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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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die sonderbarerweise nach dem Waffenstillstand passierte, doch nicht ganz so harmlos war, wie die Zeitungen es darstellen.« Er deutete auf eins der Blätter vor ihm.
    »Nun, Winterloo, dann können wir Medardus hier bald erwarten. Nach dem Datum dieses Berichts zu urteilen, müßte er ja schon auf englischem Boden gelandet sein. Ich bin neugierig, ob die brasilianische Regierung Schritte unternehmen wird, um die Auslieferung des Kapitäns Wildrake zu erreichen.«
    »Ich glaube, da werden die Brasilianer keine Gegenliebe finden, Arvelin. Wildrake ist von großväterlicher Seite englischen Blutes. Du weißt ja aus den Zeitungen, wie man in England seine Taten im Kriege feierte, als wäre er selbst Engländer. Auch Medardus wird in England gute Aufnahme finden.«
    Eine Uhr, die im Nebenzimmer bisher laut getickt hatte, setzte plötzlich aus. Der Freiherr sprang hastig auf, eilte hinüber. Auf langen Tischen, an den Wänden überall blitzende Apparate aus Glas und Metall; ein paar Maschinen im Hintergrund; das Ganze das wohleingerichtete Laboratorium eines Privatgelehrten.
    Der Freiherr schritt zu einem Gerüst, auf dem ein schwerer eiserner Behälter befestigt war, und beugte sich über die Skalenscheibe eines elektrischen Meßgerätes. Die kurzsichtigen Augen dicht an die Skala gedrückt, las er mit unverhohlener Befriedigung das Ergebnis ab.
    »Komm bitte schnell, Arvelin!«
    Der Gerufene trat lächelnd neben den Freund. »Zwanzigtausend Kilowattstunden! Und noch immer nicht genug?« Er schlug dem anderen leicht auf die Schulter. »Noch länger soll deine wunderbare Leistung hier im Laboratorium im Verborgenen ruhen? Ach, wenn ich denke, ich stünde wieder vor meinen Studenten und könnte ihnen sagen: Meine Herren! Der Freiherr Karl von Winterloo ist im Besitz einer Erfindung, die die Verkehrswirtschaft, die Betriebswirtschaft der Industrie - kurz, einen großen Teil der allgemeinen Wirtschaft vollständig auf neue Füße stellt ... Er hat auf physikalischem Wege einen Betriebsstoff hergestellt, der in Form eines chemischen Akkumulators das zwanzigfache Arbeitsvermögen unserer heutigen besten Betriebsstoffe aufzuspeichern erlaubt. Wie eine Bombe würde meine Mitteilung im Zuhörerraum wirken! Und wenn ich gar verriete, daß die Erfindung schon vor vielen, vielen Monaten gemacht ist, daß aber der Erfinder weder früher noch jetzt daran denkt, sie der Öffentlichkeit zu übergeben - weil er in unbegreiflichem Starrsinn seine Entdeckung für noch nicht vollkommen hält - weil sein Ziel die hundertfache Speicherung ist, ja, dann würde man wohl sagen: Der Doktor Arvelin ist plötzlich toll geworden!«
    Ein fast kindliches Lächeln glitt über die faltigen Züge des Freiherrn. »Ich - und Geschäfte machen mit dem, was ich in jahrelanger, angestrengter Arbeit geschaffen, nur im Interesse der Wissenschaft geleistet habe? Ich mit raffinierten Geschäftsleuten in Verbindung treten, Aktiengesellschaften gründen, Organisationen aufziehen - vielleicht gar als zwanzigfacher Aufsichtsrats-Ehrenvorsitzender? O Gott, wenn ich dächte, so etwas sollte mir blühen, dann wäre mir die Arbeit und alles, was ich erreicht, verhaßt!«
    »Brauchst du mir nicht zu sagen, Winterloo! Du bist eben der echte Idealist.«
    »Mag sein, Arvelin! Doch du bist nicht anders! Gabst du nicht auch deine Universitätslaufbahn auf, um hier in der Stille deiner Forschung besser dienen zu können?«
    Über seine Apparate gebeugt, sah Winterloo nicht, wie ein Schatten über Arvelins Züge glitt, als er sich abwandte und zu den Maschinen im Hintergrund schritt. Mit kundiger Hand prüfte er flüchtig die Schaltung einiger elektrischer Schwingungskreise, ging dann wieder in das Nebengemach und warf sich in einen Lehnstuhl im Schatten des großen Kachelofens.
    »Zwanzig Jahre«, murmelte er vor sich hin, »und zehn Jahre dort drüben - ein Menschenalter zusammen! Und doch habe ich die letzte, die richtige Lösung noch nicht gefunden. Mein chemischer Panzer - er schützt wohl mich vor der todbringenden Wirkung. Würde auch anderes Leben schützen, wenn ... Oft mag’s genügen. Und doch! Vollendet gelöst erst wäre das Problem, wenn ich das Gift der Schwingungen auf anderem Wege binden, auf weite Flächen das menschliche Auge täuschen könnte. Nur so wär’s vollbracht. Doch hier scheitert all mein Können ... Gibt’s einen Weg dazu? Werde ich ihn in der Zeit, die mir noch geschenkt ist, finden?«
    Der Freiherr kam herein. Sein Äußeres verriet, daß er

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