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Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Titel: Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabor Steingart
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glücklich, sondern schuldig. Was einst als gerechter Zusatzverdienst für den Fleißigen erfunden wurde – der Bonus, die Prämie, das Deputat, die Provision, das Spitzengehalt –, steht nun unter dem Generalverdacht, ein Instrument illegaler oder zumindest unangemessener Bereicherung zu sein.
    Die bisherigen Helden der Marktwirtschaft, » der Leistungsträger « und » der Aufsteiger « , sind für viele zum Feindbild geworden. Man spricht den Wirtschaftseliten, indem man sie mit den Geldeliten gleichsetzt, die Fähigkeit ab, sich in andere einfühlen zu können. Der Spitzensteuersatz erscheint in der neuen dubiosen Ausleuchtung als Entschädigungszahlung für an der Gesellschaft begangene Gräueltaten. Seine Erhöhung wird so zur Ehrensache. Einen Spitzensteuersatz von 75 Prozent hat der neue französische Präsident François Hollande seinen Wählern versprochen.
    Selbst da, wo die Marktwirtschaft beeindruckende Erfolge zu verbuchen hat, werden sie nicht mehr als solche anerkannt. Die 41 Millionen Beschäftigten schreibt ihr keiner gut. Die drei Millionen Arbeitslosen kreidet man ihr an. Ihre historisch unerreichte Großzügigkeit dankt ihr niemand. Die Zahl von mittlerweile sieben Millionen Hartz- IV -Beziehern dient nicht als Ausweis von Barmherzigkeit, sondern als Beleg von Grausamkeit.
    Der fundamentale Unterschied zwischen der bedrohten Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts und dem gescheiterten Kapitalismus in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist folgender: Der Kapitalismus ging an sich selbst zugrunde. Er verstarb, weil man seinen wahren Charakter durchschaut hatte. Die Marktwirtschaft dagegen leidet, weil man ihren wahren Charakter manipuliert hat.

    Kapitel 5 – Neustart. Wie sich die Bastardökonomie beenden und unser Wohlstand erhalten lässt
    Eine Entflechtung von Staat und Banken ist geboten – und möglich. +++ Das Parlament hat sein Königsrecht, das Budgetrecht, verwirkt und soll die Entscheidungen über Ausgaben und Einnahmen dem Bürger überlassen. +++ Wie die Banken wieder zu Dienstleistern werden. +++ Warum Europa ein neues Konzept braucht, und warum Marktwirtschaft und Frei heit zusammengehören.

Die Bastardökonomie – eine Schadensbilanz
    Die hier vorgelegte Weltwohlstandsgeschichte hat das Tun und Treiben der Feinde unseres Wohlstands in helles Licht gerückt. Die Bilanz der Bastardökonomie fällt überall im Westen ernüchternd bis erschütternd aus. Die Verformung unserer Marktwirtschaft ist Europa und Amerika nicht gut bekommen.
    Der Wohlstand aller westlichen Staaten wurde durch die Turbulenzen im Grenzbereich von Staat und Finanzwirtschaft geschmälert, nicht gemehrt. Die Hypothek gegenüber künftigen Generationen wurde nicht verringert, sondern vergrößert. Die internationale Position der westlichen Volkswirtschaften gegenüber den Wettbewerbern aus Asien hat sich verschlechtert, nicht verbessert. In China werden Überschüsse erzielt, im Haushalt und in der Leistungsbilanz. Die USA , Großbritannien und der überwiegende Teil der Eurozone fallen dagegen durch hartnäckige Leistungsbilanzdefizite und schnell wachsende Haushaltsdefizite auf.
    Auch die drei westlichen Währungen Dollar, Yen und Euro wurden in Mitleidenschaft gezogen. Die Rettung mit der Notenpresse hat ihrer Glaubwürdigkeit geschadet. China arbeitet an einer multipolaren Währungswelt, um die Abhängigkeit von den westlichen Währungen zu verringern, und das Neue ist: Die Steuerzahler in Europa und Amerika haben ein Interesse an der Verwirklichung dieser Vision. Nur durch Druck von außen wird es gelingen, die Europäische Notenbank in Frankfurt und die Federal Reserve Bank in Washington wieder aus der Umklammerung der politischen Augenblicksinteressen zu entlassen.
    Mit Missvergnügen erlebt der steuerzahlende Bürger, wie sein Wohlstand umverteilt wird an Banken und Banker. In grotesker Verkehrung des Leistungsprinzips retten die soziologische Mitte und der unternehmerische Mittelstand die Elite der Finanzwirtschaft. Ausgerechnet der domestizierte Kapitalismus tritt seinen Bürgern in wölfischer Absicht gegenüber. Nur dass diesmal der Staat, gewissermaßen als Anwalt der großen Leute, die Umverteilung von der Mitte nach oben organisiert. Vor Gericht würde man von Mandantenverrat sprechen.
    Das Publikum lässt sich von der stolz geschwellten Retterbrust der Politiker nicht mehr beeindrucken. Die Permanenz der europäischen Sondergipfel flößt Misstrauen ein; die tiefen Ränder unter den Augen

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