß, » beispiellose, nie da gewesene Kollaboration « . Der Report enthalte » die besten Ideen, die ungewöhnlichsten Visionen unserer Zeit « . Im Rückblick liest sich der 100-Punkte-Plan wie der Bauplan für das perfekte Desaster auf dem Immobilienmarkt der USA .
    Viele der Strategien, die später für die Krise mitverantwortlich waren, wurden in dieser Arbeitsgruppe ausgeheckt: Es gelte » kreative Finanzierungsformen zu erfinden und zu nutzen « , um den Häusermarkt » für alle Amerikaner « zu öffnen, heißt es da. Dringend nötig seien » Reformen bei den Regulierungsbehörden « mit dem Ziel, eine » Schnellbahn zum Eigenheim « zu bauen. Die immer wiederkehrenden Kernsätze des Aktionsplans lauten:
    » Wir müssen die regulatorischen Barrieren reduzieren. «
    » Wir müssen den Verleihprozess neu designen, um geringere Finanzierungskosten zu ermöglichen. «
    » Das System der Hausfinanzierung muss auf effektive Weise die nationalen und internationalen Kapitalmärkte kombinieren. «
    » Wir müssen den Hauskauf auch für jene ermöglichen, die kein Geld haben, eine Anzahlung zu leisten. «
    Selbst die Wünsche an die Federal Reserve Bank wurden hier in großer Offenheit formuliert:
    » Niedrige Zinsen für Immobilienkredite, gewährt über einen längeren Zeitraum, würden sich für das Ziel, die Rate der Hausbesitzer in Amerika anzuheben, sehr förderlich auswirken. «
    Die privaten Finanzierer sollten, auch das wurde hier bereits vorgedacht, mit den halbstaatlichen Finanzierungsgesellschaften Fannie Mae und Freddie Mac zusammenarbeiten, mit dem Ziel, den Zweitmarkt für Immobilienkredite stärker als bisher zu nutzen.
    Der Zweitmarkt ist eine versteckte Form der Staatsfinanzierung, weil private Banken oder andere Hypothekenfinanzierer hier ihre Risiken an den Staat weiterreichen können. Das Ganze funktioniert so: Freddie Mac und Fannie Mae kaufen Immobilienkredite auf, die private Immobilienfirmen zuvor vergeben haben. Die Kredite und die damit verbundenen Risiken verschwinden damit aus den Büchern der Privaten, bei Fanny und Freddy aber haftet der Staat. Auf diese Weise wird das Kreditbuch der Privatwirtschaft verkürzt, mit dem gewollten Effekt, dass wieder Platz für neue Kreditvergaben geschaffen wird. So wurde der Staat zum Paten aller Immobilienfinanzierer.
    Auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms befanden sich bei Freddie und Fannie Immobilienkredite in Höhe von fünf Billionen Dollar oder 43 Prozent des Marktes in den Büchern. Damit diese Ansammlung von Risiken überhaupt möglich wurde, hatte der Staat die Eigenkapitalquoten erst gelockert, dann aufgehoben und schließlich die Dokumentationspflichten nahezu suspendiert. Wohl nie zuvor hat eine Bank derart unbekümmert derart viele Risiken in ihre Bücher nehmen dürfen. Eine Gegenwehr seitens der Finanzexperten von Freddie und Fannie ist nicht überliefert. Das schlechte Gewissen setzte erst mit dem Zusammenbruch der Immobilienmärkte ein, der nun zwangsläufig auch den Zusammenbruch der beiden Immobilienfinanzierer bedeutete. Man kann es tragisch oder konsequent nennen: Der Finanzchef von Freddie Mac, der 41-jährige David Kellermann, erhängte sich am 22. April 2008 im Keller seines Wohnhauses.
    Clinton, der den

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