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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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daß statt des alten Stephan ein junger Kutscher auf dem Bock saß, die Pferde ausspannte, in den Stall stellte, sich dann, wie um die Zeit zu verbringen, in dem Schloßhof, dem anstoßenden Garten und Park herumtrieb. —
    Am Nachmittag fuhr ein Kraftwagen auf den Hof von Schloß Winterloo, an dessen Kühler ein Wimpel in den Farben der brasilianischen Flagge flatterte. Keinem fiel es auf, daß einer der aussteigenden Herren, der als Señor Tejo angeredet wurde, eine gewisse Ähnlichkeit mit dem jungen Kutscher hatte, der Franz am Morgen hierhergefahren.
    Der Besuch blieb nicht lange im Schloß. Mit größter Liebenswürdigkeit begleitete der Freiherr die Herren zu ihrem Auto, verabschiedete sich herzlich von ihnen. Er war gerührt durch die weitgehende Gefälligkeit, mit der die brasilianische Botschaft in Berlin sich seiner Sache angenommen hatte.
    Die Papiere, die die Herren der Botschaft mitgebracht, gaben ihm den klaren Beweis, daß drüben in Brasilien die gesuchten Winterloos lebten, die künftigen Erben des alten Stammschlosses.
    »Ich finde es, offen gestanden, recht auffällig, Señor Remedio - Pardon, Major Tejo, daß Ihr ... Freund, Hauptmann Winterloo, Ihnen mit keinem Wort etwas von seiner Reise nach Venezuela gesagt hat.«
    Der junge Sekretär drehte sich zu seinem Nachbar, der durch das Fenster des Kraftwagens auf die im Mondlicht glitzernde Schneefläche starrte. Als der Angeredete nicht antwortete, fuhr der andere fort: »Zum mindesten ist es für einen brasilianischen Offizier überaus gewagt, sich, wenn auch Waffenstillstand besteht, in das feindliche Land zu begeben. Er setzt sich dabei von beiden Seiten Deutungen aus, die nicht ungefährlich sind.«
    »Wie meinen Sie das?« Der mit Tejo Angeredete sah den anderen scharf an.
    Der zuckte die Schultern. »Nun, ich kann mich natürlich nicht deutlich aussprechen. Doch wenn ich das wiedergeben würde, was gerüchtweise in die Botschaft drang ...«
    »Was? Sprechen Sie offen!« unterbrach ihn Tejo barsch.
    »Nun«, begann der Sekretär zögernd, »die auffälligen Zusammenhänge bei der Befreiung dieser Edna Wildrake: die Aussage des Schließers, er habe den Hauptmann mehrere Tage vor der Flucht darauf aufmerksam gemacht, daß das Türschloß zum Seitengang nicht in Ordnung sei - Winterloos Abreise nach Venezuela, wo doch wahrscheinlich diese Edna Wildrake jetzt weilt -, das alles sind Dinge, die zu Gerüchten wohl Anlaß geben können.«
    Tejo antwortete nicht. Er starrte vor sich hin. An ein verräterisches Handeln des Freundes konnte, wollte er nicht glauben. Zu lange kannte er Winterloo, um nicht zu wissen, daß offener Verrat ihm fernlag.
    Und doch - noch am Tage vor seiner Abreise war er bei Winterloo gewesen. Weshalb hatte ihm der nicht den Plan seiner Reise mitgeteilt? Er nahm sich vor, bei seiner Rückkehr nach Brasilien alles zu tun, um sich Gewißheit zu verschaffen, wo die Wahrheit lag.
    Jetzt sprach er nur das aus, womit er sich selbst immer beruhigt hatte. »In Venezuela wohnt die Mutter des Hauptmanns, Herr Sekretär!« Seine Stimme nahm einen gewollt scharfen Ton an. »Die Reise Winterloos findet in dieser Tatsache vorläufig eine genügende Erklärung. Alles andere sind leere Kombinationen!«
    *
    Im Schloß saßen derweil die beiden Freunde am Kamin im Turmzimmer.
    »Ich glaube kaum, Arvelin, daß wir noch weitere Auskünfte von der Botschaft erwarten dürfen. Ich muß sagen, ihr außerordentliches Entgegenkommen hat mich sehr überrascht. Daß man nun drüben auch noch Nachforschungen nach dem augenblicklich unbekannten Aufenthalt dieses Oswald Winterloo anstellt, wäre zuviel verlangt. Sicherlich ist er nicht verschwunden, er wird eines Tages wiederkommen. Wie gern möchte ich ihm, der sich als tapferer Offizier in der brasilianischen Armee ausgezeichnet hat, persönlich noch kennenlernen, ihn als Herrn seines Erbes hier begrüßen.«
    Arvelin streifte mit kurzem Seitenblick die Gestalt des Freiherrn. »Und wie wäre es, wenn ich selbst übers Meer ginge? Den Erben suchte - ihn hierherbrächte?«
    »Arvelin! Das wolltest du tun? Keinen besseren Freundschaftsdienst könntest du mir erweisen!«
    Der andere wehrte ab. »Du bist damit einverstanden? Das genügt mir. Sobald mein Paß in Ordnung ist, fahre ich!«
    *
    Juan Avilla, der alte Administrator von La Venta, war mit dem Abschluß seiner Bücher fertig und wollte sich eben zur Ruhe begeben, als er leises Klopfen am Fenster hörte. Er schaute hinaus, prallte plötzlich

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