Unsortiertes
vereinbarten
einen Termin in meinem Büro zwecks genauerer Planung und ich fuhr endlich zu
meinem abendlichen Happening.
Meine Mutter kam am Tag nach Pfingsten ins Büro gestürmt, wirkte
freudig aufgelöst. „Junge, Hans hat gerade angerufen, bei seiner Frau haben die
Wehen eingesetzt, er wird die nächsten Tage wohl ausfallen. Wir werden die
Arbeiten bei Ballenberg wohl verlegen müssen.“
Hätte der neue Erdenbürger nicht früher kommen können? „Lass mal! Ich
werde gleich das Jobcenter anrufen und mir einen Tagelöhner anheuern. Wir
wollen ja sowieso erst mit der Rodung anfangen.“
„Ganz wie du meinst, mein Kleiner.“ Meine alte Dame lachte mich an.
Ich bin zwar kein Sklavenhalter, aber bei manchen Aufträgen greife ich
gerne auf die Möglichkeit von Tagesarbeitern zurück. Wenn nur ein Häcksler zu
bedienen ist, wieso sollte ich einen ausgebildeten Gesellen dafür einsetzen? Da
nehme ich doch lieber einen Ungelernten, der die Äste nach und nach in das
Gerät einführt. Gut, es mag zwar etwas länger dauern, bis er zu dem gleichen
Ergebnis wie die Fachkraft kommt, aber, betrachtet man die Kosten, ist der
Hilfsarbeiter unschlagbar günstig.
Ich wollte gerade Mittagspause machen, als das Telefon klingelte.
„Landschaftsbau Tenhagen.“
Mein Gesprächspartner räusperte sich. „Klaus Sinkewitz vom Jobcenter.“
Jobcenter? War irgendetwas mit dem Tagesarbeiter, den ich für den
Auftrag angeheuert hatte? Aber der war doch schon seit drei Stunden bei der
Arbeit. „Herr Sinkewitz! Was kann ich für Sie tun?“
„Herr Tenhagen, hätten sie Interesse an einer Arbeitskraft, die nichts
kostet?“ Er wirkte nervös.
Es ging also nicht um meine Tagelöhner, ich war erst einmal beruhigt.
„Wen wollen sie mir denn anbieten und warum kommen sie damit zu mir?“
„Ich suche händeringend für einen jungen Mann ohne Schulabschluss eine
Praktikumsstelle.“ Er atmete durch. „Der Kollege Werner von der
Tagesvermittlung hat mir gesagt, dass sie des Öfteren ungelernte Kräfte
anfordern, von daher dachte ich, ich könnte ihn bei ihnen unterbringen.
Allerdings bräuchte er die Stelle am besten schon gestern.“
Arbeit war genügend da und, wenn Hans länger ausfallen sollte, würde
ich Ersatz für ihn brauchen. Warum sollte ich extra einen Tagelöhner bezahlen,
wenn ein Freiwilliger das Gleiche für Gotteslohn erledigen würde? Also: Warum
eigentlich nicht? Versuchen konnte man es ja. „Dann kommen sie mal mit dem
Knaben vorbei. Sagen wir, um 14:00 Uhr?“
„Einverstanden … und schon einmal Danke.“ Er legte auf.
Der Diplom-Sozialpädagoge vom Amt war sogar überpünktlich. Drei Minuten
vor der vereinbarten Zeit klopfte es an meiner Bürotür. Ich hatte, der Stimme nach,
mit einem älteren Mann gerechnet, aber der Typ war mindestens fünf Jahre jünger
als ich und ich werde dieses Jahr 33. Ich bot ihm einen Stuhl an. „Also, Herr
Sinkewitz, wo ist denn nun ihr Schützling?“
„Der müsste in einer halben Stunde aufschlagen.“ Er setzte sich. „Ich
wollte erst mit ihnen alleine reden, denn … die Situation ist etwas …
verzwickt.“
„Inwiefern merkwürdig?“ Ich blickte ihn fragend an.
„Naja, Matthias …“ Der Brillenträger atmete tief durch. „Er ist mit 11
zum ersten Mal vor seiner Familie geflohen. Alkohol und Prügel bestimmte das
Familienleben, der ältere Bruder hing an der Nadel, die Schwester ging auf den
Strich, … also alles ziemlich verwahrlost.“
„Keine gute Kindheit!“ Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück.
Er blickte mich offen an. „Meiner Ansicht nach hat das Jugendamt zu
spät reagiert. Tätig wurde man erst, als Matthias mit knapp 15 in Neapel von
der italienischen Polizei aufgegriffen wurde. Es folgten Aufenthalte in
diversen Pflegefamilien, in Heimen, psychiatrischen Einrichtungen … und auf der
Straße. Anfang letzten Jahres, sein Bruder starb an einer Überdosis, hat es bei
ihm Klick gemacht und er hat sich einigermaßen gefangen. Seitdem lebt er in
einer betreuten Wohngruppe.“
Die Geschichte war nicht toll, aber weshalb diese Eile? „Und warum soll
er heute noch anfangen?“
„Er ist letzte Woche 18 geworden und mit der Volljährigkeit hört die
Betreuung durch das Jugendamt eigentlich auf, es sei denn …“ Mein Gegenüber
schaute mich verzweifelt an. „… der Bewohner ist in einem Beschäftigungs- oder
Ausbildungsverhältnis. Wenn das der Fall
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