Unsterblich geliebt
rätselhaften Tumor.
Wieder und wieder hatte er sich taktisch kluge Sätze überlegt und verworfen, die sanft und schonend erklären sollten, dass er ein Vampir sei und was mit ihr geschehen war. Auf keinen Fall wollte er sie erschrecken oder dass sie Angst vor ihm hätte, dabei wurde seine eigene Angst, das Falsche zu sagen, immer größer.
Alva hatte über seine anfängliche Zuversicht, das als Taktiker problemlos zu managen, gelacht – kein Wunder.
Im schlimmsten Chaos blieb er sonst immer noch ruhig, aber jetzt kam er sich vor wie ein aufgescheuchtes Huhn.
Er entwickelte zwar für alle möglichen Krisensituationen Pläne, Evakuierungsabläufe und Notfallprotokolle, aber wie viel Erfahrung hatte er schon mit Frauen? Elisabeth war seine einzige Geliebte und Gefährtin seit über 600 Jahren gewesen. Oft reichte ein Lächeln oder ein Kopfnicken, wo am Anfang ihrer Beziehung lange Erklärungen nötig gewesen waren. Nach so vielen Jahrhunderten hatte er Elisabeth in- und auswendig gekannt. Elisabeth.
War das hier mit Lara überhaupt richtig?
Ehe er diesen Gedanken zum wiederholten Mal weiterführen konnte, registrierte er, dass Laras Lider flatterten. Also zwang er sich dazu, im Sessel Platz zu nehmen, um so harmlos und unbedrohlich wie möglich zu wirken. Für den Instinkt der Menschen stellten Vampire aber weder das eine noch das andere dar – nicht ganz zu Unrecht.
Kapitel 10
Das letzte, das Lara sah, waren die wunderschönen, bernsteinfarbenen Augen dieses Ritters mit seinen nassen, goldenen Locken.
Ritter? Nein, falsch. Das war der echte John. Sie hatte ihn ja erst zu einer Fantasiegestalt in einem Roman gemacht. Er hatte sich nie bei ihr gemeldet, dabei hatte sie sich gewünscht, einmal sein Gesicht und diese Locken zu berühren. Mit letzter Kraft, trotz rasender Schmerzen, die ihre Sinne vernebelten, streckte sie ihre Hand aus. Ja, er war wirklich hier. Seine Locken fühlten sich genauso weich an, wie sie sich das vorgestellt hatte. Und wäre sie zu einem Gebet fähig gewesen, hätte sie Gott gedankt, dass sie nicht mutterseelenallein sterben musste.
Sein Bild vor Augen zu haben tröstete sie auf unglaublich tiefe Weise, als sie in eine kalte Dunkelheit tauchte, die ihr alle Schmerzen nahm.
Der Plan, ihr Ende selbst in die Hand zu nehmen, hatte einen überraschenden Abschluss bekommen.
Aber irgendwann rief sie jemand aus dieser Dunkelheit zurück und die furchtbaren Schmerzen überrollten sie erneut. Ihr Mund war voller Blut, sie bekam keine Luft und schluckte, aus einem Reflex heraus.
Dann eroberte starre Kälte, wie zäher Schlamm, Stück für Stück ihren Körper und ihre Nervenbahnen hörten auf den Schmerz weiterzuleiten.
Wieder riss eine Stimme sie mit schierer Gewalt aus der Finsternis zurück.
Trink! Sie hörte ständig nur: Trink!
Warum ließ man sie nicht einfach in Ruhe sterben?
Aber irgendetwas, tief in ihr, drängte sie mit aller Macht, auf diese Stimme zu hören, also tat sie es.
Sie spürte, wie eine alles durchdringende Wärme mit der Kälte einen Kampf austrug. Jedes Gefühl für Raum und Zeit ging ihr verloren, aber sie fühlte in ihrem Inneren, dass sie nicht allein war, spürte Geborgenheit und Nähe. Ihr war, als würde jemand ohne Worte mit ihr reden.
Dann begann sie von dieser einen Nacht vor vielen Wochen zu träumen …
Sie war zu sich gekommen, hatte die Augen geöffnet und hätte am liebsten vor Wut geheult. Wieder einmal konnte sie sich kein bisschen bewegen und war völlig hilflos! Bestimmt lag sie schon seit Stunden hier draußen am Flussufer, denn inzwischen war die Nacht hereingebrochen.
Aber dann gefror ihr das Blut in den Adern, denn sie war nicht mehr allein! Und diesem Unbekannten war sie nun hilflos ausgeliefert, weil ihre Muskeln noch zu keiner Reaktion fähig waren! So musste sich ein Querschnittsgelähmter fühlen.
In diesem Moment hoffte sie inständig, es gäbe Schutzengel und Gott hätte gerade einen für sie übrig.
Wer weiß – vielleicht schmunzelte Gott in diesem Augenblick.
Mist, Mist, Mist! Ich bin ein gefundenes Fressen für jeden Perversen. Und das Einzige, was ich tun kann, wäre schreien. Super! Hier draußen hört mich eh keine Menschenseele!
Ich hasse diese Hilflosigkeit! Wenn mich diese Krankheit mich nicht umbringt, verliere ich deswegen trotzdem den Verstand!
Jetzt reiß dich bloß zusammen, Lara! Tu, als wäre alles in Ordnung!
Wenigstens meine Nackenmuskeln sind wieder zu gebrauchen!
Auf mir liegt ein
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