Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
brach durch. Er hörte Stimmen; mehrere Stimmen, allerdings verwaschen, frustrierend in ihrer Unverständlichkeit.
Madame Foulard hob die Hände an die Schläfen und runzelte die Stirn. Er war zu weit gegangen. Jetzt hatte sie Kopfschmerzen. Er hatte kein Recht, derart in sie einzudringen, und schon gar nicht, ihr Schmerzen zuzufügen.
Neugier war keine Entschuldigung dafür. Adam zog sich sogleich zurück.
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Madame Foulard?«, erkundigte sich Victoria voller Sorge.
»Ja, ja, selbstverständlich. Aber ich muss Ihnen leider mitteilen, Mrs. Bilen, dass es in Ihrem Haus keine Geister gibt.«
Adams Überraschung spiegelte sich auf Cems Gesicht.
Grace sah aus, als würde sie jeden Moment explodieren.
»Woher wollen Sie das wissen?«, fauchte sie, sprang auf und wies anklagend mit dem Finger auf Lea. »Sie kommen hier rein, stellen dumme Fragen, und dann behaupten Sie, es ist nichts! Sie sind eine Lügnerin und Betrügerin!«
Adam ließ Madame Foulard nicht aus den Augen. Wie würde sie darauf reagieren? Ihre Nasenflügel bebten, ihre Augen verengten sich, und sie presste ihre vollen, bleich geschminkten Lippen grimmig zusammen.
»Das reicht!« Sie stand auf und zog ihren Umhang enger um die Schultern. »Mrs. Bilen, Sie glauben nicht, dass es hier spukt, oder?«
Victoria schüttelte mit hochroten Wangen den Kopf.
Cem, der ihr Unbehagen spürte, legte schützend den Arm um sie. Madame Foulard nickte majestätisch. Dass sie die Rolle einer gebeugten Alten spielen sollte, schien sie für den Moment vergessen zu haben, wie Adam bemerkte.
»Und Ihr Mann hat das sowieso nie geglaubt. Ich frage mich daher, warum Sie, Miss Grace, mich unbedingt hier haben wollten? Denn das, was Sie mir erzählt haben, ist gelogen.«
Grace sah einen Moment lang aus wie ein Kind, das mit der Hand in der Keksdose ertappt worden ist. Vielleicht hat sie ja wenigstens jetzt den Mumm, die Wahrheit zu sagen, dachte Adam, aber damit war wohl kaum zu rechnen.
»Sie sind die Lügnerin, Madame!«, kreischte Grace.
»Das reicht, Grace!«, donnerte Cem.
Er würde nicht zulassen, dass seine Schwägerin sich noch mehr blamierte und seine Frau weiter in Verlegenheit brachte.
»Ich muss mich für meine Schwägerin entschuldigen.
Es tut mir leid, dass wir Sie unnötig hierhergeholt haben.
Natürlich werden wir Sie für Ihre Mühen entschädigen.«
»Das ist nicht nötig. Ich verlange nichts für das, was ich tue«, erklärte Madame Foulard. Ihr Zorn schien ebenso schnell zu verrauchen, wie er aufgeflammt war, und auf einmal erinnerte sie sich wieder an ihre Rolle. Sie ließ die Schultern hängen und krümmte den Rücken.
»Ich selbst muss mich für meine harten Worte entschuldigen.« Sie schaute Victoria an. »Wir alle haben unsere Gründe, warum wir von Zeit zu Zeit nicht die Wahrheit sagen.«
Die beiden Frauen wechselten einen stummen Blick, dann wandte sich Madame Foulard ab und verließ das Zimmer.
»Blöde alte Schachtel«, schimpfte Grace und ließ sich wieder auf ihren Stuhl fallen. »Die hat doch nicht alle Tassen im Schrank!«
Victoria beachtete ihre Schwester nicht und wandte sich stattdessen an ihren Mann. »Cem, ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen. Sollten wir ihr nicht wenigstens ein Taxi bezahlen?«
»Ich werde unsere Geisterjägerin selbst heimbringen«, sagte Adam zu seiner eigenen Überraschung.
4. Kapitel
Wieso ausgerechnet er!«, brummte Lea vor sich hin, während sie sich mit großen Schritten vom Haus entfernte.
Es war nicht zu fassen, dass ihr James Bond ausgerechnet hier, in Edinburgh, noch mal über den Weg lief! Nein, sein Name war nicht Bond, sondern Adam - wie der erste Mann in der Bibel. Wie passend für einen, der Testosteron versprühte, wie ... eineTestosteronmaschine. Lahm! Selbst ihre Gedanken waren lahm. Genau wie ihre Reaktion vorhin, als er das Zimmer betrat. Sie war so sicher gewesen, dass er sie erkennen würde, aber rückblickend war das natürlich lächerlich.
Erstens war sie ziemlich gut verkleidet. Und zweitens waren seit ihrer damaligen Begegnung in Istanbul - 60 Sekunden in einem Hotelgang - sieben Jahre vergangen. Sie selbst konnte sich vor allem deshalb noch so gut daran erinnern, weil sich ihr Leben zwei Wochen später komplett auf den Kopf gestellt hatte.
»Sei nicht traurig, Lea, wir haben doch schon vorher gewusst, dass das Ganze ein falscher Alarm sein könnte«, versuchte Liam sie zu trösten.
»Ach, ich bin nicht traurig. Ich habe nur
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