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Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Titel: Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabor Steingart
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Ratingagenturen Moody’s, Standard & Poor’s und andere über. Aber die taxierten diese Risiken so, wie sie auch Länderrisiken taxieren: oberflächlich und stets im Sinne derer, die Kredite und kreditbasierte Finanzprodukte vertreiben.
    Die Hauskäufer spielten artig mit, indem sie die Fragebögen der Immobilienfinanzierer mit Fantasiezahlen zu Vermögenslage und Einkommen ausfüllten. Später war von » Lügen-Krediten « die Rede, aber das ist unfair. Die armen Teufel verhielten sich systemgerecht. Ihre Lügen waren erwünscht, ihre Schummeleien wurden erwartet, man muss sie im Rückblick als » regelkonform « bezeichnen. So wie die Griechen sich ihren Beitritt zur Eurozone unter den wohlwollenden Augen der damaligen europäischen Führer » erschummelten « , war auch diese Täuschung der Immobilienfinanzierer eine gewollte.
    Alle Anstrengung der Banken galt schließlich dem Aufbau eines Kreditvertriebs, der in kurzer Zeit hohe Fallzahlen hervorbringen sollte. Gründlichkeit wurde durch Schnelligkeit ersetzt, was ganz im Sinne des Erfinders, sprich des jeweiligen US -Präsidenten, lag. Clinton hatte – wir erinnern uns – acht Millionen, Nachfolger Bush junior weitere sieben Millionen neue Hauseigentümer bei der Finanzindustrie bestellt. Jetzt musste geliefert werden.
    Zukunft zu verkaufen – die Funktion der Notenbanken für die Bastardökonomie
    Eine Schlüsselrolle innerhalb der Bastardökonomie spielen die Notenbanken. Denn noch das komplexeste Finanzprodukt und das billigste Haus brauchen einen Käufer. Und der Käufer braucht Geld. Und wenn er kein Geld hat, muss eine Bank es ihm leihen, also als Ersatzkäufer auftreten.
    Nun gibt es aber zwei Dinge, die kann die Privatwirtschaft niemals tun: Krieg führen und Geld drucken. Beides ist aus gutem Grund den Unternehmen entzogen. Wo kämen wir hin, wenn jeder Konzern nach Gutdünken dem Nachbar-Konzern den Krieg erklären dürfte und mit einer Privatarmee loszöge. Undenkbar aber auch, dass die Privatwirtschaft sich selbst das Geld druckte, um die nötigen Investitionen bezahlen zu können. Jede Währung wäre schnell ruiniert. Unsere Banknoten sind nur dann etwas wert, wenn sie knapp gehalten werden.
    Bei der amerikanischen Immobilienkrise spielte die Geldversorgung eine zentrale Rolle. Erst die neu geschöpften, zusätzlich in den Kreislauf geschossenen Billionen entfalteten jene Kräfte der Beglückung und später der Zerstörung, an denen die Weltwirtschaft bis heute leidet. Es war so, wie Professor Mason im September 2008 vor dem Senat aussagte: » Keine der angewandten Finanzierungsmethoden war neu, einmalig, unbekannt. Das, was die Krise ausmachte, war die schiere Größe der Operation. « Die Subprime-Kredite waren von weniger als eine Billion Dollar in den späten 90er Jahren auf knapp zehn Billionen Dollar in 2008 gestiegen. Wenn Banken und Staat die Zündschnüre gelegt haben, dann lieferte die US -Notenbank tonnenweise das Dynamit.
    An dieser Stelle hat Alan Greenspan seinen Auftritt. Der Notenbankchef, der 1987 zum Vorsitzenden der US -Notenbank ernannt wurde, startete eine regelrechte Offensive zur Flutung der Märkte. Er setzte den Zinssatz, der im historischen Durchschnitt der vorherigen drei Jahrzehnte bei 6,6 Prozent gelegen hatte, auf bis zu einem Prozent herunter. Aber das war nur sein Eröffnungsspielzug. Es folgte eine Serie von Zinssenkungen, bis jedermann verstanden hatte, dass es nun zur Staatsräson gehörte, sich mit billigem Geld zu versorgen. Die Zukunft war käuflich geworden: So schien es. So sollte es scheinen.
    Greenspan lieferte das, was der Präsident von ihm erwartete: billiges Geld, erst recht, nachdem der Terroranschlag vom 11. September 2001 die Nation erschüttert hatte. Mit frisch gedruckten Dollarnoten wollte man die Amerikaner trösten. Die Hochhaustürme waren gekippt, jetzt sollte die Stimmung nicht noch hinterherkippen. Als erste Waffe im Einsatz gegen die Terroristen – Guantanamo und die Massenvernichtungswaffen des Irak waren noch nicht erfunden – wurde die Geldpolitik eingesetzt. Wenn Wall Street sich in den folgenden Jahren in ein Kasino verwandelt hat, dann war es die Federal Reserve Bank, die Lastwagen voller Jetons in das Land hinausschickte.
    Greenspan stellte den Banken das Leihgeld für ihre Hauskredite nahezu kostenlos zur Verfügung, das heißt mit einem Zinssatz unterhalb der Inflationsrate. Die Leitzinsen sanken bis 2003 auf ein Prozent und verharrten auf diesem Niedrigstniveau bis zum

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