Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)
der mittellosen neuen Hauseigentümer vor den Trümmern ihres Traumes standen. Aber für ein Eingreifen der Aufsichtsbehörden sah er keine Veranlassung:
» Innovative Kreditmärkte haben Kaufgelegenheiten für viele Haushalte geschaffen. Märkte können natürlich übertreiben, aber am Ende werden Marktkräfte jeden Exzess beenden. Für manche Beobachter kommt diese Phase der Selbstkorrektur zu spät und zu verhalten. Ich aber glaube, Märkte leisten bei der Verteilung von Kredit bessere Arbeit als Aufsichtsbehörden. «
Gegenseitig befeuerten sich Politiker und Finanzelite, nur ja keine Krisenstimmung aufkommen zu lassen. Dabei war die sich anbahnende Katastrophe absehbar. Der Autor dieses Buches schrieb in seinem im Frühjahr 2006, also 30 Monate vor der Lehman-Pleite, erschienenen Buch » Weltkrieg um Wohlstand « :
» Ein in sich geschlossener Kreislauf der wundersamen Geldvermehrung ist entstanden. In den Bankbilanzen ist das ganze Ausmaß der Selbsttäuschung zu besichtigen. Mit Fug und Recht kann man heute sagen: Die Wirtschaftskrise, die der Welt ins Haus steht, ist die bestprognostizierbare der neueren Geschichte. «
Der Autor ist nun wahrlich kein Hellseher, aber er hatte mit vielen Experten, darunter Männern wie Josef Ackermann ( CEO Deutsche Bank), Sandy Weill ( CEO Citigroup) und Henry Pa uls on ( CEO Goldman Sachs), über den Sachverhalt gesprochen. Es gab überall ein Gefühl für die Größe der entstandenen Lawine, auch wenn die Beteiligten damals hofften, sie würde sich nicht mit derartiger Urgewalt ins Tal stürzen, und – auch um Panik zu vermeiden – keinerlei Vorkehrungen trafen. Sandy Weill sagte im Februar 2007, als ich ihn in der Citigroup-Zentrale zum Interview traf: » Das Problem ist: Was passiert mit diesen riesigen Handelspositionen, wenn unvorhergesehene Ereignisse das Marktgeschehen verändern oder wenn der Geldzufluss austrocknet? Dann wird es schwer, sich in Sicherheit zu bringen. «
Im Frühsommer 2007 trat genau dieser Fall ein. Die Lawine löste sich. Zunächst erreichte sie Bear Stearns und bald darauf die Immobilienfinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae, die alle drei durch den Staat vor der Pleite gerettet werden mussten. Im Spätsommer 2008 geriet auch Lehman Brothers, die mit 28 000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von 691 Milliarden Dollar zehntgrößte US -Bank, in Schwierigkeiten. Am 15. September 2008 meldete das von deutschen Auswanderern im Jahr 1850 gegründete Geldhaus Konkurs an.
Richard Fuld, der letzte Vorstandsvorsitzende, ging als der Mann in die Geschichte des Subprime-Booms ein, der das Schlusskapitel schrieb. Niemand hatte ihm die Hilfe gewährt, die er zur Rettung benötigt hätte, keine andere US -Großbank und auch nicht die Regierung in Washington. Seine letzte E-Mail an die Mitarbeiter war die kleinlauteste, die wohl je ein Mann der Wall Street verschickt hat: » Die letzten Monate waren eine extreme Belastung, die darin gipfelte, dass wir Konkurs anmelden mussten. Ich fühle mich deswegen schrecklich. «
Doch die Schuld an dieser Jahrhundertpleite ist zu groß, um sie allein diesem Mann und seinem Team zuzuschreiben. Barry Ritholtz kommt der Wahrheit am nächsten. In einem erfundenen Brief der Wall Street an das politische Establishment beschreibt der Blogger und Buchautor das Zusammenwirken von Staat und Bankenwelt:
» An: Washington, D.C.
Von: Wall Street
Betreff: Kreditkrise
Liebes Washington D.C.,
wir haben wirklich eine Menge Mist gebaut hier in Wall Street. Fannie und Freddie stehen unter Denkmalschutz, Investmentbanken stecken tief in Schwierigkeiten, AIG wurde verstaatlicht. Danke auch für den neuen Drei-Billionen-Scheck zu unserer Stützung. Wir hier an der Wall Street haben wirklich allen Grund, uns mitverantwortlich zu fühlen für das, was da passiert ist. Wir haben Kredite vergeben auf Teufel komm raus, wir waren verwickelt in haltlose Spekulationen, wir haben uns ausschließlich auf kurzfristige Profite konzentriert und dabei die Nachhaltigkeit komplett aus dem Auge verloren. Wir haben nicht nur unseren Firmen geschadet, sondern auch das internationale Finanzsystem destabilisiert und der Weltwirtschaft einen kräftigen Schlag verpasst. Und wir haben für all das auch noch dicke Boni kassiert.
Aber hier ist eine Nachricht, D.C., die dich interessieren dürfte: Nichts davon hätten wir ohne dich tun können. Wir waren betrunken, aber du warst der große Helfer im Hintergrund. Die Entscheidungen deines Parlaments, deiner
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