Unsterblich geliebt
scharf. Warum glaubt mir das eigentlich niemand?“
Ihre Finger waren durch die Bewegungen in den ohnehin strammen Plastikfesseln mittlerweile fast taub und sie hatte Schwierigkeiten, ihre „Waffe“ überhaupt richtig zu halten. Nach mehreren Versuchen gelang es ihr schließlich, die Fessel an ihren Händen zu durchtrennen. Leider war ihr Glück damit zu Ende, denn der Brieföffner fiel ihr dabei aus der Hand und verabschiedete sich mit einem Klappern durch den Rost des Wasserablaufs im Kellerboden.
„ So ein Mist!“
Aber so schnell würde sie nicht aufgeben. Sie rieb sich zunächst die schmerzenden Handgelenke und massierte kurz ihre steifen Finger. Dann versuchte sie den Rost hochzuheben, rüttelte und zerrte daran, doch das Ding war im Boden verschraubt und ohne Werkzeug war nichts zu machen. Also versuchte sie mit Händen und Zähnen der Plastikfessel an ihren Füßen beizukommen.
„ Hör auf Lara. Das ist zwecklos, ich kenn die Dinger.“
„ Mist! Und was jetzt?“
„ Versuch nochmal zu mir zu kommen. Oskar hat die Kette haargenau abgemessen, aber jetzt bist du ja in der Lage die Arme auszustrecken, weil deine Hände frei sind.“
Und John behielt Recht! Sie hatte nun genau die 40 Zentimeter, die ihr vorhin fehlten.
So schnell wie möglich, schnürte sie Johns Stiefel auf und holte das kleine Messer aus seinem Schuh. Problemlos schnitt die Klinge ihre Fußfessel durch. Und weil die Kette nur mit der Plastikfessel verbunden war, war sie nun frei. Dass sie sich dabei ins Bein geritzt hatte und etwas blutete, fand sie nicht tragisch. Bis sie ein dunkles hungriges Knurren hörte. Als sie zu John hoch blickte, fuhren gerade seine rasiermesserscharfen Fangzähne aus.
„ Mist!“ Erschrocken krabbelte sie einen Meter rückwärts. Diesmal brauchte sie kein Handbuch. Ihr Instinkt sagte ihr, dass es keinen gefährlicheren Vampir gab, als einen ausgehungerten, der dazu noch vor Schmerzen fast den Verstand verlor.
„ John, du machst mir eine Höllenangst.“
„ Die Symbiose - wird dich schützen. Das Raubtier – wird dich als Gefährtin erkennen.“
Johns Sätze kamen nur noch schwerfällig und abgehackt hervor.
„ Was jetzt?“, fragte sie und schaute sich erneut im Raum um. Sie befand sich in einem geschlossenen dämmrigen Raum, ohne Tageslicht und war darin gefangen. Gefangen, wie damals in dem Tunnel…
„ Lara?“
Ihre Atmung wurde schneller und flacher, vertraute Panik kroch in ihr hoch und schnürte ihr die Kehle zu.
„ Lara, kannst du aufstehen?“
Johns Stimme riss sie zurück und beim Anblick seines blutigen, gequälten Körpers, presste sie entschlossen die Kiefer aufeinander.
„ Ich werde einfach aufstehen!“
Mit größter Mühe rappelte sie ihren kalten, steifen Körper auf.
„ Was jetzt?“
„ Den Stuhl - klemm ihn mit der Lehne unter die Türklinke.“
Sie bekam kaum noch Luft, nach zwei Schritten wurde ihr schwindlig und nach dem dritten sank sie vor dem Stuhl zusammen. Auf allen vieren schleppte sie sich mit dem Ding zur Tür und klemmte die Lehne unter die Klinke.
„ Gut gemacht.“
„ Wird sie das aufhalten?“, fragte sie skeptisch.
„ Die menschlichen Wachen - hoffentlich. Jetzt komm zu mir.“
Leichter gesagt als getan. Zitternd zog sie sich an der Tür hoch.
„ Lara, dein Herzschlag.“
„ Ich weiß. Immer an der Wand entlang.“
Sie stützte sich erst an der Tür, dann an der Wand ab.
„ Lara, was ist mit dir los?“
„ Das ist kein Tunnel. Hier ist kein giftiges Gas. Ich schaffe das.“
Drei wacklige Schritte, dann gaben ihre Beine nach und sie sank an der Wand nach unten.
„ Ich krieg - keine Luft mehr.“
„ Lara – sieh. Mich. An.“
Seine Stimme wirkte wie Signalfeuer im schwarzen Qualm des Tunnels. Sie versuchte, sich auf seine bernsteinfarbenen Augen zu konzentrieren, denn sein Knurren, die Reißzähne, das viele Blut, der Geruch von verbranntem Fleisch, alles versetzte ihre Instinkte in Alarmbereitschaft.
„ Du wurdest gerettet, Lara und heute schaffen wir das auch - zusammen.“
Der Würgegriff um ihren Hals lockerte sich. Zwei Atemzüge, dann setzte sie den Weg fort und klappte erst an seinen Füßen erschöpft zusammen.
Doch inzwischen war John ohnmächtig geworden.
Sie sah sich seine Fesseln an. Um seine Fußgelenke war je eine Schelle, die mit einer kurzen Kette verbunden war und in einem Ring endete, der in Bodennähe in der Wand eingelassen war. Die Arme nach oben ausgestreckt, steckten seine Handgelenke ebenfalls in
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