Unsortiertes
nicht immer nur in der Öffentlichkeit auf Forschungsreise gehen.
Ma & Ma
Ich hätte meine Mutter umbringen können, als sie mir kurz vor
Feierabend mitteilte, ich hätte noch einen Termin. Anstatt jetzt mit Jost,
seinem Johannes und ein paar guten Freunden nackt am Pool zu liegen und den
Würstchen bei ihrer Bräunung zuzuschauen, durfte ich mir mit potenziellen
Kunden deren arg verwilderten Garten ansehen; und das am Abend vor Christi
Himmelfahrt. Ein Blick reichte vollkommen, um zu erkennen, dass man hier ohne
Probleme Dornröschen hätte nachspielen können, zumindest die Szene mit der
Dornenhecke.
Gut, ich bin zwar Geschäftsführer von Tenhagen Garten- und
Landschaftsbau, aber auch ein Chef hat mal Feierabend! Anscheinend gönnte mir
meine Mutter, die, mit ihren knapp 60 Jahren, immer noch die gute Seele des
Betriebs war, dieses Stück Freiheit nicht. Was hatte sie gemeint, als sie mir
diesen abendlichen Treff aufs Auge drückte? Ich solle mich anstrengen, den
Auftrag auch zu bekommen, denn der neue Hauseigentümer wäre der neue
Stadtkämmerer und gute Drähte in die Verwaltung könne man immer gebrauchen.
Der Herr der kommunalen Finanzen, Ballenburg mit Namen, ich schätzte
ihn auf Anfang bis Mitte 40, war eigentlich ein umgänglicher Typ und beschränkte
sich auf das Wesentliche. Seine Frau jedoch, ungefähr zehn Jahre jünger als ihr
Gatte und damit in meinem Alter, glich dessen Wortkargheit mehr als aus: Sie
redete wie ein Wasserfall, ohne Punkt und Komma. Der Garten des Anwesens, dass
das Paar gerade käuflich erworben hatten, maß knappe 3.000 Meter im Quadrat und
befand sich, wie schon gesagt, in einem ziemlich bedauernswerten Zustand.
Allein die Beseitigung des Wildwuchses würde im vierstelligen Bereich liegen
und die Auffahrt müsste komplett gemacht werden.
Allerdings war das auch kein Wunder, denn die alte Eigentümerin,
Josefine Kruse-Hoppeditz, hatte, nach ihrem Schlaganfall vor fünfzehn Jahren,
das Haus kaum mehr verlassen. Zwar lag sie schon seit mehr als vier Jahren
unter der Erde, aber ein Erbschaftsstreit in der bäuerlichen Familie
verhinderte wohl eine schnellere Verwertung des ehemaligen Altenteils des Hofes
Kruse-Hoppeditz.
„Und? Was meinen sie? Wie viel wird es kosten, um den Garten wieder auf
Vordermann zu bringen?“ Erwartungsvoll blickte mich der Schlipsträger an, als
wir am Haus wieder angekommen waren.
Ich atmete tief durch. „Tja, um aus ihrem Garten wieder einen Garten zu
machen, der sich auch so nennen darf, liege ich im mittleren fünfstelligen
Bereich. Aber mit all ihren Wünschen? Da brauche ich dann doch knapp eine halbe
Million.“
„Bitte? Das ist jetzt nicht ihr Ernst, oder?“ Dem Anzugträger fielen
fast die Augen aus dem Kopf.
Ich lächelte ihn süffisant an. „Doch, denn es sind ihre Sonderwünsche,
die das Projekt verteuern. Ihre drei Kinder sind noch nicht in der Grundschule,
also rate ich von Schwimmteichen und ähnlichen Wasserarealen ab. Auch würde ich
keine Natursteinmauern bauen, sondern eine Hecke pflanzen, passt erstens besser
in die Landschaft und ist 95 % günstiger. Gleiches gilt für die Auffahrt,
bis jetzt ja ein besserer Feldweg, auf dem man bei Regen einsinkt. Sie brauchen
einen vernünftigen Unterbau und es ist egal, ob sie nun einfaches
Verbundpflaster oder teures Kopfsteinpflaster darauf verlegen.“
„In Zahlen?“ War der Mann kurz angebunden!
Ich grinste immer noch. „Inklusive Unterbau und Arbeitslohn liegt ein
Quadratmeter Verbundsteine bei ungefähr 30 Euro, bei Kopfsteinpflaster müssten
sie mit der zwei- bis dreifachen Summe rechnen. Ein Meter Natursteinmauer
liegt, bei zwei Meter Höhe, bei rund 1.000 Euro, der Meter Hecke kostet, je
nach Höhe der Pflanzen, zwischen 30 und 50 Euro und sie brauchen knapp 250
Meter Zaun.“
„Das ist ein erheblicher Unterschied!“ Man sah, dass es in ihm
rechnete. „Um ehrlich zu sein, wir haben gerade erst das Haus gekauft und
rechnen so mit 100.000 für den Umbau, also … mehr als 20.000 sind im Moment für
den Garten nicht drinnen. Können sie damit was anfangen?“
Ich nickte. „Dafür kriegen sie auf alle Fälle die Rodung, eine halbhohe
Hecke und die Auffahrt. Aber mehr als eine Art englischer Landschaftsgarten,
also Rasen und ein paar Rhododendren als Blickfang, ist mit diesem Budget nicht
machbar, vielleicht noch ein Obst- und ein Küchengarten. Aber mehr?“
„Dann machen wir das so!“ Ich liebe glückliche Kunden. Wir
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