Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)
Regierung und deiner Verwaltung haben all das erst möglich gemacht. Wir bestreiten nicht unsere Schuld. Aber wir wollen dich daran erinnern, dass unsere Verantwortungslosigkeit nur Dank deiner Hilfe diese Ausmaße erreichen konnte.
In tiefer Verbundenheit,
deine Wall Street «
Wer rettet wen? – wie die »Rettungspolitiker« die Gesetze von Marktwirtschaft und Demokratie außer Kraft setzen
Die Pleite von Lehman Brothers war nicht der Beginn einer Entflechtung von Staat und Finanzmarkt, sondern im Gegenteil der Auftakt zu einer neuen Kooperationstiefe, die alles Bisherige in den Schatten stellte. Die Wesensveränderung im marktwirtschaftlichen Organismus, die wir » Bastardisierung « genannt haben, erlebte nun einen neuen Schub.
Der Staat stellte sich nicht nur schützend vor die Finanzinstitute, sondern erwarb nun direkt Anteile an ihnen, beteiligte sich an AIG , Citigroup und Bank of America. In Deutschland gingen Hypo Real Estate, Commerzbank und Aareal Bank komplett oder teilweise in Staatshand über. In Frankreich und Großbritannien das gleiche Spiel. In rund 100 Geldinstitute weltweit wurden rund 1,3 Billionen Dollar an Steuerzahlergeld injiziert.
So ist inmitten der Marktwirtschaft eine Sonderwirtschaftszone entstanden, die nun auch offiziell nach anderen Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Es ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, bei dem die ehemaligen Gegenspieler Regierung und Finanzwelt nun für jedermann sichtbar gemeinsame Sache machen. Die Banken werden vom Staat gestützt und, wo nötig, gerettet und erhalten in hoher Dosis jene Geldbeträge, die zur Aufrechterhaltung ihres Betriebes notwendig sind. Die Staaten halten damit den fleißigsten Aufkäufer ihrer Schuldentitel liquide. Denn bebt die Bankenlandschaft, wackelt die seit den 70er Jahren gängige Staatsfinanzierung.
Seit Ausbruch der Bankenkrise flossen rund eine Billion Euro an direkter Staatshilfe und 2,5 Billionen Euro von den Notenbanken in das Finanzsystem. Für die Banken hatte der Staat damit die Funktion einer kostenlosen Rückversicherung übernommen, die im Schadensfall ohne Prüfung der Schuld auszahlt. Das senkt die Kosten der Geldindustrie und erhöht ihren Risikoappetit – bis heute.
Die Banken danken es den Staaten, indem sie wiederum das Geld bei privaten Investoren einsammeln und es dem Staat zu günstigen Konditionen überlassen. Beide leben gut damit: Die Bank verdient an den Zinsen für die Staatsanleihen. Der Staat wiederum verfügt somit über ein scheinbar unbegrenztes Reservoir an flüssigem Geld, das nicht nur für die laufende Staatsfinanzierung eingesetzt werden kann, sondern auch für die Stimulierung der Wirtschaft.
Wann immer die Marktwirtschaft Zeichen von Schwäche zeigt, spritzt der moderne Politiker ihr einen Stimuluscocktail, bis die Wirtschaft zu florieren und der Bürger zu halluzinieren beginnt. Obamas Regierung habe einen Regenbogen an den wolkenverhangenen Himmel der Weltwirtschaft gezaubert, sagte der Politologe Larry Sabato. Die Geldschöpfung, im Politikbetrieb » Stretching the Dollar « genannt, befriedigt das Geschäftsinteresse der Banken genauso wie das Wählerbeglückungsinteresse der Politik. Die Banken tauschen Geld gegen mehr Geld, die Regierungen Geld gegen Wahlerfolge. Die Rechnung für diese Zusammenarbeit, das ist für die Akteure das Praktische, wird erst zeitversetzt zugestellt. Sie landet, so hoffen die Beteiligten, bei Menschen im Briefkasten, die erst noch geboren werden müssen.
Kam im Jahr 1960 jedes Baby in Deutschland mit Schulden in Höhe von 2400 Euro zur Welt, werden die Babys des Jahres 2012 bereits mit einem Minus von 24 850 Euro Schulden geboren. Im Jahr 2050 würde der Fehlbetrag pro Baby – unterstellt, das Verschuldungsstempo würde beibehalten – bereits bei 200 000 Euro liegen. In Japan, dem am höchsten verschuldeten Industrieland der Welt, beträgt der Fehlbetrag schon heute rund 50 000 Euro. 2050 werden es unter der gleichen Annahme bereits 400 000 Euro sein.
Halten wir also fest: Die westliche Wachstumsschwäche in den 70er und 80er Jahren führte zur Politik des lockeren Geldes, betrieben von Regierungen und Notenbanken. Die staatliche Politik des lockeren Geldes und die neue Laxheit bei der Kreditvergabe der privaten und öffentlich-rechtlichen Banken befeuerten in den USA einen historischen Immobilienboom, der in der dortigen Immobilienkrise gipfelte. Vom US -Immobilienmarkt brannte die Zündschnur weiter in Richtung Bankenwelt, bis das Geldhaus
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